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Taltos

Taltos

Titel: Taltos Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Steven Brust
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aus, seit der nördliche Pier, den man Kierons Wache nannte, vor einigen Jahrhunderten ins Meer gestürzt ist.
    Vom südlichen Pier aus kann man vielerorts sitzen und wunderbar die Wellen brechen und Schiffe an- und ablegen sehen und dergleichen mehr. Ich weiß noch, wie ich genau das tat und über nichts Besonderes nachdachte, als ein Dragaeraner – ein Orca und wahrscheinlich Seemann – auf mich zugetorkelt kam.
    Ich habe mich zu ihm umgedreht und ihn gemustert und mich dann entschieden, ihn für betrunken zu halten.
    Außerdem war er, glaube ich, ziemlich alt. Jedenfalls hatte sein Gesicht sich in eine Rosine verwandelt, was bei Orca normalerweise erst passiert, wenn sie
    mindestens ein paar Tausend Jahre alt sind.
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    Als er auf mich zukam, bemerkte er mich, und ich trat aus instinktivem Mißtrauen Dragaeranern gegenüber ein paar Schritte vom Abhang des Kliffs zurück. Das fiel ihm auf, und er lachte. »Ach so, Milchbart, du wolltest heute also nicht schwimmen gehen?«
    Nachdem ich schwieg, sagte er: »Antworte mir. Willst du schwimmen gehen oder nicht?« Mir fiel keine
    Erwiderung ein, also schwieg ich weiter und beobachtete ihn. Er brummte daraufhin: »Vielleicht solltest du einfach abhauen, Milchbart, bevor ich dich schwimmen schicke, ob du willst oder nicht.«
    So genau weiß ich nicht, warum ich da nicht gegangen bin.
    Ganz sicher hatte ich Angst – dieser Mann war viel älter als die Kerle, mit denen ich mich sonst
    herumschlagen mußte, und härter sah er auch noch aus.
    Aber ich bin einfach stehengeblieben und habe ihn beobachtet. Er machte einen Schritt auf mich zu, vielleicht um mich zu verscheuchen. Da nahm ich meine Lepip aus der Hosentasche und hielt sie locker in der Hand. Er starrte darauf und fing an zu lachen.
    »Du meinst, du könntest mir damit einen überziehen, stimmt’s? Hier, ich zeig dir mal, wie man so’n Ding benutzt.« Und er kam mit ausgestreckter Hand auf mich zu, um sie mir wegzunehmen.
    Am stärksten ist mir die kalte Erregung in der Magen-gegend in Erinnerung, als mir klar wurde, daß ich mir meine Waffe nicht wegnehmen lassen würde. Hier ging es nicht um einen Haufen Jungs, die ihren Spaß haben und ihren Ärger auf was auch immer an irgend jemandem auslassen wollten – der Kerl war ein erwachsener Mann.
    Ich wußte, daß ich mich auf etwas einließ, das
    weitreichende Folgen haben würde, wenngleich ich das damals nicht so hätte ausdrücken können.
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    Jedenfalls habe ich ihm, sobald er in meine Reichweite kam, einen Schlag auf die Schläfe verpaßt. Er kam ins Taumeln und fiel auf die Knie. Dann sah er mir in die Augen, und ich wußte, daß es jetzt nicht mehr nur um eine Tracht Prügel gehen würde, nein, jetzt würde er mich umbringen, wenn er die Gelegenheit bekäme. Er rappelte sich hoch, und ich ging wieder mit der Lepip auf ihn los. Der Schlag ging daneben, doch er stürzte nach hinten, rollte sich ab und kam wieder auf die Knie.
    Er stand mit dem Rücken zum Kliff, das etwa zwei Schritte hinter ihm abfiel. Als er einen weiteren Versuch unternahm aufzustehen, trat ich auf ihn zu und schob ihn mit der Lepip ganz bedächtig nach hinten.
    Er hat den ganzen Fall nach unten geschrien, und durch den Lärm der brechenden Wellen konnte ich seinen Aufprall nicht hören.
    Dann steckte ich die Lepip wieder weg und ging
    geradewegs nach Hause, wobei ich mich fragte, ob ich jetzt irgendwas fühlen sollte.

    »… Komm schon, Boß, Zeit aufzustehen. Da stehen sechs Dragonkrieger, die dir ans Leder wollen. Auf geht’s!
    Steh lieber auf, vor der Tür ist ein Dzurheld, der nach seiner Tochter fragt. Also, Boß, wach auf! Das Große Meer des Chaos ist gerade nebenan aufgetaucht, und es will, daß du einen besseren Blick darauf hast.
    Aufwachen, aufwachen.«
    Mitten in der Nacht in einem feuchten Vorratsschrank zwischen getrockneten Kethnarippchen und einem
    Schmalzfaß eingeklemmt von einem großmäuligen Jhereg wachgerüttelt zu werden, der einem kluge Sprüche ins Gehirn donnert, ist nicht unbedingt empfehlenswert.
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    »Schon gut, es reicht, Loiosh.«
    Ich stand auf, streckte mich besorgt über die
    Geräusche, die meine Gelenke machten, aber das war unnütz. Ich beugte mich über dies und kontrollierte das.
    Dann kroch ich zur Tür und lauschte ein paar Minuten, um sicherzugehen, daß draußen niemand war. Schließlich machte ich sie auf, es war noch immer genug Öl auf den Scharnieren. Dann links den Gang hinunter, achtzehn Schritte, Tür schmieren, aufmachen.
    Ich war im

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