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Tal ohne Sonne

Tal ohne Sonne

Titel: Tal ohne Sonne Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heinz G. Konsalik
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nieder, sondern ging langsam zu Duka Hamanas Hütte. Dort blieb er, auf der Erde schlafend, zwei Wochen, bis ihn ein Sohn von Dai Puino und seine Frau abholten und zurück ins Dorf führten. Im Männerhaus eins erhielt er wieder seine Schlafstelle, und keiner sprach mehr von seiner Niederlage. Beim nächsten Zug gegen die Pogwa konnte er wieder der große Held werden, wenn er viele Köpfe erbeutete.
    Aber das verhinderte Pater Lucius.
    Er hatte begonnen, die Uma zu lehren, daß es einen großen, allmächtigen, einzigen Gott gibt, dem alle Untertan sind und der zu den Menschen sagt: »Ihr seid alle Brüder und Schwestern.«
    Samuel war dabei sein wertvollster Mitarbeiter. Ohne sein Dolmetschen wäre es unmöglich gewesen, den Wilden von Christus zu erzählen, der über einen See wandelte, ohne zu versinken, und der sogar Tote zum Leben erweckte und aus Wasser Wein machte. Von allen Wundern war das letztere ein Lieblingsthema von Pater Lucius. Während seiner Zeit in Australien hatte er damit oft vor Winzern gepredigt und in saure Gesichter geblickt. Aus Wasser Wein zu machen, davon verstanden sie etwas.
    Nach den Angaben des Paters wurde eine kleine Kirche gebaut, eine Uma-Hütte mit Flechtwänden und einem Palmblätterdach, mit den Innenmaßen sechs mal vier, ein einziger Raum. Nach zwei Wochen stand die Kirche; wie Ameisen hatten die Frauen und einige Krieger daran gearbeitet, ein Gewimmel von Menschen, unter deren Händen der kleine Bau wuchs. Daß es ein Haus Gottes sein würde, wußte niemand. Die Uma bauten ein Haus für den weißen Freund und Beschützer.
    Reißner, der den Fortgang des Baus fotografierte und auch mitanhörte, wie Pater Lucius, mit Samuel als Sprachrohr, den Kriegern und den Frauen von Jesus erzählte, begann die Missionsarbeit mit anderen als spöttischen Augen zu betrachten.
    Wenn der Pater nicht im Kreis der andächtig Zuhörenden saß, lernte er die Sprache der Uma. Eine hervorragende Lehrerin hatte er dafür gefunden, die ihm geduldig die Worte vorsprach und ihm gleichzeitig die Gegenstände zeigte, die sie genannt hatte: Lakta.
    Ab und zu kam auch Schmitz hinzu, setzte sich ihr gegenüber und sah sie mit klopfendem Herzen an. Die Glasperlenkette trug sie Tag und Nacht über ihren nackten Brüsten, und wenn sie allein war, wenn niemand sie beobachtete, streichelten ihre Hände über das bunte Glas und rieb sie ihr Kinn daran.
    Leonora hatte in einer leergeräumten Frauenhütte eine Art Ordination eingerichtet, eine Poliklinik, wie Schmitz scherzhaft sagte. Hier hielt sie zweimal in der Woche Sprechstunde, untersuchte Frauen, Kinder und die Alten und staunte über das massenhafte Auftreten von Furunkeln. Das war Duka Hamanns Spezialität gewesen. Mit einem braunen Brei kleisterte er die Furunkel zu, und siehe da, die Geschwüre erstickten und verödeten. Nur brachen an anderen Stellen der Körper neue Furunkel auf und zerfraßen langsam, unheilbar die Leiber.
    »Wie kommen die Uma an diese massive Staphylokokkeninfektion?« fragte Leonora eines Tages, als sie zwölf Kranke behandelt hatte.
    »Sie stecken sich gegenseitig an«, antwortete Schmitz.
    »Das allein kann es nicht sein. Es muß von innen kommen.«
    »Von innen?«
    »Eine Stoffwechselkrankheit, eine ständige Vergiftung, irgend etwas …«
    »Verzeihung, Chefin, aber es gibt keine Stoffwechselkrankheit, die Staphylokokken produziert.«
    »Das weiß ich auch, Pepau. Ich glaube nicht an die gegenseitige Infizierung. Da steckt noch etwas anderes dahinter. Warum haben nur die Erwachsenen diese Furunkulose, aber nicht die Kinder? Gerade sie müßten sie haben beim dauernden Umgang mit ihren daran erkrankten Eltern und Verwandten. Das kommt von innen her.«
    Zynaker hatte in diesen Wochen überlegt, wie man die Flugzeugteile noch verwerten konnte. Vor allem die Räder waren wertvoll, wenn die Umas erst einmal begriffen und sahen, was man mit einem Rad alles machen kann. Bis jetzt schleppten sie alles auf ihren Schultern, hatten aber bereits den Hebel entdeckt, was ihnen viel körperliche Last abnahm. Ein Rad aber würde alles revolutionieren.
    Drei Tage nach dem großen Fest hatten Leonora und Zynaker nebeneinander auf einem Sagobaumstamm gesessen. Sie war von Sapa gekommen, hatte den Verband gewechselt, die Hütte mit einem Desinfektionsspray ausgesprüht und traf draußen Zynaker, der voller Unruhe herumlief. Als sie sich auf den Stamm setzten, hatte Leonora den Kopf an seine Schulter gelegt und die Augen geschlossen. Seine Nähe, die

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