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Tal der Tausend Nebel

Tal der Tausend Nebel

Titel: Tal der Tausend Nebel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Noemi Jordan
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werden!
    Öfter schon hatte Elisa mit Kelii zusammen gesehen, wie die Hawaiianerinnen in ihrem Alter hier nackt badeten, sich berührten und gegenseitig wuschen. Manchmal waren auch die jungen Männer mit dabei, und es wurden spielerisch Zärtlichkeiten ausgetauscht. Sie hatte sich kaum getraut hinzusehen und war über und über errötet. Verboten waren diese Gefühle. Aber allein die Erinnerung an Keliis sinnliches Lächeln und seine schönen Hände ließen Elisa erschauern. Lust, aber auch Schamgefühle durchfluteten ihren Körper. War es wirklich etwas Verbotenes, so zu fühlen?
    Sie folgte dem unruhigen Strom ihrer hitzigen Gedanken, während sie Wasser aus der hohlen Hand über ihre nackten Brüste goss, um sich abzukühlen. Sie war allein und damit sicher hier in der Natur. Doch selbst wenn so früh am Morgen kein Mensch in der Nähe war, so sah doch immerhin Gott, was sie tat, und vor allem, was sie für Kelii fühlte! Schon allein nackt hier zu baden, war ein Unrecht.
    Aber die Versuchung war dann doch zu groß, und ein wenig später watete Elisa splitternackt tiefer in das Wasserbecken. Sie genoss das ungewohnte Gefühl von Freiheit zwischen ihren Beinen, wo kein schwerer Stoff ihre Bewegungen behinderte. Ihre Haut unter der Wasseroberfläche schimmerte weich und golden. So als wäre ich eine von ihnen, schoss es ihr durch den Kopf, als die lindernde Kühle ihren Nabel erreichte. Das Wasser ist einfach zu verlockend, dachte sie, als sie in dem hüfthohen Wasser ihren Kopf untertauchte, um sich ganz zu erfrischen.
    Es war ein unglaublicher Genuss. Während sie sich nackt auf dem Rücken im Wasser treiben ließ, immer mit einem Fuß auf dem Boden, um sicher zu gehen, dass sie nicht aus Versehen untertauchen würde, kam ihr ein Gedanke. Wie würde es wohl sein, nackt in dem großen Wasserfall zu stehen? Durch Kelii kannte sie eine Stelle, an der die Wassermassen nicht ganz so hart auf die Felsen niederprasselten. Durch einen Felsvorsprung abgetrennt gab es einen sanften Strahl, durch den sie einmal an seiner Hand hinter den großen Wasserfall getreten war. Wie ein Vorhang aus flüssigem Glas war das Wasser dort. Dahinter hatte er ihr eine Höhle gezeigt.
    »Wir nennen sie unser Liebesnest … hierher kommen die Paare, wenn sie ausprobieren wollen, ob ihre Körper zusammen Himmelslieder singen können, bevor sie sich in der Ehe aneinander binden.«
    Er hatte sie angelächelt, in der Art und Weise, wie nur Kelii lächeln konnte. Schwach war ihr geworden in den Knien, weil sie in diesem Moment Wünsche verspürt hatte, die sie noch nicht einmal träumen durfte. Ihr Herz hatte wie in einem plötzlichen Fieber geklopft. Doch Elisas Vernunft hatte gesiegt.
    »Bei uns müssen die Körper sich leider auf Gott verlassen. Ein Ausprobieren gibt es nicht. In einer Ehe werden Kinder gezeugt. Die Körper müssen nicht miteinander singen können, wie du es nennst.«
    Tatsächlich hatte Elisa keine Ahnung, wovon er sprach. Aber sie ahnte natürlich, dass es die Kunst der körperlichen Liebe gab. Warum sonst sollte ein Mann wie Fried einer Hawaiianerin auf Jahrzehnte verfallen?
    Elisa ließ sich weiter im Wasser treiben. Ihre Haare umfluteten ihr Gesicht wie eine dunkle Wolke, und sie schloss ihre Augen, um ihren Gedanken an ihren Liebsten nachzuspüren. Ihren Liebsten, so nannte sie Kelii, wenn sie heimlich an ihn dachte. Ob er etwas verstand von der Kunst, zwei Körper zusammen Himmelslieder singen zu lassen? Bestimmt war er ein Experte darin, so wie er sie in der Höhle hinter dem Wasserfall angelächelt hatte. Himmelslieder!
    Elisa würde viel darum geben, wenn sie ganz einfach mutiger wäre und es mit ihm ausprobieren würde, dieses gemeinsame Körpersingen von Mann und Frau. Aber sie wagte es nicht. Ihr Liebster durfte Kelii nur in ihren Gedanken sein. Wenn sie ihn heimlich traf, behandelte sie ihn immer nur wie einen guten Freund, um den Abstand ihrer glühenden Körper auf alle Fälle zu wahren. Und als sie heimlich mit ihm hier war, hatte sie ihre Kleider keineswegs ausgezogen. Obwohl die Poren ihrer Haut in der Hitze nach Befreiung gelechzt hatten, hatte sie sich zurückgehalten. Sich vor ihm auszuziehen, hätte gegen den Anstand verstoßen, den ihre Mutter und ihre Großmutter ihr von Kindesbeinen an eingetrichtert hatten. Nicht einmal beim wöchentlichen Bad im Waschhaus auf der Plantage war sie nackt. Es schickte sich nicht für eine junge Frau aus gutem Hause. Und seit Elisa nach ihrem Unfall erneut ihr

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