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Talivan (German Edition)

Talivan (German Edition)

Titel: Talivan (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andrea Tillmanns
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auch niemals kennenlernen wollte. Nein, ihr Schicksal wäre der Tod gewesen, hätten die Gaukler sie nicht mitgenommen und nach langer Reise den Schwestern im Kloster zu Ar a lei übergeben. Und dennoch hatte sie sich von den Geschic hten von der Westküste immer angezogen gefühlt und ihnen gerne gelauscht, und jetzt schien sich auszuzahlen, was sie in all den Jahren e r fahren hatte.
    Sie schaffte ein verkrampftes Grinsen, bevor sie fragte: „Was führt dich so weit von deiner Heimat fort?“, ohne zu wissen, wo diese Heimat liegen mochte, vielleicht würde er es ihr ja verraten.
    „Nun“, er plusterte sich auf, „ich bin ein Händler. Habe schon jede Menge Profit gemacht, hat sich gelohnt, die Reise.“
    Sie hielt ihn nicht für dumm, seine Wortwahl war wohl e her auf die Gewohnheiten hier im Westen zurückzuführen und auf das Bier, das er schon geleert hatte, während sich auf dem ihren der Schaum unberührt hatte auflösen können. Und irgendwie überkam sie die seltsame Gewissheit, dass er nicht immer so gewesen war wie jetzt, dass es in seiner Vergangenheit dunkle Schatten gab, vor denen er seit Ja h ren floh und die sich in seinem Leben eingenistet hatten; dass die ganze ekelhafte Maske seine Art war, sich gegen etwas Unbegrei f liches zu wehren. Dennoch konnte sie nicht umhin, ihn auch weiterhin abstoßend und widerwärtig zu finden. Mochte es für sein Benehmen auch zahlreiche Entschuldigungen geben, sie war nicht bereit, sich damit auseinanderzusetzen. Er trug Talivan, das Einzige, was sie je wirklich gewollt hatte, und das Einzige, was jetzt zählte. ‚Nein’, dachte sie, ‚es ist keine Habgier. Talivan gehört zu mir, wie etwas, das ich immer gesucht und nun endlich g e funden habe.’
    Bevor er die Gelegenheit ergreifen und sie nach Dingen fragen konnte, die sie nicht wusste, redete sie weiter: „Darf ich fragen, womit du handelst?“
    Die Frage schien ihm unangenehm, er antwortete erst nach kurzem Zögern ausweichend: „Mit allerlei Dingen eben …“
    Nichts Wertvolles, soviel stand fest. Wozu trug er dann das Schwert? Ganz sicher nicht, um Überfälle abzuwehren, wenn er überhaupt in der Lage war, es zu handhaben. Er brauchte es ebenso wenig wie ein fahrender Gaukler oder Spielmann oder ein Bauer, der in der nächsten Stadt sein Getreide auf dem Markt feilbieten wollte. Nein, es musste einen anderen Grund geben, warum er es, wie auch immer er es erhalten haben mochte, nicht schon längst versetzt und von dem Erlös Bier oder Kleidung erstanden hatte. Talivan schien nicht nur für sie etwas ganz Besonderes darz u stellen, mehr als ein bloßes Schwert.
    Aber für solche Fragen war es zu früh, viel zu früh. Zwar sah sie in seinen Augen keine Verschlage n heit, und sicher arbeitete auch das Bier für sie, dennoch wagte sie nicht, ihn mit einem unbedachten Wort misstrauisch werden zu lassen. So fragte sie nur mit bemühter Freundlichkeit: „Verrätst du mir auch deinen Namen, jetzt, wo wir z u sammen trinken und reden?“
    „Egodow“, antwortete er, in einem merkwürdigen Ton, als habe er den Namen lange nicht mehr genannt und müsse ihn nun mühsam, Laut für Laut, seinem Gaumen entringen. Sein Blick hatte sich geändert, schien nun fast resigniert, das Grinsen verschwunden. Sie war sich nicht sicher, ob er trotz seines Rausches begriffen hatte, dass sie nicht die ei n fache Gespielin war, als die er sie sich wohl erhofft hatte, oder ob sein Name hier bekannt war. Sicher, sie war im Westen g e boren, gewiss stammten auch ihre Eltern aus der Umgebung von Jhalia, er musste aufgrund ihres Äußeren davon ausgehen, dass sie, so er ein bekannter Mann war, nun alles über ihn wusste, was erzählt wurde.
    „Und du?“, fügte er hinzu, bevor sie weiter ihren Gedanken nachhängen konnte.
    „Sinja.“ Fast hätte sie aus alter Gewohnheit „von Jhalia“ angehängt, hielt sich aber noch rechtzeitig zurück – er mochte Fragen über die Stadt stellen, die sie nicht b e antworten konnte, und dass sie in Aralei aufgewachsen war, brauchte er nicht zu wissen. Natürlich konnte Egodow i h ren Namen nicht kennen, trotzdem saß er für einen Moment wie versteinert, als er ihn hörte. Welche E r innerungen ihr Name auch in ihm geweckt haben mochte, er hatte sich bald wieder in seiner Gewalt. Dennoch war ihr die schnelle Bewegung nicht en t gangen, mit der er den Knauf des Schwertes fasste, und sie nahm sich vor, keine Fragen mehr zu beantworten. Obwohl ein Kampf, von ihm begonnen, die Lösung sein

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