Tal der Traeume
sollte er ihm helfen? Er steht doch auf Seiten der Schwarzen, die halten zusammen wie Pech und Schwefel.« Myles überlegte. »Da wäre noch etwas. Dad hat die Firma verkauft.« »Welche Firma?« »Himmel Herrgott, die Agentur natürlich. Er hat sie an seinen Sekretär verkauft.« »Wieso das denn?« »Das wüsste ich auch gern. Warum sollte er so etwas machen, ohne uns Bescheid zu geben? Leo sagt, er ziehe sich vom Geschäft zurück. Und mehr noch, dein angeblich so religionsfeindlicher Ehemann hat diesen Idioten erlaubt, nebenan die Kirche zu bauen.« »Nie im Leben!« »Und ob, glaub mir.« »Warum sollte er das tun?« »Woher zum Teufel soll ich das wissen?« Harriet schwieg eine Weile und sagte dann: »Heute ist etwas Komisches passiert. Ein Mann klopfte an die Tür und sagte, das Haus stehe zum Verkauf, er wolle sich umsehen. Ich habe ihn davongejagt. Ich meine, ich habe schon genug Sorgen, ohne dass Leute dumme Fragen stellen. Meinst du, es hat etwas damit zu tun, dass William die Pläne zum Bau der Kirche nicht mehr bekämpft?« »Kann sein. Und dann diese hirnverbrannte Idee, wochenlang im Busch zu hausen. Nun, das wäre wohl ins Wasser gefallen. Jetzt sitzt er richtig in der Patsche, und wir dürfen den alten Narren rausholen.« »Würden ihm die Schwarzen wirklich etwas zu Leide tun?« »Bestimmt, ob mit oder ohne Kind.« »Myles, wie kannst du so kaltherzig sein?« »Ich habe diese Situation nicht heraufbeschworen. Zack wollte es nicht sagen, aber er weiß ebenso gut wie ich, dass sie den alten Knaben vermutlich irgendwo im Busch festgesetzt haben. Füttern ihn sicher mit gebratenen Ratten, falls er überhaupt etwas zu essen bekommt. Er hat Glück, wenn er es überlebt.«
Harriet schaute ihn argwöhnisch an. Offensichtlich wollte William sein Leben neu ordnen, was unter den gegebenen Umständen nicht überraschend war. Falls er von der Affäre wusste, war er vermutlich zornig und tief verletzt und musste irgendeine Reaktion zeigen. Vielleicht hatte er sich deshalb entschlossen, sowohl das Haus als auch die Firma zu verkaufen. Niemand konnte ihm Vorwürfe machen, und sie spürte den Wunsch, mit ihm zu reden. Er war immer sehr gut zu ihr gewesen… Myles küsste sie leidenschaftlich. »Ich muss gehen. Mach dir keine Sorgen, es ist nicht unsere Schuld, dass er in diese Sache hineingeraten ist.« Harriet gab keine Antwort. Sie wagte nicht, ihre Gedanken offen zu äußern, ihren Verdacht, dass Myles insgeheim den Tod seines Vaters wünschte. Sein gleichgültiger Tonfall machte ihn verdächtig. Wenn William diese Gefangennahme nicht überlebte, wären all ihre Probleme gelöst. Wirklich? Harriet sträubte sich innerlich gegen diese Einstellung. Nachdem Myles gegangen war, stand sie da und zitterte vor Kälte. Ging es um Geld oder war ihm an ihr selbst gelegen? Wie weit war es schon mit ihnen gekommen, dass sie dem Mann, der sie beide so geliebt hatte, den Tod wünschten? »Nein!«, rief sie laut. Das war alles falsch und böse. Heute hatte sie eine Seite an Myles entdeckt, die sie abstieß. Sie wünschte, sie könnte mit jemandem reden, doch niemand kam. Die Welt hatte sie vergessen. In dieser Nacht träumte Harriet, sie stünde auf einer hohen Klippe, und ein Adler schieße auf sie zu, reiße Fleischbrocken aus ihr heraus, Haarbüschel, Finger, dann einen Arm. Es tat weh, doch sie schrie lautlos, und dann kam William herbei, sah, dass sie sich nur durch einen Sprung in die Tiefe vor dem Adler retten konnte, und rief: »Warte! Warte!« Sie erwachte schweißgebadet, allein im Bett, und wollte nach nebenan laufen, um William etwas zu erzählen, konnte sich aber nicht mehr erinnern, was es war. Außerdem war er nicht hier. Er befand sich draußen im Busch in großer Gefahr.
Der Dolmetscher war gegangen, so dass William sich mehr schlecht als recht mit den anderen verständigen musste. Entsetzt hatte er erfahren, dass Mimimiadie ihr Anführer war. Er hatte genug über diesen Übeltäter gehört, um noch wachsamer zu sein und ihm noch mehr Respekt zu bezeugen. Als ihm die anderen Nahrung und Wasser versagten, verlangte er den Boss zu sehen, der ihre Entscheidung nur zu gerne umstieß. Da er schon so lange gefesselt war, hatte er sich in die Hose gemacht, ließ sich aber davon nicht entmutigen, sondern bat den Boss um die Erlaubnis, sich ausziehen und im Regen waschen zu dürfen. Es wurde ihm gewährt. So stand er nackt da, genoss den warmen, reinigenden Regen und wusch auch Hemd und Hosen ausgiebig in einer
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