Talk Talk
zusammenhielt, und der Blick über die Landschaft war ihm noch nie so exotisch erschienen: Die Segelboote auf dem Fluß waren wie blütenweiße Servietten auf einem großen blauen Tischtuch, und das Licht fiel in Säulen aus Feuer vom Himmel. Sandman hatte das Radio aufgedreht, der Wagen – ein nagelneuer gelber T-Bird, den er »Der Kanarienvogel« nannte – zog wie auf Schienen durch die Kurven, und sie beide waren high wie sonstwas, und dabei hatten sie nichts angerührt. Es war herrlich. Es war golden. Es war gut, wieder dazusein.
Um kurz nach sechs fuhren sie die lange gekieste Zufahrt hinauf. Die Sonne zitterte durch die Bäume, die Luft war schwer und gesättigt und bot ein ganzes Bukett von Gerüchen dar, die er schon völlig vergessen hatte, vom zarten Duft der Blumen am Weg (wie hießen die eigentlich, Narzissen?) über den Hauch der Ausdünstung einer Stinktierdrüse und den frischen, nassen, unchlorierten Geruch des Regenwassers in der Tonne am Ende des Fallrohrs bis hin zu der durch die Luft treibenden Herrlichkeit von I-a-Fleisch vom Angusrind, das zwei, drei Grundstücke weiter auf einem Grill lag. Peck fühlte sich wie neugeboren. Unbesiegbar. Es machte nichts, daß Sandman und er zwei Flaschen des besten Weins getrunken hatten, der auf einer recht armseligen Getränkekarte in einem recht armseligen Restaurant mit der schönsten Aussicht des Universums gestanden hatte, denn die zweite Flasche, ein auf perfekte Trinktemperatur gekühlter Sauvignon Blanc, der erfrischend kühl, aber nicht so kalt gewesen war, daß man von seinem Körper und dem zarten, butterigen Eichenaroma des Fasses, in dem er gelagert worden war, nichts mehr geschmeckt hätte, hatte seinen stillvergnügten Geist beflügelt und himmelwärts streben lassen. War er betrunken? Nein, keineswegs. Seine Sinne waren geweckt, das war alles. Die Welt sandte Schwingungen aus, und er empfing sie.
Er hatte den ganzen Nachmittag nicht an Natalia gedacht. Nur einmal war kurz der Gedanke aufgetaucht, daß sie zum Abendessen in irgendein Restaurant würden gehen müssen, weil er wirklich keine Zeit hatte, irgend etwas vorzubereiten. Sie hatte den Wagen, also war sie vermutlich einkaufen gefahren, hatte die Kleine abgeholt und mit ihr irgendwo ein paar Sandwiches gegessen. Er dachte an ein Lokal, wo man draußen sitzen konnte, sofern die Moskitos nicht zu schlimm waren – es gab da ein Restaurant in Cold Springs, direkt am Wasser. Vielleicht würden sie das mal ausprobieren.
Das erste, was ihm auffiel, war, daß der Sprenger auf dem Rasen neben dem Haus lief – Madison war in Shorts und T-Shirt durch die wirbelnden Wasserstrahlen getanzt, und er hatte ihr sicher schon zehnmal gesagt, sie solle danach den Wasserhahn zudrehen, denn sonst bildeten sich Pfützen, die den Rasen ruinierten –, und dann sah er, daß Natalia in der Eile, ihre Beute ins Haus zu schaffen, alle vier Türen des Wagens weit hatte offenstehen lassen. Oder nein, es waren nur drei. Eine Verbesserung. Eindeutig. Als Sandman neben dem Mercedes anhielt und den Motor abstellte, stieg Peck aus und warf als erstes die Wagentüren zu, bevor er um die Ecke des Hauses ging, das Wasser abstellte und den Rasensprenger barg. Wobei seine Vans durchnäßt wurden.
Sandman stand grinsend bei den Wagen. Seine Pilotenbrille warf Lichtreflexionen in die Bäume. »Schön, wieder zu Hause zu sein, hm?« sagte er. »Der heimische Herd und so weiter.«
»Willst du mich verarschen?« sagte Peck und tat, als wollte er ihm die leuchtendgelbe Scheibe des Sprengers zuwerfen. »Denn immerhin hältst du den Rekord auf diesem Gebiet, mein Freund. Wie oft warst du verheiratet? Ich meine, ich kenne ja nur Becky...«
»Ja«, antwortete Sandman und wandte sich zum Haus, »aber jetzt bin ich Junggeselle. Aber sag mal, hast du eigentlich noch was von diesem französischen Champagner? Ich finde nämlich, wir sollten das feiern.«
Sie waren in der Küche, und Peck hatte gerade die Folie über dem Korken der Champagnerflasche entfernt, als er aus dem Augenwinkel etwas Ungewöhnliches auf der Arbeitsplatte bemerkte, etwas, was wie ein Stück rohes Fleisch oder so aussah... »Scheiße, was ist das?«
Sandman lehnte am Kühlschrank. Er klappte seine Sonnenbrille mit zwei Fingern zusammen und versenkte sie in der Brusttasche seines Hemds. »Das? Ich weiß auch nicht – sieht aus wie Scheiße von irgendeinem Tier. Waschbären? Ihr haltet hier doch keine Waschbären, oder?«
In diesem Augenblick löste sich das
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