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Talitha Running Horse

Talitha Running Horse

Titel: Talitha Running Horse Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Antje Babendererde
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er mit strenger Stimme, deren Resonanz ich in meinem Magen spürte.
    Ich versteckte den Beutel hinter meinem Rücken und blickte verlegen zu Boden, als könne ich irgendwie im Gras verschwinden.
    Â»Was gibst du den Pferden denn da?«, fragte Tom. »Sie scheinen ja richtig wild darauf zu sein. Zucker ist nicht gut für sie, schon gar nicht für ein Fohlen, das noch säugt. Sie kriegen schlechte Zähne, und dann habe ich ein großes Problem.«
    Â»Es ist nichts Süßes«, stotterte ich. »Das würde ich ihnen nie geben.« »Was ist es dann?« Er streckte fordernd die Hand aus und ich reichte ihm widerstrebend meinen Beutel. Er fasste hinein, nahm ein paar Pellets und roch daran.
    Â»Das sind Reste aus einer Ölpresse«, sagte ich, einen Anflug von Trotz in der Stimme. »Sonnenblumensaat mit Kräutern. Sie fressen es furchtbar gern.«
    Â»Soso«, bemerkte Tom brummig, aber dann erschien plötzlich ein breites Lächeln auf seinem narbigen Gesicht. »Wasté«, sagte er, was auf Lakota so viel wie »gut« oder »schön« bedeutete. »Ist genehmigt, junge Frau.«
    Â»Wirklich?« Ich konnte mein Glück kaum fassen und wurde rot. Ich war dreizehn Jahre alt, klein und dünn. Junge Frau hatte noch nie jemand zu mir gesagt.
    Â»Ja, du kannst sie damit füttern, das ist in Ordnung.« Er gab mir den
    Beutel zurück und lachte, als Stormy neugierig an meiner Hand zu knabbern begann. »Das Fohlen mag dich«, sagte er freundlich.
    Â»Ja«, sagte ich, »ich mag Stormy auch.«
    Tom betrachtete mich mit einem seltsam fragenden Blick und ich schlug mir die Hand vor den Mund, als mir bewusst wurde, was ich verraten hatte.
    Â»So so, du gibst meinen Pferden also Namen«, sagte er, mit offensichtlicher Verwunderung.
    Ich senkte den Kopf. Mit Sicherheit hatte Tom dem gepunkteten Fohlen längst einen Namen gegeben und es konnte natürlich nicht zwei Namen haben.
    Â»Nur dem Fohlen«, erwiderte ich kleinlaut.
    Â»Stormy ist ein schöner Name«, meinte er schließlich. »Schöner als Corry, aber er klingt ähnlich. Meinetwegen kann das Fohlen deinen Namen behalten.«
    Â»Wirklich?« Ich blickte auf und strahlte Tom an.
    Â»Ja, warum nicht.« Er nannte mir die Namen der anderen Tiere und so erfuhr ich, dass Stormys Mutter Hanpa hieß und der gefleckte Hengst Taté. Das war Lakota und bedeutete Wind.
    Â»Hast du ihn schon mal laufen sehen?«, fragte Tom.
    Ich schüttelte den Kopf. Meine Zeit bei den Pferden war immer nur kurz, nie länger als eine Stunde.
    Â»Er ist schnell wie der Wind, daher hat er auch seinen Namen. Nur ich und mein Sohn Neil dürfen ihn reiten.«
    So erfuhr ich die Namen der Pferde und dass der Junge, den ich manchmal dabei erwischte, wie er mich beobachtete, Neil hieß.
    Tom musterte mich nachdenklich. »Du magst Pferde, nicht wahr?«
    Â»Ja«, sagte ich und sah zu ihm auf. »Sehr.«
    Â»Kannst du denn reiten?«
    Verlegen schüttelte ich den Kopf. »Nicht richtig. Wir haben keine Pferde.«
    Ich war zwar hier und da mal geritten, aber richtig gelernt hatte ich es nie. Und das bei meinem Namen: Running Horse.Etwas Beschämenderes konnte ich mir als Lakota-Indianerin nicht vorstellen. Die meisten Kinder im Reservat wuchsen mit Pferden auf und waren gute Reiter. Mit den Pferden verband sich unser ganzes Lebensgefühl. In meinem Fall verband sich mit ihnen nur mein Name und eine große Sehnsucht.
    Â»Möchtest du es lernen?«
    Ich blickte ihn hoffnungsvoll an, aber dann sank mein Kopf wieder nach unten. »Wir haben kein Geld für so was«, sagte ich bekümmert. Tom Thunderhawk begann zu lachen, ein tiefes, donnerndes Lakota-Lachen, das in meinem Magen kollerte und auf merkwürdige Weise liebevoll klang.
    Â»Hab ich vielleicht was von Geld gesagt? Du magst die Tiere und sie mögen dich. Außerdem hast du ein gutes Gefühl für Pferde, und das gefällt mir. Ich beobachte dich schon lange.«
    Â»Aber wir wohnen ziemlich weit weg«, sagte ich.
    Â»In Porcupine, wenn ich mich nicht irre?«
    Â»Ja, das stimmt.«
    Er lachte wieder. »Das ist doch nur ein Katzensprung. Komm, wann immer du kannst, und wenn ich Zeit habe, werde ich dir das Reiten beibringen.« Er strich mir mit seiner großen dunklen Hand übers Haar. »Wie heißt du eigentlich, Mädchen?«
    Â»Tally«, sagte ich mit wild klopfendem Herzen.

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