Tal der Traeume
bis Weihnachten bleiben, zweitens sind die Straßen durchweicht. Um diese Jahreszeit schaffe ich es nie bis Millford.« »Die Straßen sind trocken, da draußen ist nicht mal genügend Regen gefallen, um eine Schnecke zu ertränken.« »Gut, aber wie steht es mit Weihnachten? Ich freue mich auf ein Familienfest.« »Was? Du, ich und Harriet?« »Und alle unsere Freunde.« »Verstehe. Aber mir scheint, dass du bald keine Freunde mehr haben wirst.« »Was soll das heißen?« Tom Ling steckte den Kopf zur Tür herein. Noch nie hatte William ihn so betrübt gesehen. »Ihr Zimmer fertig, Herr. Nicht mehr trinken. Gehen zu Bett.« »Hau ab«, zischte Myles, und der Chinese verschwand. »Lucy«, sagte William und bemühte sich, seine Gedanken auf das Gespräch mit seinem Sohn zu konzentrieren. »Ach, du hast also davon gehört. Lucy hat einen neuen Verehrer.« »Du gibst also ihr die Schuld am Ende eurer Beziehung?« »Nein, das tue ich nicht, Dad, wir haben uns einfach auseinander gelebt. Es tut mir Leid, dass wir damit deine Pläne und die der Hamiltons durchkreuzen, aber das passiert gelegentlich.« »Also gibt es zurzeit keine Frau in deinem Leben?« »Stimmt genau.« »Darf ich das Harriet mitteilen?« »Was?« Myles schrie die Frage beinahe heraus. »Du hast mich verstanden«, erwiderte William gefasst. Erstaunlich, wie sehr ihn der Alkohol beruhigte. »Willst du mir etwas vorwerfen?« »Nein, ich will die Wahrheit hören. Hast du eine Affäre mit Harriet?« Myles schoss in die Höhe. »Wie kannst du mir etwas so Unglaubliches unterstellen? Bist du verrückt geworden? Oder nur ein eifersüchtiger alter Narr, der blind vor Liebe ist? Ich gehe zu Bett und erwarte morgen früh eine Entschuldigung von dir, wenn du wieder nüchtern bist.« Tom Ling hatte den Zwischenfall vom Ende der Veranda aus beobachtet. Nachdem Myles davongestürmt war, näherte er sich William. »Ich mache guten, heißen Tee, Herr, und süße Kekse. Kommen mit.« »Danke«, entgegnete William erschöpft und ließ sich von Tom auf die Füße helfen. Mittlerweile verursachte ihm der Alkohol rasende Kopfschmerzen. Tom Ling brachte ihm wie angekündigt Tee und Kekse, dazu ein Kopfschmerzmittel, das in dünnes Papier gewickelt war. Bevor er ging, wandte er sich noch einmal mit Tränen in den Augen an seinen Herrn. »Er lügt«, flüsterte er und verschwand mit einer entschuldigenden Verbeugung.
Die Sonne strahlte wieder vom Himmel, als habe es nie geregnet und sie müsse die letzten Wolken vertreiben, das feuchte Land trocknen und übermütig auf das blaue Hafenbecken scheinen. Leo ließ das Rouleau hinunter, um sich vor der Helligkeit zu schützen. »Sieht nicht allzu gut aus«, meinte er. »Ich würde dieses Jahr nicht auf den Regen wetten, du etwa? Werden wohl nur die halben Einnahmen haben, wenn überhaupt.« William schüttelte den Kopf. »Du würdest verlieren. Der Regen kommt.« »Optimistisch wie immer«, grinste Leo. Als sie sich wieder den Unterlagen für Leos Firmenübernahme zuwandten, gestand sich William ein, dass er nie weniger optimistisch gewesen war. Er und Leo hatten eine freundschaftliche Vereinbarung für die Übertragung der Oatley Mercantile Company getroffen, doch das war nur ein schwacher Hoffnungsstrahl neben den finsteren Wolken, die über seinem Heim hingen. Er hatte erwartet, dass Myles an diesem Morgen zu ihm kommen und die Entschuldigung einfordern würde, doch sein Sohn war nicht aufgetaucht. Billy Chinn berichtete, er habe das Haus zeitig verlassen. Und Harriet hatte sich beim Frühstück übertrieben fröhlich gegeben, beinahe albern, während William zu niedergeschlagen war, um ihr zu antworten. Er war froh, als er das Haus verlassen hatte. Später am Morgen tauchte ein schüchterner Yorkey in der Tür des Büros auf. William lehnte sich zurück. »Komm herein, Yorkey. Schön, dich wieder auf den Beinen zu sehen. Was kann ich für dich tun?« »Ich wollte mich verabschieden, Boss. Und bedanken, dass Sie mich aufgenommen haben. Zack sagt, die Polizei will mich nicht mehr.« »Du hast Glück gehabt. Syds Frau hat es vorgezogen, dich nicht zu verklagen. Sie hat genug von Syd und will alles hinter sich lassen.« »Verkauft sie die Station?«, fragte Leo mit leuchtenden Augen. »Ja, das wollte ich dir noch sagen. Sie lässt sich von dem Schweinehund scheiden und wohnt zurzeit im Victoria.« Er zwinkerte Leo zu. »Vielleicht solltest du das Eisen schmieden, solange es heiß ist. Diese Viehzüchter in Brisbane suchen doch
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