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Tal der Traeume

Titel: Tal der Traeume Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Shaw Patricia
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hättest. Hinten ist auch noch jede Menge Platz.« Harriet nickte. »O ja, ich sehe schon.« Er fand jedoch keine Gelegenheit, sie über die Schwelle zu tragen. Zwei Chinesen kamen mit wehenden Zöpfen aus dem Haus gerannt, grinsten, redeten wild durcheinander, verneigten sich, ergriffen ihre Hände, waren absolut hingerissen, ihren Herrn und seine Lady zu Hause zu begrüßen, und gemeinsam bugsierten sie Mr. und Mrs. Oatley ins Haus.
     
    Im Rückblick gab sich Harriet selbst die Schuld an der Enttäuschung, die sie bei ihrer Ankunft beinahe überwältigt hatte, wenngleich sie Darwin nach wie vor öde fand. Das Haus war geräumig, hohe Räume boten erfrischende Kühle. Eine breite Veranda zog sich von der Vorderfront aus um beide Seiten. Die Innenräume konnten allesamt auch von außen betreten werden, so dass die zahlreichen Türen für Durchzug sorgten. Leider waren die Veranden von einem Sonnenschutz aus Bambus umschlossen, hinter dem sie sich irgendwie eingesperrt fühlte. In ihrer Heimat waren Veranden und Terrassen zum Draußensitzen gedacht, doch hier benötigte man Schutz vor der unerbittlichen Sonne und den Regenfluten. Sollte Licht hereinfallen, musste man erst die Bambusläden öffnen. Die Böden aus Zedernholz waren spiegelblank poliert, Williams Mobiliar sorgfältig arrangiert, doch alles war im orientalischen Stil gehalten, und Harriet fragte sich, was die Leute dazu sagen würden. Ihre Mutter wäre entsetzt bei dem Anblick geschnitzter Betten und Kommoden, zarter Lackschränke, verzierter Sessel und dick gepolsterter Sofas mit plüschigen Kissen. Das lang gezogene Speisezimmer verfügte über einen erstaunlichen Mahagoni-Tisch und zwölf hochlehnige Stühle mit Intarsien aus Elfenbein.
    Harriet schüttelte den Kopf bei der Erinnerung an jenen ersten Tag. Die lackierten Paravents und Beistelltische, die Perlenvorhänge in den Türrahmen, der verrückte, halbherzige Versuch, die herrlichen Häuser in Singapur nachzuahmen… sie wusste noch, wie sie sich umgesehen, ihr Heim betrachtet und sarkastisch zu William gesagt hatte: »Jetzt fehlen nur noch die Zimmerfächer.« William hatte ihr die Bemerkung nicht krumm genommen; in diesen Dingen war er erstaunlich naiv. Oder einfach so offen und gutherzig, dass er sie gar nicht als Kränkung empfand. Mit der Zeit hatte Harriet genügend Selbstsicherheit gewonnen, um mit ihm über das Haus zu sprechen. »Ich will mich nicht beschweren, wir haben es hier sehr gemütlich, aber ich verstehe nicht, wieso ein reicher Mann wie du eines der schönsten Grundstücke der Stadt kauft, weit weg von den Läden und Hütten, und ein Holzhaus darauf setzt. Du hättest ein Herrenhaus errichten können.« »Das stimmt. Ich hätte ein Herrenhaus bauen können, neben dem die Residenz verblasst wäre. Aber hätte es auch hierher gepasst?« »Ich weiß nicht. Es könnte Spaß machen.« »Von wegen Spaß. Wer sind denn unsere Freunde? Viehzüchter, Leute aus dem Busch und ihre Frauen, Regierungsangestellte, Bergwerksbesitzer, Polizisten, Geschäftsleute, Chinesen. Mir ist klar, dass du es nicht leicht hast, dich an die ganze gesellschaftliche Skala zu gewöhnen und angemessene Freundinnen zu finden, und ich weiß deine Geduld zu schätzen, Liebes. Aber du musst mir glauben, als Herrin eines Schlosses hättest du es noch weitaus schwerer. Ein solches Haus passt nicht nach Darwin, und das wird auch noch lange so bleiben. Die Menschen hier interessieren sich eher für das reine Überleben und den Wert der Freundschaft als für irgendwelchen Luxus.« Nun verstand sie ihn, fragte sich aber, wie die Wohnhäuser auf den Viehstationen der Oatleys aussehen mochten. »Sind sie luxuriös?« »Gott, nein. Im Busch möchte man es behaglich haben. Da gibt es niemanden, den man beeindrucken könnte.« »Verstehe«, sagte sie, fühlte sich aber wie eine Blinde, die weder sah noch verstand. »Außerdem«, fügte er lachend hinzu, »was würde der Resident dazu sagen? Wenn ich ein schöneres Haus baue als seines, verzeiht er mir das nie. Manchmal ist er ganz schön eitel.« Darüber musste auch Harriet lachen. Mrs. Mollard war sogar noch schlimmer. Bei einer Gelegenheit hatte die Frau des Residenten in Williams Abwesenheit voller Hochmut zu ihr gesagt: »Wie ich hörte, ist Ihr Vater im Handel tätig.« Harriet wusste, dass der Handel in gewissen Kreisen als nicht gesellschaftsfähig galt, und hatte aufgebracht geantwortet: »Nein, Mrs. Mollard, er ist Bankdirektor.« Später war sie ärgerlich

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