Tai-Pan
aussehen.«
»Ja, Erste Dame, aber nur weil du fast gestorben wärst. In zehn Minuten bist du so schön wie sonst auch, das verspreche ich dir.«
»Sei nur ganz leise, wie ein Schmetterling, Schwester«, mahnte May-may. »Weck Vater nicht auf mit all deinem Hin und Her und sag diesen Schildkrötenmist-Sklavinnen, daß du ihnen persönlich und auf meinen Befehl Daumenschrauben anlegst, wenn Vater aufwacht, bevor ich mich wieder sehen lassen kann.«
Hocherfreut trippelte Yin-hsi davon. Tiefe Stille senkte sich über das Haus.
Yin-hsi und Ah Sam kehrten auf Zehenspitzen ins Zimmer zurück, wuschen May-may mit parfümiertem Wasser, brachten ihr noch nach frischer Luft duftende lange Hosen aus feinster hellroter Schantungseide, eine Jacke von gleicher Farbe und halfen ihr beim Anziehen. Sie wuschen ihr die Füße, wechselten die Bandagen und schüttelten ihr die Kissen im Rücken auf, während sie sich die Zähne putzte und den Mund mit Säuglingsurin ausspülte. Schließlich kaute May-may duftende Teeblätter. Nun fühlte sie sich wirklich gereinigt.
Sie kämmten und bürsteten ihr das Haar, flochten es und schmückten es mit frischen, süß duftenden Blumen; zum Schluß wechselten sie die Laken und Kissenbezüge, besprühten sie mit Parfüm und legten aromatisch duftende Kräuter unter das Kopfkissen.
Das Waschen und Umziehen hatte May-may zwar viel Kraft gekostet, aber sie fühlte sich danach wie neugeboren.
»Und jetzt eine kräftige Brühe, Erste Dame. Und eine frische Mangofrucht«, sagte Yin-hsi.
»Danach haben wir«, erklärte Ah Sam gewichtig, wobei ihre silbernen Ohrringe klimperten, »großartige Nachrichten.«
»Was für Nachrichten?«
»Erst nachdem Sie gegessen haben, Mutter«, sagte Ah Sam. Als May-may widersprechen wollte, schüttelte Ah Sam energisch den Kopf. »Wir müssen für Sie sorgen, Sie sind noch immer eine Patientin. Zweite Mutter und ich wissen, daß gute Nachrichten ein hervorragendes Mittel für die Verdauung sind. Aber zuerst müssen Sie etwas essen, um überhaupt verdauen zu können.«
May-may trank von der Brühe und aß ein bißchen von der in Stücke geschnittenen Mangofrucht. Beide redeten ihr zu, mehr zu essen. »Sie müssen wieder Kräfte sammeln, Erste Dame.«
»Ich werde die Mangofrucht ganz essen, wenn ihr mir jetzt erzählt, was geschehen ist«, antwortete May-may.
Yin-hsi furchte die Stirn und nickte dann Ah Sam zu. »Fang an, Ah Sam. Aber beginn mit dem, was Lo Tschum dir erzählt hat – wie alles angefangen hat.«
»Nicht so laut!« mahnte May-may. »Weckt mir Vater nicht auf.«
»In der Nacht vor unserer Ankunft – vor sieben entsetzlichen Tagen – «, begann Ah Sam, »ist Vaters barbarischer Sohn in die Klauen des Teufels persönlich gefallen, auch eines Barbaren. Dieser ungeheuerliche Barbar hat einen so gemeinen, so bösartigen Plan ausgeheckt, um Vaters geliebten Sohn zu vernichten, daß ich es kaum schildern kann. In der vergangenen Nacht und heute, während der teuflische Zaubertrank Ihre Fieberkrankheit zerfraß, trieben die Dinge auf ihren furchtbaren, schicksalhaften Höhepunkt zu. Wir haben auf unseren Knien Nachtwache gehalten und die Götter angefleht. Aber alles umsonst. Vater war verloren, Sie waren verloren, wir waren verloren, und noch schlimmer – der Feind hatte das Spiel bereits gewonnen.« Ah Sam hielt inne und schwankte in gespielter Schwäche zum Tisch, ergriff ein kleines Glas mit Wein, das Yin-hsi als Geschenk für May-may mitgebracht hatte, und nippte davon, so sehr setzte die nachträgliche Aufregung ihr zu. Nachdem sie sich gestärkt hatte, erzählte sie den ganzen Hergang der Ereignisse, wobei sie Pausen einlegte, die die Spannung noch erhöhten, ächzte und stöhnte und ihre Worte mit gewaltigen Gesten begleitete.
»Und dort, auf dem mit Schmutz bedeckten Boden«, beendete Ah Sam ihren Bericht, flüsternd und von Schluchzen erstickt, wobei sie mit dem Finger auf den Boden zustieß, »in vierzig Stücke zerhackt und von den Leichen von fünfzehn Mördern umgeben, lag der Leichnam des teuflischen Barbaren. Gorth! Und so wurde unser Vater gerettet!«
Begeistert klatschte May-may in die Hände und beglückwünschte sich zu der Voraussicht, die sie bewiesen hatte. Wahrhaftig, die Götter halten ein Auge auf uns! Gott sei Dank, daß ich damals mit Gordon Tschen geredet habe. Wäre er nicht gewesen … »Ach, wie wunderbar! Ach, Ah Sam, du hast es herrlich erzählt. Fast wäre ich gestorben, als du zu der Stelle kamst, an der Vater
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