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Tamir Triad 01 - Der verwunschene Zwilling

Tamir Triad 01 - Der verwunschene Zwilling

Titel: Tamir Triad 01 - Der verwunschene Zwilling Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lynn Flewelling
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sich neben Ki in einem Gang wieder, der den meisten ähnelte, die er im Alten Palast gesehen hatte, allerdings war dieser hier verfallen. Der Fischteich, der sich in der Mitte erstreckte, war leer und von Laub verstopft, und durch Löcher im Dach funkelten die Sterne. Die vom Regen verwaschenen Überreste der Malereien an den Wänden waren verblasst und blätterten ab. Vor ihnen befand sich ein Doppeltor ähnlich jenem am Eingang des Palastes, doch dieses war mit Gold verkleidet, um die Ränder mit großen Bleistopfen versiegelt und mit förmlich aussehenden Stempeln versehen.
    Hier wirkten ihre Häscher in ihren Gewändern und Perücken nicht mehr ganz so lächerlich.
    »Dies ist der alte Thronsaal, die verbotene Kammer«, verkündete Korin. »Hier ließ die wahnsinnige Agnalain hundert Verräter an einem einzigen Tag hinrichten und trank ihr Blut. Hier nahm sie sich ein Dutzend Gemahle und sandte sie danach ins Verderben. Auf diesem Thron befahl sie, dass fünfhundert Krähenkäfige entlang der Hauptstraße aufzustellen seien, von hier bis Ylani, und dass jeder Käfig zu füllen sei. Noch immer wandelt sie durch diese Hallen, und noch immer sitzt sie auf diesem Thron.« Er hob eine weiße Hand und deutete auf Tobin. »Hier, im Angesicht dieser Zeugen, musst du und dein Knappe dich zu ihr gesellen. Du musst diese Kammer betreten und auf dem Schoß der wahnsinnigen Königin Platz nehmen, oder ihr gehört nicht zu uns und seid keine Krieger!«
    Ihre Begleiter schleiften sie durch eine Nebentür in einen langen Raum, in dem schmale Fenster offen standen. Von hier aus mussten sie auf einen breiten Sims hoch über den Gärten kriechen und durch einen zerbrochenen Fensterladen in den Audienzsaal dahinter klettern.
    In die Kammer zu gelangen, erwies sich als recht einfach, doch kaum befanden sie sich darin, fühlte es sich an, als wären sie in eine schwarze Leere gefallen. Zuerst konnten sie nichts sehen, und der Widerhall jedes Flüsterns und schlurfenden Schrittes schien rings um sie von einem endlosen Raum verschluckt zu werden.
    Tobin hörte die anderen auf dem Sims draußen und wusste, dass sie belauscht wurden. Jemand warf einen der leuchtenden Steine herein, einen winzigen, dessen Licht nur einen Umkreis von wenigen Schritten erhellte. Dennoch war dies besser als gar nichts.
    »Tobin, Sohn des Rhius!«, flüsterte eine Frauenstimme aus der Finsternis.
    Tobin zuckte zusammen, als Ki einen Arm um seine Hüfte schlang.
    »Hast du das gehört?«, murmelte Ki.
    »Ja.«
    »Glaubst du, das ist sie? Königin Agnalain?«
    »Ich weiß es nicht.« Er versuchte zu spüren, was er wahrnahm, wenn sich Bruder in der Nähe befand, doch der Ort fühlte sich nur zugig und verlassen an.
    »Ach komm, sie spielen uns bloß einen Streich. Wenn es wirklich einen Geist gäbe, der uns töten würde, hätten sie uns doch nicht hereingeschickt, oder?«
    »Glaubst du wirklich?«, murmelte Ki zweifelnd, aber er folgte Tobin, als dieser ihm den Leuchtstein reichte und in die Dunkelheit losging.
    Zuerst fühlte es sich an wie ein Schritt von einer Klippe. Aber mit dem Licht des Leuchtsteins hinter ihm und dem Schein der Sterne, der um die Fensterläden zu seiner Rechten hereindrang, konnte Tobin bald Säulenreihen ausmachen, die zu beiden Seiten des länglichen Saals in die Dunkelheit verliefen.
    Dies war Königin Ghërilains Audienzsaal gewesen, ihr Thronraum. Er blieb stehen und rief sich jenen im Neuen Palast ins Gedächtnis. Dort hatte der Thron an jenem Ende des Saals gestanden, das sich am weitesten von den Türen entfernt befand. Hier sollte sich der Eingang zu seiner Rechten befinden, demnach würde der Thron weit links sein.
    »Prinz Tobin!«, rief die gespenstische Stimme. Sie kam allerdings von rechts.
    Abermals hielt er inne und dachte an den Spielzeugpalast, den sein Vater für ihn gebaut hatte. Es war eine schlichte Kiste mit einem abnehmbaren Dach, doch sie hatte den Thronsaal der Königin enthalten. Diesen Raum. Und der Thron hatte in der Mitte gestanden, an keinem Ende – mit der goldenen Tafel des Orakels daneben. Tobin kniff die Augen zusammen und erspähte einen dunklen Umriss zu seiner Rechten, der ein Podest sein mochte. Plötzlich wollte er unbedingt diesen Thron sehen und die goldene Tafel berühren. Selbst wenn es hier einen Geist gäbe, wäre dieser mit ihm verwandt.
    Er drehte sich um und stieß gegen Ki, der zusammenzuckte und ihn abermals umklammerte. »Was ist? Hast du etwas gesehen?«
    Tobin tastete nach der

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