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Tallinn-Verschwörung

Tallinn-Verschwörung

Titel: Tallinn-Verschwörung Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: N Marni
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Kollegen der US Army würde Ihrer Karriere gewiss nicht schaden.« Wagner versuchte erneut den Panzer zu durchbrechen, mit dem sich sein Leutnant umgeben hatte.
    Torsten schüttelte sich einen Moment und drehte sich dann zu seinem Vorgesetzten um. »Ich habe drei Monate Sonderurlaub und keinerlei Interesse daran, München zu verlassen.«
    »Verdammt, Renk! Andrea ist tot, und Sie sollten sich wieder der Zukunft zuwenden. Von Ihrem sinnlosen Herumsuchen wird sie auch nicht wieder lebendig.«
    Torsten entblößte in unterbewusster Abwehr die Zähne. »Da haben Sie recht, Herr Major. Aber ich kann den Kerl erwischen, der für ihren Tod verantwortlich ist.«
    »Die Kripo hat keine Anhaltspunkte gefunden, die auf einen Mord hindeuten, und die Kollegen haben bestimmt sorgfältig gearbeitet, weil sie wussten, dass wir ihnen auf die Finger schauen.«
    Wagner wünschte, er hätte die Macht, Renk den Flug in die Vereinigten Staaten zu befehlen. Hauptsache, der Leutnant
käme in einer anderen Umgebung dazu, sich auf sich selbst zu besinnen. Die sture Paragraphenreiterei, die einem auch bei seiner Dienststelle das Leben schwer machte, ließ es jedoch nicht zu. Renk war erst vor kurzem von einem Auslandseinsatz zurückgekommen und hatte ein Anrecht auf Urlaub und Erholung. Nur ein Befehl von ganz oben konnte daran etwas ändern.
    Verärgert, weil er nichts tun konnte, polterte er los. »Dann rennen Sie doch weiter durch München! Aber eines sage ich Ihnen: Wenn Sie Unsinn machen, werde ich Sie nicht decken! «
    Wagner überlegte, ob er Renk auffordern sollte, seine Waffe abzugeben, doch als MAD-Mitarbeiter in vorderster Front hatte dieser das Recht, sich jederzeit selbst schützen zu können, und zum anderen gab es genug Spelunken, in denen er nicht nur sich selbst, sondern ein kleines Heer mit allen möglichen Schusswaffen ausrüsten konnte.
    »Melden Sie sich bei mir, wenn Sie mich brauchen. Meine Nummer haben Sie ja.« Mit diesem halben Zugeständnis klopfte Wagner seinem Untergebenen auf die Schulter und ging.
    Torsten sah ihm einen Augenblick lang nach, dann griff er in die aufgeschüttete Erde, nahm eine Handvoll und ließ sie langsam auf den Sarg rieseln. »Lebe wohl, Andrea, und verzeih mir alles, was ich dir angetan habe!«
    Tränen stiegen in ihm auf, und der Gedanke, sie könne gestorben sein, weil sie seine Freundin gewesen war, brannte wie Feuer in seinem Innern. Doch anders, als Wagner vermutete, würde er nicht mehr sinnlos durch Münchens rechtsradikale Sammelpunkte streifen, sondern das Wissen anwenden, das er sich in etlichen Jahren Bundeswehr und später beim MAD angeeignet hatte.

ACHTZEHN
    A ls Nächstes suchte Torsten Andreas Apartment auf. Er war vor ihrem Tod bereits zweimal dort gewesen, doch als er mit dem Schlüssel, den ihm der Hausmeister ausgehändigt hatte, die Tür öffnete und eintrat, hatte er das Gefühl, eine völlig fremde Wohnung zu betreten. Dabei kannte er fast jeden Gegenstand, angefangen bei dem kleinen Tischchen, auf den Andrea beim Betreten der Wohnung immer ihren Rucksack gelegt hatte, über die hölzerne Garderobe, an der neben einigen ihrer eigenen Sachen auch noch die Regenjacke hing, den er bei seinem letzten Besuch vergessen hatte, bis hin zur Couch, die sich zum Bett ausziehen ließ. Davor lag der Flokati-Teppich, auf dem sie sich in ihrer früheren Wohnung oft geliebt hatten. In den wenigen Tagen seit seiner Rückkehr aus Afghanistan waren sie nicht mehr intim geworden, denn Andrea hatte von ihm gefordert, sich vorher zu entscheiden, ob er für sie oder für seine Karriere leben wollte.
    Mit einem bitteren Gefühl dachte er daran, dass diese Entscheidung nun nicht mehr in seiner Hand lag. Torsten schloss geräuschlos die Tür hinter sich und ging weiter. Der winzige Beistelltisch war neu, ebenso der Computer darauf. Auf dessen Bildschirm hatte Andrea die Mails gelesen, die er ihr aus dem Hindukusch geschickt hatte. Viele waren es nicht gewesen, denn wegen der häufigen Einsätze war er selten öfter als ein- oder zweimal im Monat ins Lager in Shülgareh gekommen.
    Er strich mit der Hand über den kühlen, schwarzen Kunststoff der Tastatur und schaltete aus einem Impuls heraus den Computer ein. Es war nicht schwer, aber schmerzhaft, Andreas Passwörter herauszufinden, denn sie hatte seinen Namen benützt und damit gezeigt, wie sehr sie ihn trotz des
Streits wegen der Verlängerung seines Einsatzes in Afghanistan geliebt hatte. Torsten wischte sich eine Träne aus den Augen und

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