Tal der Traeume
Mollard auf mehrere Stationen eingeladen worden war, hatte er nie eine Freundschaft mit einer unverheirateten Tochter anknüpfen können. Die Familienbande waren eng, schlimmer noch als bei den Italienern, und die Mädchen lebten unter väterlicher Obhut, so dass ihnen die Bekanntschaft mit jungen Männern wie dem Adjutanten des Residenten verwehrt blieb. Nur in den Sommerferien, wenn sie in der Stadt nach Gesellschaft suchten, hätte er eine Chance, und er nahm sich vor, in diesem Jahr aufmerksamer ans Werk zu gehen. Er seufzte und schaute sich nach einem Stuhl für Mrs. Oatley um, die Anstalten machte, sich mit den Cochranes irgendwo niederzulassen. Doch Mrs. Mollard sah ihn wütend an und winkte ihn zu sich. Er eilte zu ihr hinüber. »Sie sind nicht dazu angestellt, dieses Flittchen zu bedienen. Die Bowle ist leer, lassen Sie sie nachfüllen.« »Sehr wohl, Madam.«
Harriet dachte gern an jenen Abend zurück. Sie hatte sich wirklich amüsiert, und William war stolz auf sie gewesen. Er hatte berichtet, dass einige seiner Freunde ihr Aussehen gelobt hatten, womit die Diskussion über ihre Haare beendet war, doch Freunde hatte sie noch immer nicht gewonnen. Die Damen verhielten sich noch abweisender als zuvor. Allerdings schmeichelte es ihr, dass Christy Cornford ihr Aussehen zu gefallen schien. Im Tennisklub zeigte er sich von seiner galantesten Seite, suchte ihr zwischen den Partien stets einen Sitzplatz, plauderte und brachte ihr Erfrischungen, doch Harriet wusste auch, dass er gern gewann. Er war ihr Partner im gemischten Doppel, und ihre Namen führten seit Wochen die Rangliste an. Vermutlich waren seine Bemühungen daher nicht ganz selbstlos. Sie hatten neben dem Tennis noch eine weitere Gemeinsamkeit. Harriet sprach gern mit ihm über Singapur, denn er kannte die Hotels, Klubs und eleganten Restaurants. Als Witwer schien er einsam zu sein, und sie überlegte, ob sie ihn zum Essen einladen solle. Er wäre sicherlich angenehm überrascht, da Billy Chinn ein so ausgezeichneter Koch war und er sich oft über das ungenießbare Essen in der Residenz beschwerte. Andererseits schien William ihn nicht sonderlich zu mögen, daher schnitt sie das Thema gar nicht erst an. Außerdem stand die Trockenzeit bevor, und das Reisen im Outback wurde wieder einfacher. William sprach davon, mit ihr die Familienstationen zu besuchen. Endlich! Da sie keine Ahnung hatte, wie man eine derartige Reise organisierte, konzentrierte sich Harriet auf die für eine sechswöchige Safari erforderliche Garderobe und überließ ihrem Mann die Ausarbeitung der Einzelheiten. Sie war aufgeregt angesichts dieses Abenteuers. Sie würden den Zug bis Pine Creek nehmen und von dort aus in Begleitung berittener Männer, die William als »Wachen, Köche und Spülhilfen« bezeichnete, in einem Wagen weiterfahren. »Wachen?«, fragte sie nervös. »Nur ein Scherz. Wir müssen ein paar Mal draußen schlafen. Dort gibt es keine Gasthäuser, meine Liebe. Dazu brauchen wir zusätzliche Pferde und Helfer, die die Zelte aufbauen und die Mahlzeiten zubereiten. Aber ich möchte dir die Schönheiten des Outbacks zeigen. Es gibt auch einige sehr malerische Quellen, in denen wir baden können.« »Wirklich? Das wäre herrlich.« »Ja, zur Abkühlung nach der langen Fahrt. Ich führe dich durch Campbell’s Gorge, eine malerische Schlucht, und dann geht es nach Süden bis Millford, das ist meine Station. Es wird Zeit, dass ich dort einmal nach dem Rechten sehe und mit dem Verwalter spreche. Wenn du dich ausgeruht hast, besuchen wir Pops Station im Nordwesten und kehren von dort aus nach Darwin zurück.« »Klingt herrlich.« »Ja, ich werde mein Bestes tun, um dir die Reise angenehm zu gestalten. Hoffentlich wird es nicht zu anstrengend.« »Auf keinen Fall! Ich kann es gar nicht abwarten, William.« Dann traf die schlechte Nachricht ein. Pop hatte einen Herzanfall erlitten, William wurde so bald wie möglich auf Warrawee gebraucht. Sein Vater befinde sich in einem kritischen Zustand, und der Arzt mahne ihn zur Eile. »Liebster, es tut mir so Leid«, sagte Harriet. »Lass uns sofort aufbrechen.« Er schaute sie an. »Harriet, das geht nicht. Ich muss reiten. Das wäre zu anstrengend für dich.« »Nein, ich kann doch reiten.« »Aber nicht über solche Entfernungen. Du bist nicht daran gewöhnt.« »Ich werde es schon schaffen.« »Du verstehst mich nicht. Ich nehme keine Ausrüstung mit, schlafe auf dem harten Boden, ohne Zelt, nur mit einer Decke, und habe einen
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