Tamir Triad 01 - Der verwunschene Zwilling
Hörweite des Prinzen in die Enge zu treiben – in den Stallungen, in den Bädern oder selbst beim Üben innerhalb des Schwertkampfkreises – zischten sie ihm zu wie Bergottern: »Wald- und Wiesenritter!«
Erschwerend kam hinzu, dass Moriel, der Junge, dessen Platz Ki eingenommen hatte, eng mit Mago befreundet und ein Vetter von Quirions Knappen Arius war. Augenscheinlich sollte Moriels Ernennung zum Knappen sein Weg in den Kreis der Gefährten werden.
Irgendetwas stimmte an der ganzen Angelegenheit ohnehin nicht, glaubte Ki. Korin schien sich aus einigen seiner Gefährten nicht besonders viel zu machen, obwohl sie von allen als eng verwobene Elite angepriesen wurden, als Vereinigung künftiger Generäle und Berater eines künftigen Königs. Ki fand, dass Korin gut daran täte, sich etlicher von ihnen zu entledigen, sobald er alt genug sein würde, um seine Gefährten selbst auszuwählen.
Das geht mich alles nichts an, hielt er sich vor Augen. Er war Tobins Knappe und rundum zufrieden damit. Nichts, was die anderen Knappen sagen konnten, würde daran etwas ändern.
Zumindest glaubte er das.
Gegen Ende des Rhythin begann Ki allmählich, sich am Tisch zurechtzufinden. Er konnte jedes Gericht eines zwölfgängigen Banketts auftragen, ohne einen einzigen Tropfen zu verschütten, kannte jeweils das richtige Geschirr und war ziemlich stolz auf sich.
Eines Abends, als sich am Tisch nur die Gefährten und Porion befanden, saß Tobin zwischen dem Waffenmeister und Zusthra. Der ältere Junge war immer noch schwierig zu deuten; er wirkte verdrießlich, genoss jedoch hohes Ansehen bei Porion, was Ki als günstiges Zeichen betrachtete.
Tobin schien recht glücklich, wenngleich ruhig. Korin trank und ließ sich über den jüngsten Bericht aus Mycena aus. Anscheinend hatte der König einen plenimarischen Angriff entlang irgendeines Flusses zurückgeschlagen, und alle tranken, um den Sieg zu feiern. Zugleich wurden sie umso trübsinniger, je betrunkener sie wurden, weil sie überzeugt waren, die Kämpfe würden vorüber sein, bevor sie alt genug wären, um daran teilnehmen zu dürfen.
Ki ging weitere Teller holen, und als er zurückkehre, unterhielten sich Caliel und Korin hitzig darüber, warum Hunde Tobin nicht mochten, Falken hingegen sehr wohl. Ki wünschte ihnen viel Glück bei der Lösung des Rätsels; selbst Arkoniel wusste keine Antwort darauf. Die Hunde, die Tobin geschenkt bekommen hatte, mussten sie weggeben, aber wie sich herausgestellt hatte, besaß er ein geschicktes Händchen für Falken. Caliel verbrachte viel Zeit mit Tobin und lehrte ihn, wie man Hauben, Geschühriemen und Pfeifen verwendete. Als Gegenleistung hatte Tobin aus Wachs einen wunderschönen Ring in Form eines Falken mit gespreizten Schwingen für ihn gefertigt, den er von einem Goldschmied gießen ließ. Caliel trug ihn voll Stolz und wurde von den übrigen Gefährten darum beneidet. Infolgedessen hatte Tobin von Holzschnitzereien zur Herstellung von Schmuck gewechselt. Mittlerweile übersäten Wachsklumpen und allerlei handgezeichnete Vorlagen das Zimmer. Tobin kannte bereits die Hälfte der Goldschmiede in der Nähe des Palatinkreises und arbeitete sich mittlerweile unter den Edelsteinschleifern vor, da dies seine Vorstellungskraft beflügelte. Korin nannte ihn mittlerweile den Künstlerprinzen.
Ki schwelgte gerade selig in derlei glücklichen Gedanken, als er zwei halb leere Soßenschalen zurück zur Küche trug. Er hatte die Anrichte fast erreicht, als sich Mago und Arius ihm näherten. Rasch sah er sich um, aber Barieus war nirgends in Sicht. Die Köche und Küchengehilfen waren mit ihrer eigenen Arbeit beschäftigt.
»Jetzt sind es nur wir drei«, sagte Arius, der seine Gedanken zu erraten schien. Er rempelte Ki auf einer Seite, Mago tat es ihm auf der anderen gleich. Ki gelang es mit Müh und Not, die Soßenschalen auf einem Tisch abzustellen, bevor sie umkippten.
»Gut gemacht, Wald- und Wiesenritter«, kicherte Arius.
Ki seufzte und wartete darauf, dass sie sich wieder abrücken würden, da sie nun ihren Spaß gehabt hatten. Doch das taten sie nicht.
»Gut gemacht für den Sohn eines Pferdediebs«, höhnte Mago, der sich nicht einmal die Mühe gab, die Stimme dabei zu senken.
Ki spürte, wie ihm Hitze ins Gesicht schoss. »Mein Vater ist kein Dieb.«
»Tatsächlich?« Mago glotzte ihm mit vor gespielter Überraschung geweiteten Augen an. »Tja, dann bist du wohl der Bastard, für den ich dich von Anfang an gehalten habe,
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