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Tal ohne Sonne

Tal ohne Sonne

Titel: Tal ohne Sonne Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heinz G. Konsalik
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Kloster des ›Ordens des Heiligen Opfers‹ wurde eine Totenmesse für den lieben Pater Lucius zelebriert, der Prior hielt eine Predigt über Opfertod und Auferstehung und enthüllte im Refektorium ein Foto des Mitbruders in einem schwarzen Rahmen.
    Nachdem die Hubschrauberstaffel nach Port Moresby zurückverlegt worden war, versank Kopago wieder in der schläfrigen Stille eines Distriktskommandos. Die ›zivilisierten‹ Papuas gingen ihrer Tätigkeit nach, meistens Handlangerarbeiten beim Straßenbau, in den Steinbrüchen und im Holzeinschlag. Die kleine Missionsstation fünfzig Kilometer nördlich von Kopago, gegründet von der Steyrer Mission, hatte über Funk mitgeteilt, daß man bei den bekannten Bergstämmen herumhorchen werde, ob dort etwas von einer Gruppe Weißer bekannt sei, die durch das Hochland im Gebiet des Nengi River und des Lagaip River zog. Die Nachrichten, die von den Baumtrommeln der Bergstämme meilenweit getrommelt wurden, waren zuverlässig. Hatte man die Weißen gesehen, wurde das sofort mitgeteilt, auch wenn man sie getötet hatte. Ein weißer Schrumpfkopf war eine Kostbarkeit.
    Lieutenant Wepper hatte sein Protokoll abgeschlossen und legte es in die Schublade seines Schreibtisches. Er hatte den Bericht mit den Sätzen beendet: »Trotz der erfolglosen Suchaktion und der bisherigen Erfahrungen, daß im Urwald Verschollene nie wieder zurückkehrten, bleibt doch die Hoffnung, daß Miss Patrik und die übrigen Expeditionsteilnehmer trotz des uns unbekannten Unglücks noch leben und versuchen, aus dem Hochland herauszukommen. Eine endgültige Todeserklärung sollte man erst nach einem Jahr aussprechen.«
    »Glauben Sie das wirklich?« fragte Sergeant Ross, der gerade Funkdienst hatte.
    »Ja.«
    »Warum gerade bei Miss Patrik?«
    »Das kann ich nicht erklären. Es ist so ein Gefühl.« Lieutenant Wepper hob die Schultern und zog den Kopf ein. »Wie die Steyrer Missionare sagen: Irgendeine Nachricht mit den Baumtrommeln hätte auch die Expedition erwähnt.«
    »Das heißt also: Seit über sechs Wochen könnten Miss Patrik und ihre Begleiter ohne Berührung mit anderen Menschen im Urwald herumirren?«
    »Möglich ist alles, Ross. Keiner weiß doch, ob es in diesem Gebiet überhaupt Menschen gibt. Wir kennen die Duna, Hewa und Enga, aber das sind Stämme am Rande des Hochlands. Sie sind keine Wilden mehr und besuchen am Sonntag die Kirche. Von ihnen hört man zwar, daß in den unerforschten Gegenden Stämme leben, die man allgemein Imapa, die Baumsöhne, nennt. Aber ob das stimmt? Es ist ja noch niemand dort gewesen.«
    »Und die trommeln auch?«
    »Auch das weiß man nicht. Wenn sie trommeln, gibt es sie, dann hätte man den Beweis ihrer Existenz. Aber alle Trommeln klingen gleich, man kann sie nicht unterscheiden.«
    »Angenommen, sie leben wirklich noch und tauchen eines Tages wieder auf – was dann? Sie sind für tot erklärt.«
    »Dann steht die Regierung dumm da. Die amtliche Mitteilung ist nach meiner Ansicht viel zu früh gekommen. Was sind denn sechs oder sieben Wochen? In diesem Land ist sogar ein Jahr zu kurz.«
    »Wir suchen also weiter, Sir?«
    »Ja. Mit unseren beiden Hubschraubern werden wir immer und immer wieder die ›Täler ohne Sonne‹ abfliegen. Ich gebe die Hoffnung nicht auf. Und wo im Urwald ein kahler Fleck ist, da gehen wir runter und sehen uns den Kahlschlag an. Vielleicht finden wir Zynakers Maschine. Dann wissen wir, ob sie überlebt haben oder –« Wepper schwieg und trank einen Schluck Whisky.
    Sergeant Ross zog an seiner Pfeife. Ein Gedanke kam ihm plötzlich, und er sprach ihn aus. »Warum gibt es hier überhaupt noch unerforschtes Land? Gerade mit Hubschraubern könnte man doch auf den Kahlstellen landen und von dort aus das Land erforschen. Das ist doch machbar.«
    »Da müssen Sie die Regierung fragen, Ross. Die Geologen sagen, dort gibt es nichts zu finden, keine Bodenschätze, nur Fels oder Urwald. Damit ist das Land für sie wertlos. Warum also für die Erforschung Geld aus dem Fenster werfen? Ja, wenn man dort nach Erdöl bohren könnte oder nach Kupfer oder Gold, dann stünden schon längst die Bohrtürme auf den Bergen und in den Schluchten, und die Menschen, die dort seit Jahrtausenden wohnen, wären ausgerottet. Sehen Sie sich den neuen Goldrausch in Brasilien an. Dort werden Indianerstämme vernichtet wie Ungeziefer.«
    »Einmal wird man auch hier was finden, Sir. Spätestens dann werden wir wissen, was mit der Expedition geschehen ist.« Sergeant Ross

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