Tal der Traeume
Maudie ging in die große Landhausküche, die gleichzeitig als Esszimmer diente. Sie starrte Lucy, die noch immer schmollend am Tisch saß, fassungslos an. »Himmel, was ist nur los mit euch? Wir fahren in die Stadt, um uns zu amüsieren, und überall sehe ich lange Gesichter. Und du Göre«, schnaubte sie, »genießt es auch noch, deine Mutter zu beschimpfen. Wenn sie sich tatsächlich zum Aufbruch entschlossen haben sollte, bist du ihr keine große Hilfe.« »Was soll ich denn machen?«, jammerte Lucy. »Dich heraushalten.« »O ja, das musst du gerade sagen!«
17. Kapitel
Gopiny beobachtete Numingas Signal, erleichtert, dass alles in Ordnung war. Er rannte zurück in die Höhle, holte seine Speere und machte sich an den Abstieg. Falls alles nach Plan verlief, müsste Yorkey unterwegs sein, zusammen mit dem Jungen. Was würde es für Feiern geben, wenn sie im Triumph zu ihren Leuten heimkehrten, den Weißen gezeigt hatten, dass auch andere ihr Spiel beherrschten. Sie würden Helden sein! Nachdem er ein Stück auf der Straße gegangen war, blieb er stehen und hielt Ausschau nach einem Reiter. Was für ein Tag! Er setzte sich hin, während seine Augen weiter die spärlich bewaldete Landschaft nach Bewegungen absuchten oder dem Glitzern des Metalls, wenn ein Sonnenstrahl auf das Zaumzeug eines Pferdes fiel. Schließlich bemerkte er ein gelegentliches silbernes Aufblitzen zwischen den Bäumen, das sich auf ihn zubewegte. Stetig, ohne Hast. Schneller kam Yorkey mit dem Jungen im Sattel wohl nicht voran. Gopiny wartete noch. Er konnte es nicht riskieren, Yorkey aus den Augen zu verlieren, er musste ihn ja zur Schlucht umlenken. Mimimiadie würde toben, wenn er ihn verpasste. Als er den Reiter erspähte, der sich über eine Lichtung bewegte, fuhr er zusammen. Da waren zwei Pferde, nicht eins! Was hatte das zu bedeuten? Wer könnte Yorkey begleiten? Vielleicht ein Polizist, der Mimimiadie verhaften wollte? Gopiny war verwirrt, er hatte seine Anweisungen, und zwei Reiter wurden nicht erwartet. Als sie die nächste Lichtung passierten, stellte er erleichtert fest, dass das zweite Pferd reiterlos war. Yorkey brachte offensichtlich ein Tier für den Gefangenen mit. Ob William tatsächlich freigelassen wurde, ging Gopiny nichts an. Seine Aufgabe war es, den Hang hinunterzulaufen und Yorkey im richtigen Augenblick abzupassen. Doch er musste zuerst abwarten, ob Numinga, der noch auf seinem Ausguck saß, möglicherweise ein weiteres Signal senden würde. Diesen Teil seines Auftrags hatte er vor lauter Aufregung beinahe vergessen. Gopiny schaute nach Westen und fuhr wieder erschreckt zusammen. Numinga sandte ein neues Signal, diesmal keine gleichmäßige Spirale, dicke Wolken stiegen zum Himmel, die ihm dringend etwas sagen wollten. Was war los? Yorkey rückte näher und näher. Gopiny geriet in Panik. Es waren keine anderen Reiter in Sicht, keinerlei Bewegung. Und das Rauchsignal hörte auf. Doch Numinga hatte eine eindeutige Botschaft geschickt, eine Warnung. Da bemerkte er wieder das Aufblitzen von Metall, diesmal in kürzeren Abständen. Er stand ganz still: Diesen Reiter durfte er nicht aus den Augen verlieren. Ein einzelner Reiter bedeutete nicht unbedingt eine Gefahr, doch Numinga hatte deutlich signalisiert, dass dieser Zweite nicht willkommen war. Gopiny begriff, dass er Yorkey folgte – kein gutes Zeichen. Niemand sonst war zu dieser ganz besonderen Begegnung eingeladen. Doch jetzt musste Gopiny los… er schlitterte den Hang hinab, über Felsblöcke und durch glitschige Rinnen und hastete durch die Bäume auf Yorkey zu.
Der kleine Boomi saß vor ihm im Sattel und strahlte über das ganze Gesicht. Auch Yorkey lächelte. Er schien nicht zu wissen, dass man ihn verfolgte. Gopiny musste ihn sofort warnen. Leider sprach er nicht Yorkeys Sprache. Er wies auf die Schlucht, doch Yorkey deutete nach oben zum Plateau. Er stampfte mit dem Fuß auf, rammte seinen Speer fest in den Boden und machte deutlich, dass Yorkey so schnell wie möglich den anderen Weg nehmen müsse. »Mimimiadie!«, flüsterte er mit drängender Geste. Zu seiner großen Erleichterung verstand ihn der andere und wendete die Pferde. Gopiny betrachtete den aufgeweichten Weg. Selbst ein Weißer konnte auf diesem feuchten Boden den Pferden folgen, der zweite Reiter musste diese Stelle bald erreicht haben. Gopiny würde sich um ihn kümmern. Mimimiadie hatte ihnen doch gezeigt, wie einfach es war, Yorkey und den weißen Boss zu fangen. Sie waren stolz
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