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Taltos

Taltos

Titel: Taltos Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Steven Brust
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Mal ging ich auch hinein und fand eine leere Sitzecke. Dort trank ich einen Becher Honigwein und verließ den Laden wieder. Loiosh verließ ihn allerdings nicht.
    Ich lief um den Laden herum und fand die Hintertür.
    Verschlossen. Ich frickelte daran herum, und sie war 169
    offen. Vorsichtig trat ich ein. Ein Lagerraum voller Kisten und Fässer und Körbe mit Flaschen, hier könnte ich mich ein ganzes Jahr lang betrinken. Durch einen Vorhang kam Licht. Ich ging hindurch und fand mich in einem Raum mit Gläsern und Tellern und Zeug zum Geschirrspülen wieder. Besonders praktisch war das alles nicht gerade. Ich hätte die Regale links von den Trockengestellen aufgebaut, und… naja, egal.
    In diesem Zimmer war jedenfalls auch niemand, aber durch den braunen Wollvorhang drang das gedämpfte Murmeln des Ausschanks. Diesen Vorhang hatte ich von der anderen Seite aus schon gesehen. Ich ging zurück in den Lagerraum, schob zwei Fässer und eine große Kiste beiseite und versteckte mich.
    Fünf schmerzvolle, verkrampfte, elende Stunden
    später einigten Loiosh und ich uns, daß Kynn nicht mehr auftauchen würde. Wenn das so weiterging, würde ich bald eine Abneigung gegen den Kerl entwickeln. Ich massierte mir die Beine, bis ich wieder laufen konnte, wobei ich hoffen mußte, daß währenddessen niemand durch die Tür kam. Dann verschwand ich wieder durch die Hintertür, die ich sogar wieder verschließen konnte.

    Wir wurden noch zwei weitere Male angegriffen; einmal war es klein und flog, einmal war es ein Tiassa. Keiner von beiden konnte uns etwas anhaben, und beide haben nach einem Versuch von uns abgelassen. Außerdem kamen wir an zahlreiche abknickende oder kreuzende Pfade, an denen Morrolan mit einer hoffentlich
    gerechtfertigten Selbstsicherheit die Richtung wählte.
    Am nächsten grauen Stein entschied sich Morrolan erneut für den Weg nach rechts, wiederum nach einigem 170
    Nachdenken. Ich fragte ihn: »Ist das in etwa der Weg, den du aus dem Buch gelernt hast?« Morrolan antwortete nicht.
    Dann erhob sich gleich rechts neben uns ein fetter, alter, knorriger Baum, von dem ein Ast in vielleicht drei Metern Höhe über den Pfad hing. Ein großer brauner Vogel, den ich als Athyra identifizierte, musterte uns mit einem Auge.
    »Ihr lebt«, sagte er.
    Darauf ich: »Wie kommst du denn da drauf?«
    »Ihr gehört hier nicht her.«
    »Ach so. Tja, das habe ich aber nicht gewußt. Da sind wir wohl bei Bravoura falsch abgebogen. Dann gehen wir doch einfach wieder.«
    »Ihr dürft diesen Ort nicht verlassen.«
    »Jetzt entscheide dich aber mal. Erst sagst du –«
    »Gehen wir, Vlad«, sagte Morrolan. Ich nehme an, daß er seine eigene kleine Unterhaltung mit dem Athyra hatte, parallel zu meiner, aber vielleicht auch nicht. Wir gingen gebeugt unter dem Ast hindurch und weiter auf unserem Weg. Als ich mich umdrehte, waren Vogel und Baum verschwunden.
    Etwas später stand Morrolan vor einem weiteren
    grauen Stein. Dieses Mal seufzte er, sah mich an und geleitete uns links vorbei. Er sagte: »Wir müssen es tun, früher oder später, sonst kommen wir nie an unser Ziel.«
    »Das klingt aber seltsam.«
    »Ja.«
    Und etwas später: »Kannst du mir nicht einen kleinen Tip geben, was uns erwartet?«
    »Nein.«
    »Toll.«
    171
    Und dann fiel ich. Ich fing zu schreien an, hörte wieder auf und stellte fest, daß ich immer noch neben Morrolan herlief, genau wie vorher. Als ich ein bißchen ins Stolpern kam, drehte ich mich zu ihm. Auch er stolperte im gleichen Augenblick, und sein Gesicht wurde ganz weiß. Einen kurzen Moment schloß er die Augen und schüttelte den Kopf, sah mich dann an und lief weiter den Pfad hinab.
    Ich fragte: »Bist du eben gefallen, ganz kurz?«
    »Gefallen? Nein.«
    »Was ist dann mit dir passiert?«
    »Nichts, über das ich reden möchte.«
    Ich habe es dabei belassen.
    Etwas später bin ich in Treibsand getreten. Zuerst habe ich gedacht, es wäre das gleiche wie eben, nur nochmal von vorne, weil ich gemerkt habe, wie ich weitergehen konnte, aber dieses Mal hat das Gefühl nicht aufgehört.
    Morrolan kam neben mir ins Straucheln und sagte:
    »Weitergehen.«
    Und das tat ich, obwohl es mir ein bißchen so vorkam, als würde ich bei jedem Schritt tiefer versinken.
    Außerdem konnte ich Loioshs Panik spüren, was mir nicht gerade half, weil ich mich fragte, was er sehen konnte.
    Da fiel mir ein, daß Loiosh auch meine Angst spürte, also versuchte ich, mich um seinetwillen zur Ruhe zu zwingen, und redete mir ein,

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