Talk Talk
Sandman-Nummer ab – immer ein Tick Ironie. Alles war ein Witz, und jeden Satz begleitete ein Lächeln, als könnte er einfach hinaufgehen und sich fünfzig Tassen Kaffee einschenken, wenn er wollte, als könnte er hier einziehen oder sich den Wagen leihen und damit nach Maine fahren oder um einen halben Liter Blut bitten und ihn sofort und ohne Umschweife erhalten. Er testete. Er testete, um zu sehen, ob man noch im Spiel war. Und wie in Greenhaven konnte das Spiel auch brutal sein. Dieses Lächeln, dieses Sandman-Lächeln, konnte einen auf hundert Schritte Entfernung erstarren lassen.
»Scheiße«, sagte Peck und ignorierte ihn, »ich hab mir das Hemd ruiniert.«
»Dann kauf dir eben ein neues.«
»Wenn du nicht hier herumschleichen würdest wie so ein Typ vom Gaswerk –«
»Ich? Ich schleiche doch gar nicht. Scheiße, ich bin mit offenem Verdeck hergefahren, weil es nämlich ein Hammer von einem Tag ist, und ich hab die Tür zugeknallt und bin den Weg entlanggestampft wie Paul Bunyan. Hier« – er hob den Fuß –, »Stiefel, siehst du? Ich stapfe und stampfe schon den ganzen Morgen, Mann.«
Peck saß noch immer auf dem Schreibtischstuhl und tupfte noch immer an seinem Hemd herum. Er griff nach einem neuen Papiertuch. »Ich hab Dudley getroffen«, sagte er.
Sandman sah ihn fragend an.
»Ein Typ, den ich mal kannte, so ein Jungspund – hat mal im Restaurant gearbeitet. Ich hab ihn drüben, in Newport, getroffen, er arbeitet da als Bedienung.«
Sandman stieß einen Seufzer aus. »Das ist es also? Das macht dir Sorgen?«
Man hörte das Jaulen eines Motorrads auf der Straße, das Knattern und Winseln eines Zweitakters beim Gangwechsel. Irgendein Idiot, der mit seiner Geländemaschine bei den Bahngleisen Achten fahren wollte. Sie sahen auf und lauschten auf das Geräusch. »Ich weiß nicht«, sagte Peck. »Ich will bloß keinen Ärger, das ist alles. Ich will nicht, daß gequatscht wird, verstehst du?«
»Du hast ihm doch nicht deine Visitenkarte gegeben, oder? Deine Privatnummer? Deine E-Mail-Adresse? Deine Kontonummer?« Sandman zog die Schultern hoch und drehte die Handflächen nach oben. »He, Mann, mach dir keine Sorgen. Er weiß nicht mal, wie du heißt.« Er hielt inne und klopfte seine Taschen ab, als suchte er nach Zigaretten, aber da er nicht mehr rauchte, ließ er die Hände in den Schoß fallen. »Was hast du ihm denn erzählt?«
»Was glaubst du wohl?«
»Okay, okay. Scheiß drauf.« Sandman erhob sich und schüttelte die Beine aus, als hätte er gerade sechs Stunden auf dem mittleren Sitz eines Flugzeugs verbracht. »Ich möchte erstens wissen, wo mein Kaffee bleibt, und ob du zweitens Lust hast, am schönsten Tag seit Menschengedenken eine kleine Spritztour zu machen, mit offenem Verdeck und dem Fahrtwind im Haar.«
»Wohin? Zur Bibliothek?« Peck stemmte sich hoch und reckte sich. Er tupfte noch ein letztes Mal auf den Kaffeefleck und warf das Papiertuch und die Zeitung in den Papierkorb.
Und da war das Grinsen, das breite Grinsen. »Ja, genau das schwebt mir vor. Vielleicht über die Brücke nach Highland Falls oder so, Monroe, Middletown – da gibt’s doch eine Bibliothek, oder?« Jetzt war ein zweites Motorrad zu hören, oder vielmehr zwei Motorräder – da war ein regelrechter Mini-Motocross im Gang, der Sommermorgen wurde der Länge nach und dann noch einmal quer durchgesägt. Sandman verlagerte sein Gewicht und legte die Fingerspitzen vor der Nase zusammen. »Keine große Sache, nichts Anstrengendes. Wir hängen uns bei denen ein paar Stunden ins Netz und machen ein bißchen Geld, du weißt schon. Und danach essen wir vielleicht zu Mittag, trinken ein paar Bier oder eine nette Flasche Wein... Ich meine, wenn Natalia dich nicht braucht, um Möbel herumzuschieben oder so. Wie wär’s mit dem Laden an der 9W, wo man draußen sitzen und über das ganze Tal sehen kann?«
»Wie die Götter?« Peck lächelte jetzt ebenfalls. Ganz gleich, woher die Anspannung gekommen war – sie war von ihm abgefallen wie ein nasser Mantel im Foyer eines guten Restaurants.
»Genau«, sagte Sandman. »Wie die Götter.«
Sandmans neuester Plan stand auf einem soliden Fundament aus Nachforschungen (»Nachforschungen, die ich angestellt habe, während du es in Kalifornien hast krachen lassen«, sagte er, aber mit einem Grinsen, immer mit einem Grinsen) und war sowohl logisch als auch finanziell schlüssig. Anstatt wahllos nach Identitäten zu fischen – im Internet, im Müll oder indem man
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