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Tal der Traeume

Titel: Tal der Traeume Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Shaw Patricia
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gewesen, weil sie auf diese Bemerkung überhaupt reagiert hatte. Die Frau hatte ihr Spitzentaschentuch an die Lippen geführt, »Du lieber Gott!« geflötet und war davon gerauscht.
    Harriet hatte William nie von dieser Begegnung erzählt, weil so viele andere Dinge passierten. Mit den beiden Chinesen, die ihren Haushalt führten, kam sie einfach nicht zurecht. Billy missbilligte es, wenn sie seine Küche betrat, und kochte nur selten, was sie bestellt hatte. Er war ein hervorragender Koch und William ein leidenschaftlicher Esser. Er war auf den Viehstationen mit englischen und chinesischen Köchen aufgewachsen und aß alles, was man ihm vorsetzte, so lange es schmackhaft und ausreichend war. Doch wenn Harriet sich Roastbeef und Yorkshirepudding wünschte, wollte sie auch genau das auf dem Tisch sehen. Und nicht Fisch und Reis zusammen mit dem Versprechen, das Roastbeef werde nächste Woche nachgeliefert.
    Die täglichen Kämpfe ließen Billy mürrisch und schweigsam werden, und Harriet warf ihm schließlich Rind oder Schwein am Stück hin und verlangte, er solle es im Ganzen zubereiten und nicht seine zerstückelte Vorstellung von einem Fleischgericht produzieren. Dann war da noch Tom Ling, die schrille, pausenlos daherredende Plaudertasche. Er hielt einfach nie den Mund und trieb sie damit in den Wahnsinn. Sie verlangte, er solle sich von ihrem Schlafzimmer fern halten, doch er schoss herein, sobald sie ihm den Rücken kehrte, und schnappte sich Kleidung »für die Wäsche«, selbst wenn Harriet sie soeben frisch aus dem Schrank geholt hatte. In ihren Augen war er ein Reinlichkeitsfanatiker. Die Böden war gefährlich glatt poliert, einmal bohnerte er sogar Waschbecken und Bad; wenn sie Möbelstücke, Lampen oder anderes verrückte, standen sie am nächsten Tag unweigerlich wieder am alten Platz. Er lief ihr ständig unter den Füßen herum, wischte Staub, putzte, verfolgte sie wie ein Wärter. Am schlimmsten waren die Spezialkerzen, mit denen er die Moskitos fern zu halten suchte. Sie verströmten ein intensives Weihraucharoma und einen anderen widerlichen Duft. Harriet hätte in diesem Fall die Insekten vorgezogen. Keiner von Williams Freunden, die ihr allesamt sehr nett begegneten, fand irgendetwas Seltsames an der Einrichtung der Oatleys, und Harriet dachte zuerst, dass möglicherweise alle Häuser in diesem Stil gehalten seien, doch dem war nicht so. In den anderen Häusern standen normale Möbel. Erst nach einer Weile begriff sie, dass diese Dinge einfach keine große Rolle spielten, dass man ihnen keine Bedeutung beimaß. Die Damen waren jedoch von Harriets tüchtiger Haushaltshilfe angetan, ohne sich über deren Geschlecht zu wundern, denn in diesem Klima mit dem Schimmel und den zahllosen Insekten war es eine echte Kunst, Ordnung zu halten. Sie biss die Zähne zusammen und nahm lächelnd die Komplimente entgegen. Irgendwann würde jedoch der Zeitpunkt kommen, an dem sie mit William über die Dienstboten sprechen musste. Ihr Denken kreiste nur um die täglichen Auseinandersetzungen, den Mangel an Privatsphäre und den Wunsch nach Befehlsgewalt im eigenen Haus, anstatt sich mehr für die Stadt selbst zu interessieren und neue Bekanntschaften zu suchen. 
     
    Das Wetter verschlechterte sich, es wurde heißer, die Temperaturen näherten sich der Vierzig-Grad-Marke. Die Luft war drückend, und Harriet fühlte sich gereizt, ohne einen konkreten Grund dafür zu erkennen. Es war November, und sie freute sich auf ihr erstes Weihnachten in Darwin, ein Fest, bei dem die Stadt sich mit den Besuchern aus dem Outback füllte, die einige Monate am Meer verbringen wollten. Es würde eine Vielzahl gesellschaftlicher Ereignisse geben, und dennoch war sie niedergeschlagen und unglücklich. Nicht wegen William, der so fröhlich und nett war wie immer, sondern angesichts der ganzen Umgebung… Erst später erkannte sie, dass dieses sonderbare Gefühl, das beinahe wie eine Krankheit wirkte, auf irgendeine Weise mit dem Warten auf den Regen zusammenhing, auf das Ende der trockenen Hitze, die unerträglich geworden war. In ihren ersten Wochen und Monaten in Darwin hatte sie davon nichts geahnt, und so waren ihr die ersten Fehler unterlaufen. An jenem Tag hatte sie sich besonders über Billy und Tom Ling aufgeregt. Sie war im Garten über eine Hacke gestolpert und hatte sich das Knie angestoßen. Die Anlage des Gartens war ein völliger Schlag ins Wasser, die Pflanzen verbrannten oder wurden von mutwilligen Kakadus ausgerupft.

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