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Tal der Tausend Nebel

Tal der Tausend Nebel

Titel: Tal der Tausend Nebel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Noemi Jordan
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Bein geholfen hast.«
    Er nickte. Sie zögerte kurz, bevor sie weitersprach: »Wie viele Nächte genau waren es eigentlich?«
    »Neunundzwanzig Nächte, ein ganzer Mond.«
    Elisa spürte eine Woge von Dankbarkeit in sich aufsteigen. Ohne Kelii hätte sie heute kein Bein mehr. Sie würde nicht hier stehen und sich um ihre lächerliche Nacktheit sorgen. Vielleicht wäre sie sogar noch nicht einmal mehr am Leben. In diesem Moment veränderte sich etwas in ihrer Beziehung zu Kelii. Die Art, wie er sie anlächelte, halb spöttisch und halb voller Neugierde, löste erneut das wohlige Kribbeln in ihrem Bauch aus, das so verboten war. Es war, als ob kleine Tiere in ihrem Inneren einen Freudentanz veranstalten würden. Ihre Hände begannen zu zittern und nervöser Schweiß sammelte sich im Inneren ihres Handtellers an. Ihre Stimme zitterte ein wenig, als sie ihm antwortete.
    »Das war nicht tabu. Ich war krank, und du hast mir geholfen.«
    Kelii nickte langsam. Seine Augen schienen in ihren versinken zu wollen, derartig intensiv sah er sie jetzt an.
    »Jetzt geht es dir wieder gut, oder?«
    »Doch, es … es geht mir gut.«
    »Dann lass uns zusammen schwimmen – ohne Kleider. Nur so wie du bist. Ich beschütze deine weiße Haut. Komm!«
    Mit einladendem Lächeln machte er Anstalten, von seinem Baum herunterzuklettern. Elisa erschrak.
    »Nein. Nein, bitte!«
    »Warum? Magst du mich nicht mehr? Wir sind Freunde. Dir geht es gut. Du brauchst keine Angst haben, Elisa. Du bist sicher bei mir. Dein Tabu ist sicher bei mir.«
    Er machte einen Schritt auf sie zu. Da Elisa auf dem Untergrund der wackeligen Steine nur schwer zurückweichen konnte, ohne die Balance zu verlieren, streckte sie instinktiv ihre Hand aus, um ihn von weiteren Schritten in ihre Richtung abzuhalten.
    »Nein! Es geht nicht, Kelii! Ich bin jetzt nicht krank. Im Moment sind wir auch keine Freunde, sondern … ich weiß auch nicht, was wir sind.«
    Hilflos ließ sie ihre Schultern nach vorne sinken. Nicht das Nacktsein war ihr Problem, sondern die starken Gefühle in ihrem Inneren, die sie nicht kontrollieren konnte. Auch Kelii machte eine Geste der Hilflosigkeit in ihre Richtung. Doch in seinen Augen erkannte sie nach wie vor Belustigung, als er erneut zu sprechen begann.
    »Deine weiße Haut ist traurig und voll mit Angst. Dein Körper ist nicht schön. Deine Haole-Haut ist nicht schön. Alles tabu und böse. Bitte, Elisa schnell Kleider anziehen.«
    Er zeigte auf ihre Brust. Elisa realisierte erschrocken, dass sich die Hälfte ihrer Haarpracht selbstständig gemacht hatte. Ihr linker Busen war zu sehen. Schnell bedeckte sie ihre Blöße. Ihr Inneres kochte jetzt vor Empörung, weil sie spürte, dass Kelii sich nach wie vor über sie lustig machte.
    »Was fällt dir ein! Meine weiße Haut ist nicht traurig, und ich habe auch keine Angst. Meine Haut ist froh, aber ich kann nicht mit dir hier nackt sein wie deine Leute. Es ist … es ist …«
    Elisa suchte nach Worten, denn nach wie vor war sie sich nicht sicher, ob Kelii verstand, was dieses Schamgefühl in ihrer Kultur bedeutete. Sie versuchte es erneut.
    »Du und ich sind Freunde. Du bist sogar mein einziger und bester Freund hier. Aber jetzt im Moment sind wir keine Freunde, sondern ich bin eine Wahine und du ein Kane. Noch dazu bin ich eine Wahine, die zu wenig Kleidung anhat, wofür ich wahrscheinlich ohnehin in die Hölle kommen werde.«
    Kelii sah sie fragend an. Diesen Zusammenhang begriff er nicht.
    »Meinst du unsere Höhle? Du willst mit mir in unsere Höhle kommen?«
    Er zeigte auf die Stelle oben am Wasserfall, zu der Elisa ursprünglich wollte.
    »Dann lass uns zusammen gehen«, schlug er vor, »aber keine Kleider. Besser ohne Kleider, denn die Steine sind sehr rutschig und grün.«
    Elisa gab auf. Sie würde ihm in diesem Moment nicht den Unterschied zwischen Hölle und Höhle erklären. Ihr versehrtes Bein hatte begonnen, wegen der Anstrengung heftig zu zittern.
    »Fühlst du dich schwach?«, fragte er besorgt und wollte ihr die Hand reichen. Aber sie konnte seine Hilfe nicht annehmen, nicht auf diese Weise. Sie funkelte ihn wütend an.
    »Wehe, du kommst noch näher! Bleib, wo du bist, oder ich spreche nie wieder mit dir!« Ihre Stimme bekam einen panischen Unterton, da Kelii noch näher gekommen war, sodass sie sich jetzt fast berührten. Die kleinen Tiere in ihrem Bauch tanzten jetzt nicht nur einen Freudentanz, sondern hatten begonnen, Purzelbäume zu schlagen. Was würde Elisa darum geben,

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