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Talivan (German Edition)

Talivan (German Edition)

Titel: Talivan (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andrea Tillmanns
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übrig, als sich von Egodow zu verabschieden und auf den nächsten Tag zu hoffen.
     
    Sie erwachte mit einem kleinen Schrei, als der Morgen dämmerte. Ihr Traum war so real g e wesen, dass sie sofort zu glauben bereit war, was sie in ihm erfahren hatte. Talivan hatte zu ihr gesprochen und sie gebeten, ja gerad e zu angefleht, den Mann nicht zu töten, da das Schwert zu ihnen beiden in gleicher Weise gehöre. Sie solle ve r suchen, mit ihm zu reden, über die dunklen Schatten der Ve r gangenheit, die auf seiner Seele lägen, wenn sie Talivans Geheimnis lüften wolle. Zwar schien es durchaus ihre Au f g a be zu sein, die Waffe von irgendetwas zu befreien – soweit man bei einem Schwert ein solches Wort wählen konnte –,jedoch nicht, indem sie sie Egodow abnahm.
    Sinja dachte noch auf dem Weg zu ihrem kärglichen Früh s tück darüber nach, was der Traum gemeint haben konnte. Was musste sie mit Talivan tun? Wusste der Mann vie l leicht mehr? Morgens fühlte sie sich noch zu verwirrt, um ihn aushorchen zu können, und so fragte sie ihn erst am Mittag, als sie im Schatten eines kleinen Wäldchens raste ten, um vorsichtig anzufangen, nach den Waren, die er zu verhökern ve r suche.
    Egodow, der an diesem Tage recht niede r geschlagen wirkte – vielleicht hatte er im Traum e r fahren, dass er Talivan mit ihr teilen musste –, erlaubte ihr sofort, die Plane von se i nem Wagen zu lösen und selber nachzusehen. Wie staunte Sinja, da sie seine Waren sah – kein Plunder, wie sie ve r mutet hatte, sondern feinste Stoffe, Gewürze aus fernen Ländern und allerlei Figürchen, von kunstfertiger Hand g e schnitzt. Sie setzte sich, noch immer sprachlos, zu dem Mann, den sie nicht mehr hassen wollte und wohl auch nicht durfte, auch wenn es schwerfiel, und fragte nach ein i ger Zeit: „Du bietest solch wundervolle Dinge feil – warum kauft sie dir niemand ab?“ Und fügte, da er nicht antwort e te, lächelnd hinzu: „Es scheint ja fast, als laste ein Fluch auf dir …“
    Egodow war erstarrt. Als er endlich zu sprechen anhub, wirkte er noch älter und gebrochener als zuvor.
    „Du kannst nicht aus dem Westen stammen“, sagte er leise, „sonst hättest du es sofort gewusst. Ja, mein Name ist i n zwischen weithin bekannt, weiter, als ich mein Pferd tre i ben wollte. Niemand würde etwas von einem Mann kaufen, der mit einem Fluch belegt ist, auch wenn die Leute se i nen Inhalt nicht kennen. Es geht dabei“, er schien versucht, sie zu beruhigen, auch wenn sie keinerlei A n zeichen von Furcht zeigte, „nur um mich. Du musst keine Angst haben, dir wird nichts geschehen. Und auch ich leide weniger u n ter dem Fluch, da er sich nur unter Bedingungen erfüllen wird, die nun nicht mehr eintreten können“ – bei diesen Worten sah er sie für einen kurzen Moment prüfend an – „sondern viel mehr unter etwas, das ich getan habe, weil es notwendig schien und weil ich zu viel Angst vor der zweiten Möglic h keit hatte.“ Er blieb einen Moment still, bevor er mit unverhohlenem Sarkasmus fragte: „Oder weißt du das schon alles und hast nur die Gelegenheit g e sucht, mich noch mehr zu demütigen?“
    Sie wehrte heftig ab – nein, das habe sie nicht vorgehabt. Dann erklärte sie ihm zögernd, dass zwar ihre Eltern aus dem Westen stammten – sie sagte vorsichtshalber „aus Fjedor“, vielleicht hätte er sie sonst nach ihren Namen g e fragt; Jhalia war nicht groß, er hätte sie kennen können –, sie jedoch sei in Aralei aufgewachsen. Er brauchte nicht zu wissen, dass sie von ihren Eltern ausgesetzt und dort im Klo s ter aufgezogen worden war. Sie hatte keine Lust, ihm mehr von ihrem Leben zu erzählen als nötig. So erfuhr er nur, dass sie nun auf dem Wege in ihre Heimatstadt sei, um diese kennenzulernen und danach zu entscheiden, wo sie wü r de leben wollen.
    Mit seiner Frage, ob sich ihre Eltern in Aralei oder Fjedor aufhielten, hatte sie nicht gerechnet, en t schied sich jedoch schnell zugunsten der Stadt im Norden, da die andere An t wort leichter hätte als Lüge aufgedeckt werden können. ‚Wahrscheinlich’, dachte sie, ‚leben sie noch in Jhalia. Nur – wie könnte ich sie finden? Wer ein Baby aussetzt, lässt es für gewöhnlich nicht zuerst taufen, daher kann auch ich meinen Namensstein noch nicht bei mir gehabt haben, als die Spielleute mich gefunden haben. Wo also sollte ich nach ihnen suchen, ohne jeden Anhaltspunkt?’ Von diesen Schwierigkeiten abgesehen, hätte sie gar nicht den Wunsch g e habt, ihre

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