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Talivan (German Edition)

Talivan (German Edition)

Titel: Talivan (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andrea Tillmanns
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Eltern jemals kennenzulernen. Wozu auch, da diese sie doch so offensichtlich nicht g e wollt hatten? Nein, für ihre Eltern verspürte sie den gleichen unterschwelligen Hass, den sie auch bei Egodow, so sehr sie sich dagegen wehrte, noch immer empfand; nicht besonders stark, aber dennoch immer vorhanden.
    Bevor sie sich entschließen konnte, weiter nach diesem Fluch zu fragen, war der Mann schon au f gestanden und packte den restlichen Proviant zusammen. Erst als sie am frühen Nachmittag ein kleines Dorf erreichten, richtete Si n ja wieder das Wort an ihn: „Lass mich alleine mit deinem Wagen hineinfahren, während du außen heru m reitest“, bat sie, ohne genau zu wissen, warum sie ihm diesen Gefallen tun wollte. „Vielleicht werden sie mir a b kaufen, was sie von deiner Hand ve r schmähen.“
    Egodow zögerte nur kurz, bevor er, wenn auch mit schlecht verhohlenem Misstrauen, ihr zustimmte. ‚Dabei hat er nicht einmal das schlechteste G e schäft gemacht’, dachte sie. ‚Was soll er mit einem ganzen Karren voller Kostbarkeiten, die ihm niemand abkauft? Dafür hat er nun meinen Hengst, hoffentlich weiß er ihn zu reiten.’ Aber ihre Sorge war u n begründet. Als der Mann auf dem edlen Tier aufsaß, änderte sich seine Haltung vol l kommen, er wirkte mit einem Mal, als habe er nie etwas anderes getan, als die prächtig s ten Pferde zu reiten. ‚Vielleicht ein ehemaliger Gutsherr’, dachte sie. Das Schicksal schien ihm wirklich übel mitg e spielt zu haben.
    Als Sinja in dem kleinen Dorf ankam, wurde sie sofort von einer Vielzahl von Menschen umringt, die begierig wart e ten, dass sie die Plane von dem Wagen lösen und dessen Schätze ans Tageslicht bringen würde. Fast wäre es dennoch schie f gegangen, denn plötzlich wurden Stimmen laut, und ein Mann fragte deutlich vernehmbar: „Sag, schöne Frau, ist dies nicht der Wagen von Egodow?“
    Die meisten wichen erschrocken ein Stück zurück – ihr Reisegefährte schien nicht gelogen zu haben, sie kannten se i nen Namen.
    „Ich zähle keinen Egodow zu meinen Freunden oder Ve r wandten, wie also sollte ich an seinen Wagen kommen?“, gab sie zurück – wozu die Leute belügen, wenn es auch a n ders ging.
    Ein spürbares Aufatmen ging durch die Menge. Als sie das Dorf wieder verließ, hatte sie mehr verkauft als der Mann während der ganzen zwei Wochen, die er unterwegs g e wesen war, wie er ihr b e stätigte, als sie wieder die Pferde tauschten. Er schaffte nur wenige Worte des Dankes – offensichtlich war es ihm unangenehm, sich von einem and e ren Menschen helfen zu lassen –, aber aus seinem Blick konnte sie ve r haltene Freude und Hoffnung gleichermaßen lesen. So sehr sie sich auch für ihn freuen wollte, die Situ a tion, in die sie sich selber gebracht hatte, ließ ihr keine R u he. Es konnte doch nicht angehen, dass sie dazu b e stimmt war, mit diesem Mann herumzuziehen und seine Waren zu verkaufen, nur weil er das Schwert hatte? Nein, das war es ganz sicher nicht, was sie sich von ihrer langen Reise ve r sprochen hatte. Sie wollte Talivan nicht immer nur ans e hen, sie wollte die Waffe berühren und selber tragen. Sie war nicht hier, um fremde Männer von irgendwelchen Fl ü chen zu erlösen oder ihnen gar zu Reichtum zu verhelfen.
    So ritten sie schweigend weiter, wohl beide in ihre eigenen Gedanken vertieft, auch wenn sie bemerkte, dass seine Ha l tung nicht mehr ganz so gebeugt war und seine Miene nicht mehr von dumpfem Brüten zeugte. Auch abends, in einem kleinen, mit Betrunkenen überfüllten Wirtshaus, e r gab sich keine Gelegenheit zu einer ungestörten For t setzung ihres Gespräches, so dass sie ihn erst am nächsten Tag, diesmal bei ihrem gemeinsamen Frühstück, bat, ihr mehr von di e sem Fluch zu erzählen.
    „Ich wurde gewarnt: Wenn bestimmte Umstände einträten, sei mein Leben auf der Stelle verwirkt“, gab er unwillig z u rück.
    „Weißt du, wer den Fluch ausgesprochen hat?“, fragte Si n ja neugierig nach.
    Der Mann schüttelte den Kopf. „Aber Sorkan würde nicht lügen, es muss stimmen.“
    Nun war es an der Frau, sich unbehaglich zu fühlen. Der größte Zauberer dieser Region konnte einen Mann nur warnen, ihn jedoch nicht von dem Fluch befreien? Welche mächtigen Gegner mochte Egodow haben, die selbst Sorkan nicht b e siegen konnte? Doch der Mann wusste darauf keine Antwort, schien auch nicht weiter über dieses Thema reden zu wollen. „Ich habe damals“, sagte er, „dafür gesorgt, dass die notwendigen Umstände

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