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Taltos

Taltos

Titel: Taltos Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Steven Brust
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Organisation arbeiten.
    Ich hatte einen Auftrag bekommen. Wie er im einzelnen lautete, war noch nicht klar, nur daß ab und an Gewalttätigkeiten dazugehören würden, zum Beispiel heute. Ich war ein Mensch und folglich kleiner und schwächer als die Dragaeraner um mich herum. Dennoch hatte ich keine Angst vor ihren Angriffen, weil ich wußte, daß ich ihnen weh tun konnte. Das hatte ich schon. Öfter als einmal.
    Jetzt würde ich zum erstenmal dafür bezahlt werden, und das machte mir ganz und gar nichts aus. Egal, was aus mir wird, die Erinnerung an den Weg von meiner klitzekleinen Wohnung zu dem Schuhmacher, bei dem ich meinem zukünftigen Partner vorgestellt werden sollte, wird mir immer in Erinnerung bleiben. Ein gerade geschlüpfter Jhereg, den ich zu meinem Vertrauten machen würde, schmiegte sich an meine Brust, den Reptilienkopf an meinem Hals, die Flügel
    zusammengefaltet und festgekrallt an meiner Weste. Ab und zu konnte ich ihn in Gedanken ›hören‹, wie er nach mir rief: »Mama?« Dann sandte ich ihm beruhigende Gedanken zurück, die komischerweise nicht mit meiner eher aggressiven Grundhaltung in Konflikt gerieten.
    Es war einer dieser Tage, die man später im Rückblick als Wendepunkt sieht. Nur habe ich das damals schon gewußt.
    An jenem Tag geschahen magische Dinge. Immer
    wenn ich mit dem linken Arm schlenkerte, konnte ich das Heft eines Dolches am Gelenk spüren. Bei jedem Schritt 110
    stieß mir das Rapier ans linke Bein. In der kühlen Luft lag der Geruch des Meeres. Meine Stiefel waren so neu, daß sie gut aussahen, aber schon alt genug, daß sie bequem waren. Mein Umhang war alt und zerschlissen, aber er war Jhereg-grau, und ich konnte fühlen, wie er hinter mir flatterte. Der Wind blies mir die Haare aus dem Gesicht. Nachmittägliche Ruhe lag über den
    Straßen. Die meisten Gebäude waren geschlossen, und aus dem hohen Wohnkomplex zu meiner Linken ragte ein Schatten unnatürlich hervor. Ich blieb stehen und sah, wie er mich heranwinkte.
    Ich ging hin und sagte: »Hallo, Kiera.«

    Morrolan zog ein angewidertes Gesicht. Das konnte er ganz gut. Dann sagte er: »Sethra, versuch du’s mal.«
    Sie nickte, energisch, geschäftsmäßig. »Morrolan hat eine Cousine; sie heißt –«
    »Aliera. Das hab ich mitgekriegt.«
    »Aliera wurde in der Explosion in Dragaera-Stadt gefangen, die das Imperium zum Zerfall brachte.«
    »Gut. Soweit komme ich mit.«
    »Es ist mir gelungen, sie zu retten.«
    »So, und da steige ich aus. Hat Morrolan nicht gesagt, sie wäre tot?«
    »Nun, ja.«
    »Na, dann ist ja alles klar.«
    Sie trommelte mit den Fingern auf die Sessellehne.
    »Verstehst du das besser als ich, Loiosh?«
    »Sicher, Boß. Ich habe schon begriffen, daß du es hier mit einer Bande Matschbirnen zu tun hast.«
    »Oh, vielen Dank.«
    111
    Schließlich sagte Sethra: »Der Tod ist nicht so einfach und geradeaus, wie Ihr vielleicht glaubt. Sie ist zwar tot, doch ihre Seele wurde bewahrt. Seit dem Interregnum war sie verloren, aber wir haben sie ausfindig gemacht, mit Eurer Hilfe und der Hilfe von… naja, von anderen.
    Gestern wurde sie schließlich wiederbeschafft.«
    »Schön und gut. Warum dann der Ausflug zu den
    Fällen der Toten?« Als ich diese Worte aussprach, mußte ich ein Schaudern unterdrücken.
    »Wir benötigen für unsere Arbeit eine lebendige Seele, wenn nicht gar einen lebendigen Körper. Der Körper wäre besser, aber die Totenbeschwörerin kann uns… äh, etwas besorgen.« Ihre Stimme verlor sich, und
    Betroffenheit machte sich auf ihrem Gesicht breit.
    »Da geht’s doch schon wieder los«, meinte ich. »Erst sagt Ihr, Ihr habt die Seele, dann heißt es –«
    »Die Seele«, unterbrach Sethra, »ist nicht so einfach und geradeaus, wie Ihr vielleicht glaubt.«
    »Toll«, sagte ich. Ich bin nicht sicher, aber ich glaube, Chaz hat in diesem Moment kurz gegrinst. »Also gut, wie ist sie in den Stab gelangt?«
    »Das ist kompliziert. Aber Loraan hat sie dorthin gebracht. Er hat sie kurz nach dem Interregnum entdeckt, in einem Kornfeld irgendwo. Dann –«
    »Wie konntet Ihr wissen, wie der Stab aussieht?«
    Sie warf mir einen abschätzigen Blick zu. »Die Grund-lagen der Vorausahnungen habe ich schon drauf, vielen Dank.«
    »Oh. Naja. Entschuldigung, daß ich überhaupt lebe.«
    »Unter Umständen.«
    »In was für einem Zustand befindet sich ihre Seele dann jetzt?«
    112
    Sie schwieg einen Augenblick. Dann sagte sie: »Hattet Ihr jemals Anlaß, eine Morgantiwaffe zu verwenden?«
    Mit

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