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Tallinn-Verschwörung

Tallinn-Verschwörung

Titel: Tallinn-Verschwörung Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: N Marni
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uralter Überlieferungen umgab. In dem Augenblick beschloss sie, die Angelegenheit auf sich beruhen zu lassen, denn sie war die Energie, die sie hineinstecken musste, nicht wert.

VIERZEHN
    A ls Graziella das Portal zum Palazzo ihres Großonkels erreichte, welches mit seiner wuchtigen Tür aus dunkel gebeiztem Holz und den schweren Bronzebeschlägen jeder Festung Ehre gemacht hätte, war sie mit sich und der Welt wieder im Reinen. Kaum aber hatte sie das Haus betreten, sah sie den Sekretär des deutschen Weihbischofs mit abweisender Miene vor der Tür ihres Großonkels stehen.
    Er verzog das Gesicht, weil Graziella statt des strengen Kostüms einer Malteserin Jeans und ein T-Shirt mit einer aufgedruckten Madonnenfigur trug, und machte einen Schritt in ihre Richtung. Sie wich zur Seite, um einer Berührung zu entgehen.
    »Die Herren unterhalten sich und wollen nicht gestört
werden, habe ich recht?« Mit diesen Worten eilte sie zu ihrem Zimmer. Diesmal verschloss sie die Tür vorsichtshalber und nahm den Horchposten im Schrank wieder ein. Vergessen war ihr Entschluss, die Sache auf sich beruhen zu lassen.
    Die Stimme des Weihbischofs Winter scholl ihr so laut und hämmernd entgegen, als würde er mit einem Megaphon in den Schrank hineinsprechen.
    »… hat bereits begonnen! Doch wir werden nicht einfach die Hände in den Schoß legen und wie Schafe darauf warten, zur Schlachtbank geführt zu werden. Unsere Macht ist in den letzten Jahren gewachsen, und schon bald werden wir in der Lage sein, es unseren Ahnen gleichzutun: Wir werden das Kreuz nehmen und den Kampf aufnehmen!«
    »Seine Heiligkeit bezweifelt, dass Gewalt etwas bringt«, wandte Kardinal Monteleone ein.
    Winter kommentierte diesen Ausspruch mit einem verächtlichen Schnauben. »Der Heilige Vater ist ein alter Mann, und – man möge mir verzeihen – senil geworden. Eingeschlossen im Vatikan sieht er alles in einem verklärten Licht. Die Wahrheit stellt sich anders dar. Die Kräfte des Islam haben sich längst für den bewaffneten Krieg entschieden, und in Europa kapitulieren viel zu viele vor dieser Bedrohung. Doch wir werden unseren Glauben und unsere Kultur verteidigen. Es ist unsere Pflicht, jene auszuschalten, die sich gegen uns stellen.«
    Ein Osama bin Laden hätte kaum anders sprechen können, fuhr es Graziella durch den Kopf. Dennoch empfand sie eine mit Abscheu gepaarte Faszination. Dem tedesco gelang es, seine im Grunde abstrusen Theorien in ein Gewand zu kleiden, das bei schlichteren Gemütern verfangen musste. Nicht umsonst hatte die Azione Nazionale, ein Sammelsurium rechtsradikaler Gruppen, bei der letzten Wahl zum Abgeordnetenhaus mehr als sechzehn Prozent der Stimmen
gewonnen. Deren Mitglieder hätten Winters Worte mit johlendem Beifall quittiert.
    Kaum war Graziella diese Überlegung durch den Kopf geschossen, da klang die Stimme ihres Großonkels auf. »Soll ich deshalb ein Zusammentreffen mit Fiumetti in die Wege leiten? Willst du ihn für deine Sache begeistern, Bruder Francesco?«
    Fiumetti war der Anführer der radikalsten rechten Gruppierung im Parlament und in Graziellas Augen einer der unsympathischsten Männer Italiens. Sie horchte nun gespannt auf das, was der Weihbischof antworten würde.
    »Unsere Sache, Bruder Giuseppe, unsere Sache!«, wies Winter den Kardinal sanft, aber mit Nachdruck zurecht. »Wir müssen jene um uns sammeln, die wir zu unseren Waffen machen können. Die Azione Nazionale zählt ebenso dazu wie andere Gruppierungen, die sich gegen die schleichende Unterwanderung des christlichen Europas durch die Islamisten stemmen. Wir müssen uns wieder an die Spitze des Kampfes setzen, so wie es unsere Brüder auch schon lange vor uns getan haben.
    Wir werden uns nicht dem Willen jener Narren beugen, die von irregeleiteten Menschen an die Spitze der europäischen Regierungen gewählt worden sind und die nun dem Antichristen durch die Aufnahme der Türkei in das christliche Europa Tür und Tor öffnen wollen. Nein, Bruder Giuseppe, die Zeit ist reif, selbst die Herrschaft über die Völker zu übernehmen und sie wieder dem Licht des Glaubens zuzuführen. «
    Der Mann ist verrückt, sagte sich die heimliche Lauscherin. Zwar mochte es genug Menschen in Europa geben, die ähnlich dachten, doch selbst die schlimmsten Eiferer träumten nicht davon, die Regierungen eines ganzen Kontinents zu stürzen und einen fundamentalistischen Glaubensstaat zu
errichten, der wahrscheinlich mehr mit Khomeinis Iran gemein hätte als mit der

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