Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Taltos

Taltos

Titel: Taltos Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Steven Brust
Vom Netzwerk:
Dann stellte er es ab, und Loiosh machte sich darüber her, wobei er sich seiner besten Tischmanieren befleißigte. Weder Sethra noch Morrolan schien es zu stören, mit ihm zu essen.
    »Diese Leute sind schon in Ordnung, Boß.«
    »Das habe ich auch gerade gedacht.«
    Was mich dabei allerdings noch viel mehr erschreckte, war der Anblick von Lord Morrolan, Zauberer und Hexenmeister, Herzog des Hauses der Dragon, wie er sich den Honig von den Fingern schleckte. Schade, daß den Dragaeranern keine Bärte wachsen, Morrolan hätte ein schwarzer Ziegenbart mit Honig drin gut gestanden.
    Sollte das alles eine List gewesen sein, damit ich ihrer Bitte um Mithilfe geneigter war, so kann ich nur sagen, es hat funktioniert. Wenigstens fand ich es wesentlich besser als den letzten Plan, den sie ausgeheckt hatten.
    Als die Schalen mit lauwarmem Wasser und die
    dampfenden Handtücher herumgereicht wurden, war ich bereit und willens, mir so ziemlich jeden noch so verrückten Vorschlag von ihnen anzuhören.
    Und er war mächtig verrückt.
    107
    Der Hexenspruch, um einen Vertrauten zu erwerben, ist so alt wie die Hexerei selbst, und er hat so viele Spielarten wie es Vertraute und Hexerfamilien gibt.
    Gemessen an dem, was ich gewohnt bin, ist es eine einfache Beschwörung, doch gehen die Risiken über jene hinaus, die gewöhnlichen Ritualen unter Zuhilfenahme geistiger Energien innewohnen. Man muß zum Beispiel ganz alleine durch die Urwälder laufen. Ich hatte meinen Großvater gefragt, wieso ich nicht einfach einen von den Jheregs, die über der Stadt kreisen, aussuchen könnte, worauf er zurückfragte, ob ich schon mal einen von denen aus der Nähe gesehen hätte.
    Mein Großvater gab mir einen Beutel und
    eindringliche Anweisungen, was ich hineintun sollte, aber nur grobe Andeutungen über Risiken, denen ich aus dem Weg zu gehen hatte. Als ich wissen wollte, warum er da nicht genauer werden wollte, sagte er, weil er es nicht genauer wisse. Das machte mir angst. Ich fragte:
    »Ist das auch bestimmt sicher, Noish-pa?«
    Er antwortete: »Selbstverständlich nicht, Vladimir. Ich sage dir, es lauern dort vielerlei Gefahren. Möchtest du es lieber nicht machen?«
    »Ähmmmm, doch. Ich denke, ich probier’s einfach.«
    Danach verbrachte ich viele Stunden mit dem Studium der wilden Tiere in den Urwäldern westlich von
    Adrilankha. Ich glaube, mein Großvater wußte, daß ich das tun würde, und deshalb hatte er sich auch so ausgedrückt. Dadurch lernte ich eine ganze Menge. Das wichtigste war, alles, was einen verletzen konnte, sorgfältig zu kennen.
    Diese Lektion hat mich bis heute gut erhalten.

    108
    »Moment jetzt mal«, sagte ich. »Noch mal von vorne.
    Warum genau sollte ich meine Sachen packen und mich zu den Pfaden der Toten aufmachen?«

    Wißt ihr noch, wie ihr euch gefühlt habt, als ihr das erstemal mit umgeschnalltem Schwert durch die Stadt stolziert seid? Wie die Scheide gegen eure Beine gestoßen ist? Wie ihr mit der freien Hand alle paar Schritte das Heft angefaßt habt, nur um sicher zu sein, daß es auch wirklich da ist? Wenn ihr das noch nie gemacht habt, versucht es euch vorzustellen. Da geht nichts drüber; eine leise Stimme im Hinterkopf sagt die ganze Zeit: »Jetzt bin ich gefährlich. Ich bin jemand.«
    Wenn ihr euch an das Gefühl erinnern oder es euch vorstellen könnt, überlegt mal, wie ihr euch fühlen würdet, wenn ihr zum erstenmal einen Dolch in den Ärmel gesteckt habt und einen weiteren in die Stiefel und ein paar Schuriken in den Falten des Umhangs verborgen.
    Man kommt sich ganz plötzlich wie, ich weiß auch nicht, wie jemand vor, mit dem man rechnen muß. Klingt das nachvollziehbar?
    Natürlich wird man diese Gefühle in Wirklichkeit nicht nach außen zeigen. Das mußte man mir nie sagen, es ist logisch. Den Anschein von Gefährlichkeit möchte man nicht einmal auf subtile Weise andeuten, lieber verschwindet man.
    Aber trotzdem ist er da. Wenn man mit tödlichen Überraschungen am ganzen Körper herumspaziert, dann sieht man das Leben mit anderen Augen; vor allem, wenn man ein sechzehnjähriger Ostländer in einer Stadt voller Dragaeraner ist. Ein tolles Gefühl.
    Warum ich mit verborgenen Waffen herumgelaufen
    109
    bin? Weil mir jemand, der es wissen sollte, dazu geraten hat. Sie hatte gesagt: »Wenn du für die Organisation arbeitest – und mach dir nichts vor, Vlad, genau das tust du –, ist es besser, wenn du ein paar Überraschungen bei dir trägst.«
    Und genau das tat ich: für die

Weitere Kostenlose Bücher