Tal der Träume
kann kein Englisch.«
»Er wird es schon verstehen. Du übersetzt.«
Der schlaue alte Garradji grinste breit und sagte etwas zu Mimimiadie, der daraufhin strahlend auf sich zeigte.
»Ich bin der Boss!«
»Stimmt, du bist der Häuptling«, sagte Yorkey.
Vermutlich verstand der Kerl viel mehr Englisch, als er vorgab.
Yorkey gab in Zeichensprache noch einmal zu verstehen, dass Numinga übersetzen würde, was er dem Boss, der wichtig war und Respekt verdiente, zu sagen hatte.
Und so begann die Unterhaltung über den entführten Sohn. Yorkey war entsetzt und sehr traurig. Dann erfuhr er, dass die Frau des Anführers, die Mutter des gestohlenen Kindes, von Weißen ermordet und verstümmelt worden war.
Yorkey empfand aufrichtiges Mitleid für den Mann und sagte ihm das auch. Kein Wunder, dass der arme Kerl um sein Kind kämpfte. Er bot seine Hilfe an und erklärte, sein eigener Vater sei von Weißen gehängt worden.
Mimimiadie glaubte ihm, doch der Älteste wirkte misstrauisch.
»Er will wissen, warum du so lebst wie sie«, sagte Numinga.
»Weil ich, ohne von meiner Traumzeit zu erfahren, bei ihnen aufgewachsen bin. Genau das wird auch mit Boomi geschehen, wenn wir ihn nicht befreien.«
Dies nahm Garradji die letzten Argumente, und Yorkey fuhr fort: »Ich will euch helfen. Ich verrate niemandem, wo ihr seid, aber lasst den weißen Mann mit mir gehen. Er ist sehr bedeutend. Wenn ihr ihn bittet, wird er Boomi befreien.«
Das war zu viel für Numinga, der der Gruppe bereits erzählt hatte, William sei nur ein Viehhüter. Wütend brüllte er Yorkey an, er mache einen Narren aus ihm und bringe sie alle in Gefahr.
Mimimiadie ärgerte sich über die Unterbrechung der Diskussion und rief: »Ich bin der Boss!« Er schlug Numinga ins Gesicht, so dass der Dolmetscher zu Boden stürzte.
Nun war die Ordnung wiederhergestellt. Niemand kümmerte sich um Numinga, dem das Blut vom Mund tropfte, und Yorkey wandte sich unmittelbar an den Anführer. Er sprach langsam, damit Numinga übersetzen konnte, sah Mimimiadie fest ins Gesicht, und erklärte, er habe gelogen, weil sie nicht erfahren sollten, dass ihnen ein wichtiger Mann ins Netz gegangen war. Doch nun, da er die Situation verstehe, würde ihnen Williams Stellung von ungeheurem Nutzen sein.
»Er ist ein großer Boss. Ihm gehören mehrere Viehstationen. Kennt ihr Warrawee? Und Millford weiter südlich? Kennt ihr diese Orte?«
Sie nickten.
»Wie heißt er?«, fragte Garradji.
»William Oatley.«
Bei diesen Worten grinste Mimimiadie und sagte etwas zu Garradji. »Wir haben einen großen Fisch gefangen«, übersetzte Numinga.
Nichts konnte sie dazu überreden, William mitgehen zu lassen. Yorkey musste allein aufbrechen.
»Dann bindet ihn wenigstens los, damit er es bequemer hat.«
Auf Mimimiadies Befehl hin band man Williams Hände los, schob ihn aber noch weiter in die Höhle und fesselte ihn mit dem Hals an die Wand. Als Yorkey sich darüber beschwerte, bot der Anführer lächelnd an, man könne William auch an einem Seil in die Schlucht hängen, bis er zurückkehre.
»Schon gut«, beschwichtigte ihn der Weiße, »sieh zu, ob du mir einen Schlafsack besorgen kannst. Dieser Felsboden ist verdammt hart.«
»Tut mir Leid, bis auf das Essen und die Gewehre haben sie alles weggeworfen. Die Gewehre gefallen ihnen, damit können sie sich hier oben gut verteidigen.«
»Ja«, seufzte William. »Hör zu. Du gehst in Pine Creek nicht zur Polizei. Du hast Geld und kannst auch meine Börse nehmen, davon kaufst du dir irgendwie eine Zugfahrkarte.« Es war bekanntermaßen schwierig für Aborigines, den Zug zu benutzen. »Dann fährst du geradewegs nach Darwin.«
»Das dauert aber.«
»Ist aber letztendlich schneller. Wenn du zur Polizei in Pine Creek gehst, kabeln sie erst nach Darwin, um Anweisungen einzuholen. Dann bekommst du berittene Polizisten statt des Jungen. In Darwin gehst du ihnen ebenfalls aus dem Weg. Such sofort Zack Hamilton auf, er muss das Kind finden. Wie heißt der Bursche doch gleich?«
»Mimimiadie.«
»Wie bitte?«, rief William verblüfft. »Er ist berühmt-berüchtigt, das sind schlechte Nachrichten. Ein Glück, dass wir überhaupt noch am Leben sind. Trotzdem, wenn er dieses Kind wirklich haben will, bleibt uns noch eine Chance.«
Numinga hörte ihnen zu. Gopiny hatte erklärt, die Polizei biete an, den Jungen gegen seinen Vater auszutauschen. Es war besser, wenn Yorkey diesen Aspekt der Sache nicht kannte. Numinga war beeindruckt, dass der
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