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Tamir Triad 01 - Der verwunschene Zwilling

Tamir Triad 01 - Der verwunschene Zwilling

Titel: Tamir Triad 01 - Der verwunschene Zwilling Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lynn Flewelling
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neben dem Körper einer Frau. Das Oberteil ihres zerlumpten Kleides war aufgerissen, sodass ihre schlaffen Brüste hervorlugten, und der Rock war über ihre Oberschenkel hochgeschoben. Die Kinder reckten die Hände empor und weinten um Almosen, aber die Menschen gingen einfach an ihnen vorbei und schenkten ihnen keine Beachtung. Tharin bemerkte, dass Tobin sie anstarrte, und zügelte kurz das Pferd, um einen halben Silbersester in ihre Richtung zu schnippen. Die Kinder stürzten sich auf die Münze und fauchten einander dabei an wie Katzen. Die Frau schlichtete das Gezänk, indem sie sich aufrichtete und sie beide mit einem Klaps verjagte. Dann hob sie mit einer Hand die Münze auf, umfasste mit der anderen eine Brust und schlenkerte sie in Tharins Richtung. Anschließend schlurfte sie mit den hinter ihr herheulenden Kindern davon.
    Tharin sah Tobin an und zuckte mit den Schultern. »Die Menschen sind nicht immer, was sie zu sein scheinen, mein Prinz. Dies hier wird der Weg der Bettler genannt. Sie kommen her, um Landvolk zu neppen, das zum Markt will.«
    Selbst um diese späte Stunde verstopften Karren und Reiter die Straße zum Südtor, doch der Herold blies in seine Silbertrompete, und die meisten räumten den Weg.
    Tobin fühlte sich zugleich verlegen und wichtig, als Tharin den Hauptmann der Garde am Stadttor in seinem Namen begrüßte, als wäre er ein Erwachsener. Als der Junge aufschaute, erblickte er Illiors Halbmond und Sakors Flamme in den Torbogen geschnitzt; ehrfürchtig berührte er sein Herz und den Griff seines Schwerts, als sie darunter hindurchritten.
    Innerhalb der Stadtmauern erwiesen sich die breiteren Straßen als gepflastert und mit Rinnsteinen versehen. Allerdings trug dies wenig dazu bei, den Geruch zu verbessern, weil man beobachten konnte, wie Hausbewohner ihre Eimer mit Schmutzwasser zu den Vordertüren oder aus höher gelegenen Fenstern hinaus entleerten.
    Die zum Palatin führenden Straßen verliefen stetig bergauf, aber die Erbauer der Stadt hatten im Hang Terrassen für die größeren Märkte, Parks und Gärten angelegt. Abgesehen davon stapelten sich die Häuser und Geschäfte den Hügel hinauf wie die bemalten Holzblöcke in Tobins Stadt. Alle waren höher als breit, zumeist vier oder fünf Stockwerke, und aus Holz über Steingrundfesten errichtet, mit Dächern aus gebrannten Ziegeln.
    Trotz all seines Unterrichts war Tobin selten sicher, wo sie sich gerade befanden. Wie Ki gesagt hatte, gab es tausende Seitenwege, die von den Hauptstraßen abzweigten, und keine Möglichkeit zu wissen, in welcher Gasse man sich aufhielt, es sei denn, man erkundigte sich. Froh über seine Begleitgarde ließ er Orun die Spitze übernehmen und wandte die Aufmerksamkeit der Stadt zu, als rings um sie die Nacht hereinbrach.
    Auf den unteren Märkten schlossen die Geschäfte bereits die Läden für die Nacht, höher oben jedoch hatten viele noch geöffnet und wurden mit Fackeln erhellt.
    Bettler, tote Hunde und schmutzige Kinder gab es auch hier noch, doch mittlerweile begegneten sie auch Fürsten und Fürstinnen hoch zu Ross, die Falken mit Kapuzen auf den Fäusten trugen und denen ein Dutzend Diener in Livree folgte. Auch auf Aurënfaie trafen sie, und sie mussten ebenfalls Fürsten sein, denn sie kleideten sich feiner als die Skalaer selbst, und Fürst Orun verbeugte sich im Vorbeireiten vor vielen von ihnen.
    Gaukler und Musikanten in fremdländischen Gewändern traten im Fackellicht auf kleinen Plattformen auf den Plätzen auf. Es gab Maskenspieler und Kuchenverkäufer, Drysier und Priester. Außerdem sah er ein paar Gestalten in Roben, die eigenartige, schnabelartige Vorrichtungen über den Gesichtern trugen; dies mussten die Todesvögel sein, von denen Arkoniel ihm erzählt hatte.
    Händler verkauften ihre Waren von Deichseln, Handkarren und offenen Läden aus. Auf dem Weg über einen breiten Hof sah Tobin dort verschiedene Schnitzer an Ständen arbeiten. Er hätte gerne angehalten und ihnen zugesehen, aber Orun scheuchte ihn hastig weiter.
    Auch Zauberern in Roben und mit Silbersymbolen begegneten sie. Tobin entdeckte einen in den weißen Gewändern, vor denen Arkoniel ihn gewarnt hatte, aber er wirkte nicht anders als die übrigen.
    »Beeilt Euch«, drängte Orun und presste sich einen goldenen Gewürzstrauß an die Nase.
    Sie bogen nach links und folgten einem breiten, ebenen Weg, bis sie den Hafen unter sich sahen, bogen neuerlich ab und erklommen einen Pfad zum Palatintor.
    Der Hauptmann der

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