Talitha Running Horse
beleidigt, als ich mich neben ihr ins Gras plumpsen lieÃ. »Ich kann es wirklich.«
Adena lachte noch lauter. »Es sieht aber gar nicht danach aus.«
»Wonach sieht es denn aus?«
»Als wärst du hundert Jahre alt«, sagte sie.
Ich legte mich zurück und einer der Welpen, die alle ein kurzes rotes Fell hatten, leckte über mein Gesicht.
»Na siehst du«, meinte Adena, »sogar Sip hat Mitleid mit dir.«
»Sip?« Ich verzog das Gesicht. »Wie kannst du sie unterscheiden?«
Alle drei sahen aus wie kleine Kojoten und ich konnte sie beim besten Willen nicht auseinander halten.
»Sie heiÃen Sip, Flip und Chip«, sagte Adena achselzuckend. »Wenn ich einen rufe, kommen alle drei.«
Nellie White Elk erschien in der Tür und Jason, der immer noch auf dem Trampolin hüpfte, schrie: »Tally hat mich Spatzenhirn genannt, Mom.«
Nellie White Elk wischte sich die Hände an ihrer Schürze ab und ich sah, wie sich ihre Lippen zu einem Lächeln verzogen. »Wie sieht es aus, ihr jungen Damen?«, wandte sie sich an Adena und mich. »Ich könnte Hilfe brauchen.«
Wir folgten Adenas Mutter ins Haus und halfen ihr Gemüse für eine Suppe zu schnippeln. Sellerie, Kartoffeln, Karotten, Zwiebeln, Mais und Timpsila,eine Wildrübe in der GröÃe eines Rettichs, die an vielen Stellen im Reservat wuchs.
Adenas Mutter rollte kleine FleischklöÃchen aus Elchhack, die sie in der Pfanne anbriet, bevor sie in die Suppe kamen. Als alles geschnippelt war, schickte sie Adena und mich los, damit wir am Rand des Weges, der zum Trailer führte, ein paar Stängel Lambâs Quarter pflückten, eine Krautpflanze, deren dicke grüne Blätter mehr Vitamin C in sich haben als Spinat.
Als wir jeder mit einer Hand voll Lambâs Quarter zurückkamen, duftete es schon köstlich in Nellie White Elks Küche und mir lief das Wasser im Mund zusammen. Nellie rief meinen Vater an und lud ihn zum Duschen und zum Abendessen ein. Doch als Adena ihr erzählte, was für einen Muskelkater ich vom Reiten hatte, wurde aus der Dusche ein Vollbad, in das nach mir noch mein Dad stieg. Ich fühlte mich wie neugeboren!
Es wurde noch ein richtig lustiger Abend. Wir lieÃen uns Nellies »Unkrautsuppe« â wie Jason sie nannte â schmecken und danach gab es Wojapi, dunkle Beerengrütze aus getrockneten Traubenkirschen und Maisstärke. Mein Vater und Charlie White Elk sangen Lieder auf Lakota. Dad hatte eine schöne Stimme, und ich hätte ihm stundenlang zuhören können. Aber er war ziemlich geschafft von der Arbeit und wurde immer müder. Gegen zehn Uhr bedankten wir uns für die Einladung und verabschiedeten uns.
Später, als ich in meinem Bett lag, dachte ich, dass es schön war, eine richtige Familie zu haben. Vater und Mutter und vielleicht noch ein paar Geschwister, die zu einem hielten. Aber mein Vater hatte nicht vor wieder zu heiraten, obwohl er erst fünfunddreiÃig war. Er brachte auch nie eine Frau mit nach Hause. Dabei hätte ich ihm das überhaupt nicht übel genommen. Dad sprach niemals schlecht von meiner Mutter, aber ich wusste, dass er es noch immer nicht verwunden hatte, dass sie ihn und mich verlassen hatte.
4. Kapitel
Als ich am darauf folgenden Montagmorgen wie gewohnt an die Haustür der Thunderhawks klopfte, stand plötzlich Neil vor mir, Toms Sohn. Mir rutschte das Herz in die Hose und vor Schreck bekam ich kein Wort heraus. Ich spürte, wie ich ganz langsam rot wurde und nichts dagegen tun konnte.
Neil war ein ganzes Stück gröÃer als ich, und ich musste den Kopf zurücklehnen, um ihm ins Gesicht sehen zu können. Er war sehr schlank, hatte aber kräftige Schultern und Arme. Sein Haar trug er straff nach hinten gekämmt, auf traditionelle Art zu zwei dicken glänzenden Zöpfen geflochten. Er war ein Lakota mit sehr dunkler Haut und ich ahnte, dass sie nicht von der Sonne so dunkel war, sondern deshalb, weil es unter seinen Vorfahren keinen WeiÃen gegeben hatte. Neils Augen leuchteten genauso schwarz wie die seines Vaters, und er musterte mich von oben bis unten mit einem durchdringenden Blick.
Ich begann zu stottern. »Ich wollte ⦠ist denn ⦠wo â¦Â«
»Wenn du zu meinem Vater willst«, unterbrach er mein Gestammel, »der ist nicht da.« Neils Stimme war fast so dunkel wie die von Tom Thunderhawk. Auf seinen Lippen zeigte sich ein
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