Tal der Traeume
andere, daher sollten Sie von Ihrem hohen Ross steigen, solange es noch geht.« »Wollen Sie mir etwa drohen, Sir?« »Da haben Sie den Nagel auf den Kopf getroffen, Reverend. Kommen Sie nun mit oder nicht?«
Sie fanden Yorkey im Schmutz des Schwarzenlagers. Als man sie einließ, riefen die anderen Gefangenen um Hilfe und lenkten die Aufmerksamkeit auf den armen Kerl, den man zum Sterben hineingeworfen hatte. Die Wärter gaben den Besuchern die Schuld an der Unruhe und verlangten, sie sollten das Gefängnis umgehend verlassen, doch Zack kniete neben Yorkey nieder. Er war zornig, weil man keinerlei Versuch unternommen hatte, dem Mann zu helfen. Nur die anderen Gefangenen hatten sich bemüht, seinen gebrochenen Arm mit Stofffetzen zu bandagieren. Er sprang auf und beschimpfte die Wärter, verlangte ihren Vorgesetzten zu sehen und war überrascht, dass Walters ihn lautstark unterstützte. Zack begriff, dass der Reverend das Gefängnis wohl noch nie von innen gesehen hatte, obwohl es in seiner Gemeinde lag. Der Mann schien aufrichtig schockiert über die Zustände. Dreck und Gestank waren überwältigend; Yorkey würde es unter diesen Umständen nicht lange machen. Der Aufseher, den Zack als fetten, geschwätzigen Angeber titulierte, kam herunter und beklagte sich bei den beiden Männern, er habe Probleme mit den finanziellen Mitteln, es herrsche Raumnot, und das Krankenrevier sei nur für weiße Gefangene bestimmt. »Dann muss ein Arzt herkommen«, brüllte Zack. »Ärzte kommen nicht zu Schwarzen«, gab der Wärter zurück. »Und ob. Ich hole einen. Sie bleiben hier, Reverend, und passen auf, dass man ihn nicht umbringt, während ich weg bin.« Walters sprang erschreckt in die Höhe, sah dann aber zu dem jungen Schwarzen hinüber, der keuchend in der Ecke lag, den Körper blutverkrustet, und sein Mitleid gewann die Oberhand. »So darf ihn der Arzt nicht sehen«, sagte er zu dem Aufseher, »sonst wird man Sie zur Verantwortung ziehen. Bringen Sie Seife und heißes Wasser her, dann können ihn die beiden Gefangenen dort waschen. Na los!«
Der Arzt war mit Zack befreundet und kam bereitwillig mit, nachdem er erfahren hatte, dass Yorkey Zack das Leben gerettet hatte. Er ließ den Schwarzen ins Krankenrevier bringen, das aus einer Reihe verschmutzter, von Läusen wimmelnder Matratzen bestand, richtete den gebrochenen Arm und die Finger, tastete besorgt die Rippen ab, verband die Wunden und schüttelte dann den Kopf. »Sieht nicht gut aus. Er hat innere Verletzungen erlitten. Angesichts der schweren Prellungen befürchte ich, dass seine Nieren etwas abbekommen haben. Kannst du pinkeln, mein Junge? Ich glaube nicht. Alles angeschwollen… er braucht ordentliche Pflege.« Das reichte Zack nicht. Er sah die kalten Augen des Aufsehers. Falls der Schwarze während der Nacht starb, wäre ihm das nur recht, denn dann würden auch die Einmischungen in seinem Herrschaftsbereich aufhören. Zack musste Yorkey unbedingt aus dem Gefängnis schaffen. Er lieh sich noch einmal das Gig des Reverends und fuhr in die Stadt. Ein weißer Mann konnte auf Kaution freigelassen werden, warum nicht auch Yorkey? Es schien die einzige Möglichkeit zu sein, ihm das Leben zu retten. Er musste an den Obersten Richter appellieren, den er leider nicht sonderlich gut kannte. Wer war mit ihm befreundet? Natürlich: William Oatley! Die Stunden rannen dahin. Zack verlor den Mut, als er bemerkte, dass es fast neun Uhr abends war. Zum Glück war William noch auf. »Was für eine Überraschung, Zack! Ich wusste gar nicht, dass du in der Stadt bist. Komm herein. Hast du schon gehört, dass Myles wieder im Lande ist?« »Ja, wie geht es ihm?« »Sehr gut, hat Lucy es dir nicht erzählt? Er ist heute Abend mit ihr zum Kostümball gegangen.« »Wir sind erst heute Nachmittag eingetroffen und waren sehr beschäftigt. Deshalb wollte ich auch mit dir reden.« »Ich hoffe doch, es ist alles in Ordnung?« »Leider nicht. William, ich brauche dringend deine Hilfe.« »Natürlich, komm mit. Einen Whisky?« »Da sage ich nicht Nein.« Sie ließen sich im Wohnzimmer nieder, und William goss die Drinks ein. »Auf dich, Zack. Schön, dich wieder zu sehen. Noch Probleme mit der Speerwunde?« »Du hast also davon gehört? Nein, es zieht noch ein bisschen, das ist alles. Aber ich wollte mit dir über einen Burschen sprechen, der im Gefängnis von Fanny Bay sitzt und in einer schlimmen Lage ist. Ich will versuchen, ihn auf Kaution herauszuholen.« »Heute Abend noch?«
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