Tal ohne Sonne
auf uns auf! – ist der größte Parasit.
Im ›Kloster‹ empfing ihn der Prior mit einer Nachricht aus Belgien. Sie waren hier in Port Moresby vier Patres, drei Laienbrüder und vier eingeborene Helfer, sie buken ihr Brot selbst, schlachteten Schweine und Lämmer, stellten Wurst und Schinken her, züchteten Blumen und verkauften alles auf dem Wochenmarkt am Fuße des Paga Hill. Am Sonntag wurde der Klingelbeutel von Hand zu Hand durch die Sitzreihen gereicht. In den Betsaal gingen nicht mehr als vierzig Gläubige hinein, und voll war er nie, meistens nur zur Hälfte besetzt. Wer kannte denn schon den kleinen Orden, der nicht einmal ein Harmonium oder ein Klavier, geschweige denn eine Orgel besaß. Pater Seraphin, ein knochiger Mann ohne Alter, begleitete die Gesänge und Psalmen auf einer alten, keuchenden und pfeifenden Ziehharmonika.
»Wir sind alle sehr fröhlich!« rief der Prior, als Pater Lucius von seinem Motorrad stieg und es in den Flur des Hauses schob. »Wir danken Gott aus ganzem Herzen, loben seine Güte und wollen dich umarmen, Bruder. Du hast mit deiner Idee, die Expedition mitzumachen, ein Tor aufgestoßen.«
»Was ist passiert?« fragte Pater Lucius vorsichtig.
»Das deutsche, belgische, holländische und französische Fernsehen haben den Bericht aus Port Moresby übernommen und ausgestrahlt. ›Zurück zur Urwelt‹, hieß die Sendung. Aus Gent kam ein Anruf vom Generaloberen: Von allen Seiten laufen Spenden ein.«
»In Gent!« Pater Lucius winkte ab, stellte das Motorrad an die Flurwand und legte einen Lappen unter, falls Öl auslaufen sollte. »Was sehen wir davon?«
»Eine Reihe bekannter Firmen will sich der Expedition anschließen und sie mitfinanzieren.«
»Ah! Ich ahne, welch eine Lawine da losgetreten worden ist. Man will die Expedition als Werbemittel für Produkte einsetzen.«
»Und das gibt Geld, Bruder.«
»Rechnen wir nicht damit! Rechnen wir um des Himmels willen nicht damit! Ich bin sicher, daß Miss Patrik jedes Angebot ablehnen wird.«
»Aber warum denn? Wer lehnt denn Geschenke ab?«
»Soll ich mit einem Schild auf der Brust und mit einem auf dem Rücken loslaufen? Vorn steht: ›Ich ziehe in die Steinzeit mit Butterkeksen von Slingfield‹, und auf dem Rücken steht: ›Bald werden auch die Papuas den Kaugummi von Wippineg kennen.‹«
»Man kann es diskreter machen, Bruder.« Der Prior schob die Hände in die weiten Ärmel seiner Kutte. »Der Abflug morgen wird natürlich im Fernsehen gezeigt werden. Ein paar Worte nur zur Ausrüstung – in Gent liegen fette Angebote vor. Überdenke es: Es kommt Geld in die Kasse.«
»Ohne Miss Patrik ist da gar nichts zu machen.«
»Sprich mit ihr, Lucius.«
»Heute noch?«
»Ja. Fahr sofort zurück zu ihr. Du wirst in der Ordensgeschichte einen Ehrenplatz bekommen. Du bist jetzt der einzige Magnet, der die Weltöffentlichkeit anzieht. Gott hat dich auserwählt.«
»Ich will sehen, was ich erreichen kann.« Pater Lucius schob sein klappriges Motorrad wieder hinaus auf die Straße. »Aber hegt keine großen Hoffnungen!«
»Wir werden für dich beten, Lucius. Halte dir immer vor Augen: Schon vier Markenartikelfinnen bescheren uns ein sorgloses Missionieren. Um Gottes Wort zu verbretten, ist keine offene Hand eine Schande.«
Leonora und General Lambs waren sehr erstaunt und warfen sich fragende Blicke zu, als Butler Herbert die Rückkehr von Pater Lucius meldete.
»Was hat er bloß?« fragte Sir Anthony. Es klang sehr besorgt. »Herbert, wie sieht er aus?«
»Wie immer, Sir. Einem Priester sieht man nie etwas an, sie gleichen sich der Umgebung an wie ein Chamäleon.« Der Butler verzog keine Miene, während er das sagte.
General Lambs lachte laut. »Er mag keine Pfaffen«, sagte er dann, »da seine Mutter mit einem anglikanischen Priester durchgebrannt ist und einen gebrochenen Ehemann und drei Kinder zurückgelassen hat. Sie ist nie wieder aufgetaucht.« Er nickte Herbert zu. »Lassen Sie Pater Lucius eintreten.«
»Sehr wohl, Sir.«
Pater Lucius war es sichtlich peinlich, noch einmal zurückgekommen zu sein. Man sah es ihm an, sein Hals war mit roten Flecken übersät, die er immer bekam, wenn er aufgeregt war. Der Aufforderung, sich in einen der Korbsessel zu setzen, kam er nicht nach, er blieb stehen und nagte an der Unterlippe. »Ich … ich hätte da noch eine Frage«, begann er zögernd, »die ich nicht in Gegenwart der anderen aussprechen konnte und wollte.«
»Irgendwelche Bedenken, die mit der Expedition zu
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