Tal der Träume
nicht eilig hatten, quer über Black Wattle, bevor sie dem Weg folgten. Nicht einmal der Regen störte sie, sie zog Ölzeug über und schob den Hut in den Nacken, damit ihr das kühle Wasser übers Gesicht rann.
Zack zeigte ihnen die Wasserstelle, an der man ihn überfallen hatte. Keine Spur von Aborigines.
Sie kampierten in einigen Meilen Entfernung. Sibell war glücklich, als sie mit den Männern ums Lagerfeuer saß. Dann fiel ihr ein, dass sie sich nach dem Verbleib des jungen Yorkey erkundigen wollte.
»Ich kann nicht glauben, dass er einfach weggelaufen ist. Warum sollte er das tun?«
»Keine Ahnung. Ist vielleicht auf Wanderung gegangen.«
»Das würde er nicht tun. Ich habe gehört, wie er mit dir darüber gesprochen hat, Zack, er gehört keinem Stamm an. Außerdem kennt er sich in diesem Bezirk nicht aus. Sie besuchen auf der Wanderung nur die geheiligten Stätten ihrer Heimat. Mit den einheimischen Clans hatte er nichts zu tun.«
»Vielleicht fühlte er sich auf Black Wattle fehl am Platz. Er ist Viehtreiber, die sind gern unterwegs. Vielleicht kommt er irgendwann zurück.«
Als Sibell im Zelt in ihren Schlafsack gekrochen war, ging Zack noch einmal hinaus, um mit Casey zu sprechen.
Auch sein Aufseher wunderte sich, dass Yorkey ohne ein Wort verschwunden war, und hatte alle Arbeiter nach ihm gefragt, bis er auf Dodds und seine Frau gestoßen war.
»Worüber hat er mit dir geredet?«, fragte er sie.
»Er wollte alles Mögliche wissen. Vor allem über Jimmy Moon.«
»Wer ist das?«
»Ach, das war vor deiner Zeit. Damals lebte dein Bruder noch hier. Jimmy Moon haben sie aufgehängt.«
Casey war empört. »Mein Bruder Joe hat niemanden aufgehängt.«
»Nicht er, ein Suchtrupp. Ein Haufen Schläger.«
»Wieso?«
Mrs. Dodds breitete wieder ihre Geschichte aus. Casey hörte zu, obwohl es ihm bei seinen Fragen nicht weiterhalf.
»Er wurde zuletzt gesehen, als er mit Ma Dodds über die alten Zeiten und einen Schwarzen namens Jimmy Moon schwätzte«, berichtete er Zack jetzt.
»Jimmy Moon?«
»Ja. Kannst du dich an ihn erinnern?«
Zack stöhnte. »Ich war damals nicht auf der Station. Bin ihm nie begegnet. Aber Sibell ist zusammengebrochen, als sie von seiner Hinrichtung erfuhr. Er war ein Freund von ihr.«
»Das hat Ma Dodds auch gesagt.«
»Ja, aber es steckt wohl mehr dahinter. Als Sibell Yorkey zum ersten Mal sah, verwechselte sie ihn mit Jimmy Moon. Hat sich richtig erschreckt. Meinst du, Yorkey könnte mit ihm verwandt sein? Warum sonst sollte er herumschnüffeln und sich nach ihm erkundigen? Ein harter Bursche, das kannst du mir glauben. Er trägt irgendetwas mit sich herum.«
»Aber die Sache mit Jimmy ist doch so lang her!«
»Für Moons Familie ist sie vielleicht nicht ausgestanden. Aber wir können nichts unternehmen, dazu liegt es wirklich zu lange zurück. Nur … Moment mal, Casey. Hat sie gesagt, wer zu dem Suchtrupp gehörte, der den Mann gehängt hat?«
»Ja. Sie meint, Syd Walsh wäre dabei gewesen.«
»Und das weiß Yorkey jetzt.« Er nahm den Hut ab und wischte sich mit dem Handrücken über die Stirn. »Wenn wir zwei und zwei zusammenzählen, wissen wir auch, wo Freund Yorkey hingeritten ist.«
»Glenelg«, sagte Casey grimmig. »Er hat drei Tage Vorsprung. Müsste jetzt dort sein, wenn er sich beeilt hat.«
»Hoffentlich irren wir uns. Mit Walsh und seiner Bande kann er es nicht aufnehmen.«
Sibell schlief so gut, dass sie erst vom Duft des brutzelnden Specks erwachte. Sie trat aus dem Zelt und begrüßte den schönen Morgen. In der Nacht hatte sich in einer Senke im bunt gemaserten Fels ein wenig Wasser gesammelt, über dem nun lärmend schwarze Kakadus mit leuchtend roten Schwänzen kreisten, als wollten sie der Welt ihre Entdeckung mitteilen. In der Ferne richtete sich ein großer Waran auf den Hinterbeinen auf und ließ prüfend seine Blicke schweifen. Sibell lachte. Früher hatte sie nicht geahnt, von wie vielen Lebewesen dieses Land bevölkert war. Die seltsame Flora und Fauna bot eine Vielzahl von Wundern, doch in letzter Zeit hatte sie das Interesse daran verloren, alle Tage wirkten gleichmäßig grau und monoton. An diesem Morgen kehrte die Farbe in ihr Leben zurück. Sie pflückte eine gelbe Eukalyptusblüte, steckte sie ins Haar und ging zu den Männern hinüber.
Sie hatten die Zeit gut abgepasst und trafen nur wenige Stunden vor der Zugabfahrt in Pine Creek ein. Zack holte ihre Reisetaschen vom Packpferd und lud sie in den Zug, während Sibell
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