Tamir Triad 01 - Der verwunschene Zwilling
nächsten lagen. »Skalanischer Stahl und einen tapferen Skalaner, um ihn zu schwingen!«
Dieser Trinkspruch führte zu Gesang, und der Gesang zu weiterem Trinken. Sogar Tobin ließ zu, dass er ein wenig betrunken wurde, bevor Ki ihn angewidert ins Bett schleifte.
K APITEL 42
Als Tobin und Ki ein paar Tage später vom Übungsgelände kamen, fanden sie Tharin und ein halbes Dutzend seiner Männer auf sie wartend vor. Zuerst erkannte Tobin sie kaum. Koni und die anderen trugen neue Uniformen ähnlich jenen der Garde des Königs mit silbernen Abzeichen statt goldenen. Tharin war wie ein Fürst in nüchternes Braun mit schwarzem Besatz gekleidet. Um seinen Hals hing eine Silberkette.
»Mein Prinz«, sagte Tharin, »der Verwalter hat eine Nachricht geschickt und lässt fragen, ob du dein Haus heute begutachten möchtest. Es wurde alles für dich vorbereitet.«
Tobin ging auf ihn zu und wollte ihn umarmen, so froh war er, ein vertrautes Gesicht zu sehen, aber Tharin hielt ihn behutsam davon ab und schüttelte kaum merklich den Kopf. Ki blieb zurück, wenngleich er aussah, als hätte er am liebsten dasselbe wie Tobin getan.
Sie bekamen vom Waffenmeister Ausgang und folgten Tharin in das Gewirr der Adelsbehausungen, das sich auf dem Gelände zwischen den beiden großen Palästen erstreckte.
Das Haus, das Tobins Mutter gehört hatte, erwies sich in Wahrheit als kleiner Flügel an der Außenmauer des Alten Palastes, umgeben von seinen eigenen Mauern und Höfen. Die Gärten innerhalb des Haupthofs wirkten sehr gepflegt, doch kaum befand sich Tobin im Haus selbst, umfing ihn eine seltsame Leere, obwohl die Halle erlesen geschnitzte Einrichtung und bunt bemalte Wände besaß. Ein halbes Dutzend Bedienstete in Livree verneigten sich vor ihm, als er eintrat. Der Verwalter war ein Mann mittleren Alters, der ihm als Ulies vorgestellt wurde, der Sohn des alten Mynirs.
»Ich betrauere deinen Verlust«, sagte Tobin zu ihm.
Ulies verneigte sich erneut. »Und ich den Euren, mein Prinz. Ich empfinde es als Ehre, dass mein Vater Euch und Eurer Familie diente, und hoffe, dasselbe tun zu dürfen.«
Tobin drehte sich langsam um und ließ die große Halle mit ihren alten Anrichten, Behängen und eleganten Schnitzereien an den Balken und Wänden auf sich wirken. Linker Hand führte eine breite Treppe nach oben.
»Dein Vater hat Euch an dem Tag diese Treppe heruntergetragen, an dem du deinen Namen erhalten hast«, verriet Tharin. »Du hättest diese Halle damals sehen sollen – gefüllt mit all den hehren Adeligen Skalas. Der König höchstpersönlich stand genau dort am Fuß der Treppe mit Prinz Korin auf den Schultern. Bei den Vieren, was waren wir alle stolz!«
Tobin schaute zu ihm auf. »Wo war meine Mutter? Ging – ging es ihr damals gut?«
Tharin seufzte. »Nein, Tobin. Es ging ihr nicht gut. Von der Nacht deiner Geburt an nicht mehr, aber das war nicht deine Schuld. Sie blieb damals oben in ihrem Zimmer.«
»Darf ich es sehen?«
»Selbstverständlich. Das ist jetzt dein Haus, du kannst hingehen, wo du willst. Allerdings wurden die Räume oben nicht mehr bewohnt, seit deine Mutter das Haus verlassen hat. Dein Vater und ich haben die Zimmer in diesem Stockwerk verwendet, wenn wir in Ero waren, und für die Männer gibt es Truppenunterkünfte auf dem Hinterhof. Komm mit.«
Tobin sah sich nach Ki um. »Na, los doch!«
Sie befanden sich auf halbem Weg die Treppe hinauf, als Bruder über ihnen auftauchte. Er wartete oben auf sie.
Bruder hätte nicht hier sein sollen. Tobin hatte ihn den ganzen Tag nicht gerufen.
Tatsächlich hatte er ihn seit jener ersten Nacht nicht mehr gerufen, wie et schuldbewusst erkannte. Seither hatte es so viel zu sehen und zu tun gegeben, dass er es vollkommen vergessen hatte.
Dennoch war Bruder hier und starrte ihn mit schwarzen, anklagenden Augen an. Innerlich seufzte Tobin und ließ ihn bleiben.
»Tharin, hast du meinen Zwilling gesehen?«, fragte er. »Den, der gestorben ist?«
»Nein, ich war in jener Nacht in Atyion. Als ich zurückkam, hatte man sich bereits um alles gekümmert.«
»Warum hat Vater nie darüber geredet und mir erzählt, wer der Dämon wirklich ist?«
»Ich weiß es nicht.« Ohne zu bemerken, dass seine Hand Bruders Schulter streifte, hielt Tharin am Kopf der Treppe inne und meinte: »Vielleicht aus Achtung vor deiner Mutter? Sie konnte es nicht ertragen, etwas davon zu hören, vor allem nicht in den ersten Tagen. Sie wurde sonst – regelrecht wild. Und dann kam in
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