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Tal ohne Sonne

Tal ohne Sonne

Titel: Tal ohne Sonne Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heinz G. Konsalik
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gehörte ebenso, daß die Hühner gelbbraun gefleckte Federn hatten, wie die Feststellung, daß man die Rinde eines Baumes, dessen Namen sie nicht kannte, wie Bast abschälen und daraus die Beutel für die Sagowurmlarven, für das Menschenfett und Stoffbahnen für die Schurze knüpfen konnte. Auch daß sich die Frauen mit gefärbtem Baumharz die Nägel lackierten, gehörte zu den Dingen, die das Bild dieser neuentdeckten Menschen abrundeten.
    Die neun Verwundeten liefen wieder herum, stolz auf ihre Narben, die sie sogar weiß ummalten, damit sie jeder sehen konnte. Das hob ihr Ansehen bei den anderen Kriegern, denn bisher hatte kaum einer überlebt, wenn er solche Wunden von einem Vergeltungsangriff auf die Pogwa mitbrachte. Sie starben qualvoll an Wundbrand oder einer Sepsis, und es war der Wille der Ahnen, daß auch ihre Schädel einmal in den Männerhäusern als Kopfstütze dienten.
    Auch Sapa hatte die Operation überlebt und arbeitete schon wieder, stampfte Sagomehl, wühlte Süßkartoffeln aus dem Boden und sammelte aus den verfaulenden Sagostämmen die fetten Wurmlarven ein. Immer wieder betrachtete sie die bogenförmige Narbe auf ihrem Bauch, die seitlichen Punkte der Naht und traute zuerst nicht den Worten von Schmitz, der Bauch sei für immer zu. Sie tastete mit den Fingerkuppen über die Narbe und begriff nicht, daß man einen Menschen aufschneiden und wieder zumachen konnte und daß nichts anderes übrigblieb als ein dünner Strich auf der Haut.
    Dai Puino saß die meiste Zeit in seinem Flugzeugsessel vor dem Haus, voll Würde und der Erkenntnis, der Mächtigste zu sein. Er wußte, daß alle Nachbarstämme, vor allem die verhaßten Pogwa, von diesem Götterthron erfahren hatten und sich nun hüteten, weiter die Uma zu überfallen, ihre Frauen zu rauben und Jagd auf Köpfe zu machen.
    In den gesamten sechs Wochen hörte man nichts mehr von Duka Hamana, dem Medizinmann. Unbeachtet lebte er in seiner offenen Hütte, brannte weiterhin Räucherstäbchen zur Versöhnung der Geister ab, opferte ihnen ein Huhn, dessen Kopf er abhackte und das Blut in alle Winde spritzen ließ, sammelte weiter Pflanzen und Moose, Wurzeln und orchideenartige Blüten, aus denen er seine Säfte und Breie kochte; aber niemand kam mehr zu ihm, um seine Hilfe zu erbitten oder einen weisen Rat zu bekommen. Nur zwei Frauen erschienen zweimal am Tag bei ihm, brachten ihm zu essen und frisches Wasser zum Trinken, legten alles vor der Hütte nieder und verschwanden schnell wieder. Aber Duka Hamanas Ruhe war trügerisch und bedeutete nicht, daß er den endgültigen Sieg den Weißen überließ. Er sann auf Rache, und Rache war der einzige Gedanke, der in ihm kreiste, der ihn noch am Leben hielt. Er hätte sich töten müssen, wenn seine Macht verflogen war, töten mit einem Gift, das er aus Pflanzen destilliert hatte und das niemand kannte. Es war ein anderes Gift als das, mit dem die Pfeile getränkt waren; es brachte einen sanften Tod, ein Einschlafen, ein Hinüberdämmern zu den Ahnen. Duka Hamana hatte es an Schweinen und Hühnern ausprobiert, hatte mindestens zehn Hunde damit vergiftet und sie genau beobachtet. Sie schliefen ein und wachten einfach nicht wieder auf. Ihr Herz stand still. Ohne Qual, ohne Zucken, ohne Schaum vor dem Mund, ohne blutiges Erbrechen, ohne Lähmungen, die die Luft abdrückten.
    Auf dieses Gift war Duka Hamana stolz. Mit ihm konnte man unauffällig jeden Menschen töten. Wer denkt an Gift, wenn sich jemand hinlegt und schläft und nicht wieder aufwacht? Jeden Gegner konnte man mit ihm besiegen. Nur eine schlechte Eigenschaft hatte das Gift: Es stank nach Urin. Man konnte es nicht unbemerkt geben.
    Seit Monaten experimentierte Duka Hamana, um diesen Geruch herauszufiltern, um ein geruch- und geschmackloses Gift zu bekommen. Bisher hatte er damit keinen Erfolg, denn wenn er den Wurzelsaft wegließ, der so stank, war das Gift kein Gift mehr, sondern ein normaler Pflanzensud.
    Hano Sepikula war wieder in die Gemeinschaft der Krieger aufgenommen worden. Leonora hatte das erreicht. Noch während des großen Essens war sie zu ihm gegangen, der noch immer auf der Erde lag, von keinem beachtet, selbst seine Frau und seine vier Kinder kümmerten sich nicht mehr um ihn. Leonora hatte sich über ihn gebeugt und ihm ihre Hand entgegengehalten. Mit weit aufgerissenen Augen hatte Hano Sepikula sie angestarrt, hatte dann mit festem Griff ihre Hand gefaßt und sich aufgerichtet. In einen der essenden Kreise setzte er sich nicht

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