Talk Talk
Rätsel von selbst. Eine Katze, die er noch nie zuvor gesehen hatte – gefleckt wie ein Leopard, mit großen Tatzen und bedächtigen Augen –, schlich in die Küche, gefolgt von einer zweiten, die ihr aufs Haar glich. Die beiden blieben bei ihm stehen, hoben die Köpfe und jaulten disharmonisch nach Futter.
Das ließ seine Sicherungen durchbrennen, er konnte nichts dagegen tun. Katzenscheiße auf der Arbeitsplatte, wo er Essen zubereitete, wo seine Messer und das Schneidbrett lagen, wo das Tee-Ei und das Traubenkernöl und das kaltgepreßte Extra-vergine-Olivenöl aus Ravenna in der Kristallkaraffe standen! Bevor er wußte, was er tat, verlor er, vor Sandmans Augen, die Beherrschung. Sein erster Tritt – eigentlich mehr ein Reflex – erwischte die Katze, die ihm am nächsten stand, und wirbelte sie gegen den Küchenschrank auf der anderen Seite des Raums, der zweite ging ins Leere. »Natalia!« schrie er. Die Katzen waren verschwunden, hatten sich in Luft aufgelöst. »Verdammt, Natalia !«
Sandman schien die ganze Sache recht amüsant zu finden. Er nippte an seinem Glas, als Natalia seelenruhig in die Küche geschlendert kam, die Hände in die Seiten stemmte und Peck ansah. »Du schreist«, stellte sie fest. »Ich mag es nicht, wenn man schreit.«
Er versuchte sich zu beherrschen, gelassen zu bleiben, sich an das zu erinnern, was Sandman ihm im Knast beigebracht hatte, doch es gelang ihm nicht. »Was ist das?« zischte er, außer sich und jenseits aller Beherrschung. »Was zum Teufel ist das, hm?«
Zierlich, schlank, dunkeläugig, mit nackten Füßen und großen Brüsten, über die sich das Stretch-Oberteil spannte – sie behauptete immer, sie seien unbehandelt, doch jetzt wurde ihm plötzlich bewußt, wie leichtgläubig er gewesen war –, ging sie schulterzuckend durch die Küche und riß ein Stück Küchenpapier von der Rolle. »Man nennt es Scheiße«, sagte sie, nahm das stinkende Häufchen und warf es in den Mülleimer unter der Spüle. Dann sprühte sie Desinfektionsmittel auf die Arbeitsplatte und wischte sie mit einem weiteren Blatt Küchenpapier trocken.
»Diese Katzen«, sagte er. »Ich hab nicht... Du hast nicht...«
»Das sind meine Bengalkatzen«, sagte sie, nahm mit einer schwungvollen Bewegung sein Glas von der Theke und stürzte es nach russischer Manier hinunter. »Ich habe heute eine Anzeige gesehen, heute morgen, für Männchen und Weibchen. Aber keine Sorge«, fügte sie hinzu und sah Sandman mit einem Grinsen an, »du wirst sie lieben. Das ist sicher. Aber darum geht jetzt nicht.«
»Darum geht es nicht? Worum geht es denn dann? Wovon redest du überhaupt?«
»Ich habe Hunger. Madison hat Hunger.« Ein weiterer Blick zu Sandman. »Und du hast dich vergnügt ohne mich.«
Abgründe taten sich zwischen ihnen auf, Abgründe der Unvernunft und Bitterkeit, und Peck war jetzt eindeutig sauer. Trotzdem machte er ein Friedensangebot. »Ich dachte, wir gehen in ein Restaurant.«
Sie stand mit dem Rücken zu ihm am Kühlschrank und schenkte sich nach. »Ich möchte nicht ausgehen. Ich möchte zu Hause bleiben. Mit meiner Tochter.« Sie drehte sich zu ihm um, ihre Augen funkelten, und er sah, daß das hier tiefer ging, als er gedacht hatte. Wenn sie jetzt noch seine Mutter ins Spiel brachte, konnte er für nichts garantieren.
»Wir sind gerade erst zurückgekommen«, sagte er. »Ich hab nichts eingekauft. Ich dachte, wir gehen in ein Restaurant.«
Sie ignorierte ihn. Ihr Publikum war Sandman, und sie versuchte, ihn, Peck, schlecht aussehen zu lassen.
»Wenn du so scharf darauf bist, zu Hause zu essen, warum setzt du dann nicht deinen faulen Arsch in Bewegung und machst dich zur Abwechslung mal nützlich?« Er wurde nicht laut, noch nicht, das war nicht sein Stil, aber er spürte, daß der Augenblick nicht mehr fern war. Sie machte ihn fuchsteufelswild: ihr kleines, steinhartes Gesicht, die Art, wie sie in die Ferne sah und das Glas an die Lippen hob, als wäre er gar nicht da. Seine Stimme wurde lauter, er konnte nichts dagegen tun. »Anstatt ununterbrochen irgendwelche Sachen zu kaufen. Anstatt diese Katzen anzuschleppen, damit sie die Küche vollscheißen. Ich frage mich, wo sie noch hingeschissen haben. Sag’s mir.«
Wieder ein Schulterzucken, betonter als zuvor. »Ich werde das Omelett machen, Suppe, alles. Thunfisch. Ich werde Thunfisch machen.« Mit gerecktem Kinn ging sie zum Küchenschrank und begann, mit Töpfen und Pfannen zu hantieren.
Sandman stellte sein Glas ab. »Wißt
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