Tamir Triad 01 - Der verwunschene Zwilling
Prinzen.«
»Nein, keinen Wein«, widersprach Tobin erschöpft.
Als die Diener fertig waren, schickte Tobin sie für die Nacht fort, dann zog er Ki zurück zum großen Bett. »Du hast ja gesehen, was davon kommt, wenn man die Dinge so macht, wie es in Ero üblich ist. Lass uns schlafen.«
Seufzend gab Ki nach und streckte sich am fernen Ende des Bettes auf dem Bauch aus.
Tobin legte sich auf das Kissen zurück und versuchte, den Gestank nicht zu beachten, der immer noch durch die sich kräuselnden Weihrauchwolken drang. »Was hat Orneus mit dem armen Luchs gemacht?«
Ki schnaubte in sein Kissen. »Was hast du gestern gemacht, während ich mir mit Mago die Knie wundgekauert habe?«
Tobin dachte an den langen, grauen Tag zurück. »Nichts Besonderes. Aber vergangene Nacht bin ich in der Gruft Niryn begegnet.«
»Fuchsbart? Was wollte er denn?«
»Er sagte, ich sei nach Korin der Nächste in der Erbfolge, bis er einen eigenen Erben zeugt.«
Ki drehte den Kopf und musterte ihn nachdenklich. »Damit könnte er wohl Recht haben. Und so, wie Korin heute Nacht getaumelt ist, könntest du sogar zum Zug kommen.«
»Mach keine Witze darüber!«, warnte Tobin eindringlich. »Ich glaube, wenn die Spürhunde dich hören könnten, kämen sie sofort, um dich zu holen, auch wenn es nur ein Scherz war. Niryn jagt mir Angst ein. Jedes Mal, wenn er sich in meiner Nähe aufhält, habe ich das Gefühl, als suche er nach etwas, als glaube er, ich verstecke etwas.«
»Er sieht jeden so an«, murmelte Ki und steuerte rasch dem Schlaf entgegen. »Das machen alle diese weißen Zauberer. Ich würde nicht wagen, freiwillig in ihre Nähe zu gehen. Aber wieso sollte dir das Kopfzerbrechen bereiten? Niemand ist der Krone treuer ergeben als wir …« Die letzten Worte gingen in ein leises Schnarchen über.
Tobin lag noch lange wach und dachte zurück an das eigenartige Gefühl, das ihn in Gegenwart des Zauberers beschlichen hatte. Auch über die geheimen Feinde grübelte er nach, von denen der Mann gesprochen hatte. Es sollte besser kein Verräter an Tobin herantreten; so wenig er den rotbärtigen Zauberer mochte, er würde sein Versprechen ihm gegenüber halten, sollte ihn irgendjemand dazu auffordern, den rechtmäßigen Herrscher von Skala zu verraten.
K APITEL 47
»Glaubst du, es hat sich für sie ausgezahlt?«, flüsterte Ki zu Tobin, als sich Korin und seine Saufkumpane am nächsten Morgen zum Tempellauf aus den Betten quälten. Auch Porion beobachtete sie und sah dabei wie eine Gewitterwolke kurz vor dem Aufbrechen aus.
Garols Erleichterung in Tobins Zimmer hatte wenig geholfen; der Junge war grün wie Lauch und wankte auf den Beinen. Die anderen schienen etwas weniger wackelig, aber sehr still. Nur Korin, der am betrunkensten gewirkt hatte, war sein altes Selbst. Allerdings fiel seine morgendliche Begrüßung Tobins ein wenig zerknirscht aus.
»Ich nehme nicht an, dass du allzu viel Gutes über uns gedacht hast, nachdem wir weg waren, oder?«, fragte er und bedachte Tobin mit einem verlegenen Blick.
»Hattet ihr Spaß in der Stadt, Hoheit?«, erkundigte sich Ki.
»Diesmal sind wir bis zum Tor gekommen, bevor Porion uns erwischt hat. Nach den Übungen sollen wir alle eine Bußwache halten, um uns vom Gift zu reinigen, wie er es ausdrückte. Und einen Monat lang soll es bei Tisch keinen Wein geben.« Er seufzte. »Ich weiß nicht, warum ich das immer wieder mache. Du verzeihst mir doch, Tob, oder?«
Tobin war ihm gar nie böse gewesen, und Korins flehendes Lächeln hätte obendrein Flusseis am Sakorstag geschmolzen. »Mir wäre nur lieber, wenn du zu meiner Vordertür hereinkommst, das ist alles.«
Korin klopfte ihm auf die Schulter. »Dann herrscht Friede zwischen uns? Gut. Komm, lass uns mit diesen Trantüten ein Wettrennen zum Tempel veranstalten!«
Tobin und Ki blieben an diesem Tag mühelos vor den anderen; nur Korin hielt mit ihnen Schritt und lachte den ganzen Weg. Tobin wusste, dass Ki immer noch Zweifel über den Prinzen hegte. Er selbst ertappte sich dabei, dass er Korin fast so sehr wegen dessen Fehler mochte – oder gerade trotz dieser. Selbst in betrunkenem Zustand gebärdete er sich nie widerwärtig oder grausam wie die anderen, und er schien nie Nachwehen zu spüren. An diesem Tag wirkte er so frisch, als hätte er die ganze Nacht tief und fest geschlafen.
Als sie mit den Opfergaben im Tempel fertig waren, ließ Porion sie geradewegs zu den Bogenschießständen laufen. Es war ein klarer, windstiller
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