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Tal ohne Sonne

Tal ohne Sonne

Titel: Tal ohne Sonne Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heinz G. Konsalik
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Hoffnung, Ihren Vater zu finden?«
    »Nach zehn Jahren – ist das nicht eine Utopie?«
    »Was machen Sie, wenn Sie seinen Schrumpfkopf finden?«
    »Haben Sie keine Angst, von Kopfjägern überfallen zu werden?«
    »Auf alle Fragen kann ich nur antworten: Wenn wir die Hoffnung nicht hätten, wäre das Leben ohne Sinn.« Leonora lächelte in die surrenden Kameras. In ihrem Khakianzug sah sie bezaubernd aus, mehr wie eine reiche Globetrotterin als wie ein Mensch, der weiß, daß er sein Leben verlieren kann. »Drückt mir alle die Daumen, ich hab's nötig.«
    Noch einmal umarmten sich Sir Anthony und Leonora, dann riß sie sich los und stieg schnell ins Flugzeug. Die anderen folgten, winkten noch einmal in die Kameras, und Zynaker zog als letzter die Tür zu. Die Propeller begannen zu kreisen, die beiden Motoren donnerten und heulten auf, langsam begann das Flugzeug sich zu bewegen und rollte auf die Startbahn zu. Dort gab Zynaker Vollgas, die Motoren dröhnten, wie mit einem Sprung schnellte die Maschine vor, raste über die Piste und erhob sich nach einer kurzen Anlaufstrecke.
    Als das Flugzeug in einem ziemlich steilen Winkel in den heißen blauen Himmel stieß, wischte sich Sir Anthony über die Augen, senkte den Kopf und wandte sich ab, als wolle er das Entschwinden der Maschine nicht mehr sehen.
    Der Butler sprach diszipliniert aus, was der alte General dachte: »Ob wir sie wiedersehen, Sir?«
    »Nein.«
    »Wir sollten daran glauben, Sir.«
    »Da hilft kein Glauben, Herbert.« Sir Anthony wandte sich ab und ging mit langsamen Schritten zu seinem Wagen. Der Butler folgte ihm, den Sonnenschirm über den Kopf des Generals haltend. »Von da, wo sie hinwollen, käme selbst ein Bataillon nicht mehr zurück.«
    Im flimmernden Blau des Himmels verschwand das Flugzeug als kleiner, sich auflösender Punkt.
    Pieter van Dooren hatte seinen Beruf von der Pike auf gelernt. Als Kochlehrling in Rotterdam, getrieben von den Ohrfeigen des Chefkochs, dem nichts recht zu machen war, hatte er angefangen, wurde dann Saucier und später Sous-Chef in Vlissingen, besuchte nach der Meisterprüfung einen Lehrgang auf der Hotelfachschule in Haarlem, übernahm die Leitung eines kleinen Kurhotels bei Noordwijk aan Zee , wechselte in die Schweiz, wo er stellvertretender Hoteldirektor in Montreux wurde, um schließlich einen Ruf nach Singapore anzunehmen, wo er das Hotel › Shari Dong‹ leitete. Eine kontinuierliche steile Karriere, die in Singapore ihren Höchststand erreicht hatte. Mehr als das › Shari Dong‹ konnte man nicht bekommen. Vielleicht noch das ›Mandarin‹ in Hongkong oder das › Shangri -La‹ in Singapore oder das ›Ritz‹ in Paris, aber so hoch dachte Pieter van Dooren nicht. Für ihn war der Gipfel erstiegen.
    Um so mehr staunte jeder, der ihn kannte, daß er mit zweiundvierzig Jahren das herrliche ›Shari Dong‹ verließ, den erklommenen Gipfel wieder hinunterstieg, nach Papua-Neuguinea auswanderte und dort, im unwirtlichen, wilden östlichen Hochland, in der Stadt Goroka das Hotel ›Goroka Lodge‹ übernahm. Man munkelte, die unglückliche Liebe zu einer wunderschönen Singapore-Chinesin, die leider verheiratet war, habe Pieter van Dooren zu diesem verrückten Entschluß getrieben, aber wenn ihm schon Singapore verleidet war, warum dann ausgerechnet Papua-Neuguinea und nicht Hongkong, Bangkok, Manila oder Tokio, wo man europäische Hoteldirektoren sehr schätzte und mit offenen Armen aufnahm? Goroka, du lieber Himmel, das war eine Verbannung in Hitze, neunzigprozentige Luftfeuchtigkeit, unter fünfundzwanzigtausend typischen Papuas mit Federhüten, durchbohrten Nasenflügeln und Wildschweinhauern als Schmuck, weil man Schrumpfköpfe verboten hatte. Und es war auch die Heimat der geheimnisvollen ›Lehmmenschen‹, jener Eingeborenen, die ihren Körper mit weißem Lehm beschmierten und riesige, wild aussehende Köpfe aus Lehm über sich stülpten, um damit ihre Feinde zu erschrecken, die an fremde Götter glauben mußten, wenn die Gestalten auf sie zuschlichen und unter schaurigen Schreien gestikulierten. Hier im Hochland prallten Urkultur und Neuzeit aufeinander und verschmolzen sogar. Die Papuas fielen nicht mehr aufs Gesicht, wenn auf dem Flugplatz von Goroka die donnernden Riesenvögel vom Himmel sanken, sondern sie standen hinter dem hohen Drahtzaun und starrten auf die Weißen, die aus dem Leib der Vögel quollen und sofort zu fotografieren begannen. Der Tourismus hatte Goroka entdeckt, und die Papuas

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