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Talk Talk

Talk Talk

Titel: Talk Talk Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: T.C. Boyle
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»Gestern war ein Alptraum.«
    Gestern?
    »Am Bahnhof. Als er... Ich hab mich zu Tode geängstigt. Buchstäblich zu Tode geängstigt.« Sie sah sein Gesicht und hielt inne. »Das weißt du gar nicht? Hat sie es dir nicht erzählt?«
    Sein Herz klopfte. Die verletzte Seite seines Gesichts pochte. Die Wände bewegten sich auf ihn zu, der Boden gab unter ihm nach – Spezialeffekte, sehr spezielle Spezialeffekte. Was erzählt?
    Sie wollte etwas sagen, die Worte lagen ihr schon auf der Zunge, doch sie besann sich. Sie war barfuß und trug ein Kleid aus einem bedruckten, schimmernden Stoff, mit dem sie seine Mutter beeindrucken wollte. Sie verlagerte das Gewicht auf den hinteren Fuß und stellte sich auf die Zehenspitzen, und dann strich sie sich mit einer Hand durch das Haar und sah ihn mit einem Seitenblick an – eine Geste, die er nur zu gut kannte, eine Dana-Geste. »Komm«, sagte sie und streckte, während sie einen Blick mit seiner Mutter wechselte, die Hand aus, »vielleicht solltest du selbst mit ihr sprechen.«
    An der Tür des Gästezimmers blieben sie stehen. In dem Zimmer herrschte gedämpftes Licht, an den Wänden waren Bücher und Zeitungen gestapelt, auf einem Stuhl lagen Kleider und Unterwäsche. Mit einer einzigen Bewegung öffnete Vera die Tür etwas weiter und schlug sie dann zu. Sie sah ihn mit einem weichen Lächeln an. »Das ist unsere Methode anzuklopfen«, sagte sie und wandte sich bereits ab. »Du kannst reingehen. Ich werde deiner Mutter Gesellschaft leisten – wir haben über vieles zu reden.«
    Dana schlief nicht. Sie saß mit ihrem aufgeklappten Laptop am Schreibtisch, den sie ans Fenster geschoben hatte. Als er eintrat, sah sie ihn an, das Haar aus der Stirn gestrichen, so daß der schmale Bogen der Narbe zu sehen war. Sie war in T-Shirt und Slip und hatte ein Bein untergeschlagen. Auf dem Tisch stand eine Diätcola. »Hallo«, sagte sie lächelnd, stand aber nicht auf.
    Er ging zu ihr, beugte sich hinunter und drückte seine Lippen auf ihre – wortlose Kommunikation. Dann trat er zwei Schritte zurück und setzte sich auf das Bett.
    Sie lächelte noch immer, musterte ihn aber, als hätte sie ihn eine Woche nicht gesehen. »Du siehst« – sie hielt inne – »besser aus. Viel besser. Wie geht es dir?«
    Irgend etwas stimmte nicht, und das störte ihn. Er brauchte mehr als das, mehr Ausführlichkeit, mehr Bestätigung. Er hatte sich für sie geschlagen, er war ihr Soldat, ihr Mann. Schulterzuckend ließ er es auf sich beruhen, und beinahe ohne eigenes Zutun gebärdeten seine Hände: Was war gestern?
    »Ich hätte es dir sagen sollen, aber ich wollte dich nicht aufregen. Du hast geschlafen. Das haben sie mir jedenfalls gesagt.«
    Er sah sie nur an.
    »Er war da. Am Bahnhof. Peck Wilson.«
    Seine Hände waren wie Ziegelsteine. Wie meinst du das? Haben sie ihn geschnappt?
    »Er war einfach da – er muß mir gefolgt sein. Er hat nichts gemacht. Er hat mich bloß... angerempelt. Sonst nichts.«
    Er wollte das wiederholen, eine Frage daraus machen, kannte aber das Verb nicht. Seine Gesichtsmuskeln waren in Bewegung. Was?
    »Nein, sie haben ihn nicht geschnappt«, sagte sie. »Er hat mich bloß angerempelt, wahrscheinlich, um mir zu zeigen, daß er es tun konnte, daß er alles mögliche hätte tun können. Und dann ist er weggegangen und in den Zug gestiegen.« Sie erhob sich halb, streckte das untergeschlagene Bein aus, stellte die Füße auf den Boden und beugte sich vor, so daß ihr das Haar über die Schultern fiel. »Ich weiß nicht – es war seltsam, sehr seltsam, aber ich glaube, er wollte mir damit sagen: ›Es ist vorbei. Laß uns Waffenstillstand schließen.‹«
    Waffenstillstand schließen? Er traute seinen Ohren nicht. Wutentbrannt sprang er auf, ging zum Schreibtisch, auf dem ein Block und ein Kugelschreiber lagen – machte sie sich Notizen? –, und begann zu schreiben. Ungelenk. Mit der linken Hand. Du hast nicht die Bullen gerufen?
    Sie schüttelte den Kopf.
    Oder deine Mutter? Mit dem Handy? Sie hätten ihn am nächsten Bahnhof erwischen können, wir hätten ihn schnappen können.
    Noch immer schüttelte sie den Kopf, energischer jetzt. Ihr Mund wirkte entschlossen, sie sah ihn fest an. »Nein«, sagte sie, »es ist vorbei. Laß ihn ziehen. Das ist es nicht wert. Ich meine, sieh dich an. Sieh dich doch an.«
    Diese Schlußfolgerung erschien ihm nicht logisch. Er versuchte, die einzelnen Fäden miteinander zu verknüpfen, versuchte, zwischen der Prügel, die er eingesteckt

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