Takeover
Doris fröhlich. »Wir haben auch noch so einiges herausbekommen. Ich will das aber nicht am Telefon besprechen, können wir uns nachher irgendwo treffen ?«
Das klingt gar nicht gut, dachte Ferry. Sie verabredeten sich in einem nahe gelegenen Restaurant zum Mittagessen.
Doris wartete schon, als Ferry zwanzig Minuten vor der verabredeten Zeit eintraf. Sie begrüßte ihn lebhaft. Sie hatte ihre anfängliche Schüchternheit ihm gegenüber abgelegt. Eigentlich war Ferry ihr Vorgesetzter und für Doris hatte sich nichts daran geändert. Aber die Befangenheit ihm gegenüber hatte abgenommen. Die Geschehnisse der letzten Tage hatten dazu geführt, dass sie sich wie seine Komplizin fühlte.
»Schön, dich zu sehen«, begrüßte Ferry sie.
»Hallo, Ferry, wir waren alle entsetzt, als wir erfuhren, dass du abgesetzt wurdest. Was war los ?«
Doris eröffnete das Gespräch, noch bevor er sich richtig hingesetzt hatte.
»Eine Menge Fragen. Die Antworten kenne ich leider auch noch nicht alle, aber ich bin dabei sie herauszufinden. Es könnte sein, dass das alles etwas mit der Hacker-Geschichte zu tun hat, Doris. Das Ganze scheint gefährlich zu sein. Ich wollte dich daher bitten, keine Nachforschungen mehr anzustellen. Vernichte alle Unterlagen und vergiss einfach alles .«
Doris fühlte sich ziemlich überfahren: » d as kommt jetzt etwas überraschend Ferry. Natürlich waren wir in der Zwischenzeit auch nicht untätig .« Doris holte eine CD heraus und legte sie auf den Tisch.
»Nach unserer letzten Besprechung habe ich noch einige weitere interne Geister-Accounts gefunden. Alle sind als interne GermanNet-Accounts gekennzeichnet, obwohl sie nie von uns eingerichtet wurden. Immer, wenn ich mitbekommen habe, dass sich jemand mit solch einem Account in das Netz einloggt, habe ich die Verbindung verfolgt und alles mitgeschnitten, was sie so tun. Eine Dokumentation von dem, was ich in den letzten Tagen herausbekommen habe, findest du hier .« Doris tippte mit dem Finger auf die CD.
Ferry war entsetzt, Doris hatte sich, um ihm zu helfen, in große Gefahr begeben. Aber vielleicht war hier auch endlich der Beweis für die Machenschaften des Syndikats, der sich vielleicht gegen ihrer aller Leben eintauschen ließ.
Doris wiederum war begeistert, es machte ihr Spaß, ihn zu verblüffen und so sprudelten die Worte förmlich aus ihr heraus.
»Am ergiebigsten war der von Michael Kunze ermittelte Account . Ich habe festgestellt, dass sie heimlich umfangreiche Dokumente bei TrainInternational heruntergeladen haben, und zwar von einem Server, der besonders gesichert war. Frage mich nicht, wie sie das anstellen. Ich habe zwar beobachten können, dass sie es tun – aber wie sie es tun, habe ich bisher nicht einmal in Ansätzen herausgefunden. Nur eins ist klar, sie kommen praktisch überall rein, aber das weißt du ja alles bereits .«
Doris holte erst einmal tief Luft. » d ie bei TrainInternational gestohlenen Dokumente sind ebenfalls auf der CD. Ich habe sie mir mal genauer angesehen. Es sind Ausschreibungs- und Angebotsunterlagen für ein Bahnprojekt in Malaysia. Und heute Morgen habe ich durch Zufall herausbekommen, was hinter all dem steckt .«
»Bitte nicht«, dachte Ferry. Doris holte eine Zeitung heraus und legte sie auf den Tisch. »Als ich die Angebotsunterlagen angesehen habe, wusste ich zuerst nichts damit anzufangen. Aber dann habe ich in der U-Bahn das da gelesen«, Doris deutete auf einen Artikel in der Zeitung.
»Den Zuschlag für das Bahnprojekt in Malaysia hat ein Konsortium bestehend aus der BahnBau AG und der Schienenfahrzeuge AG erhalten. Obwohl ein anderes Unternehmen, nämlich TrainInternational , der Favorit gewesen war. Und jetzt kommt es: Die beiden Angebote lagen gerade mal um 10.000 auseinander und das bei einer Angebotssumme vom 200 Millionen. Den Rest kann man sich denken .« Sie machte eine Pause.
»Ferry, wir haben es eindeutig mit Industriespionage im großen Stil zu tun und wir haben sogar die Beweise«, schloss sie triumphierend. »Du hast sie erwischt«, meinte Ferry leise und zur Verwunderung von Doris klang es alles andere als erfreut.
»Genau, alles ist minutengenau protokolliert. Ich denke, das sollte reichen, um damit zur Polizei gehen zu können .«
»Das halte ich für keine gute Idee«, antwortete Ferry. Es entwickelte sich nicht so, wie er es geplant hatte. Er hatte vorgehabt, Doris zu bitten, sich rauszuhalten , bevor sie etwas fand. Aber sie war einfach zu gut und schnell
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