Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Tamir Triad 01 - Der verwunschene Zwilling

Tamir Triad 01 - Der verwunschene Zwilling

Titel: Tamir Triad 01 - Der verwunschene Zwilling Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lynn Flewelling
Vom Netzwerk:
die Farbe hat er – wie eine Kastanienschale.«
    »Dann könntest du ihn auch Gosi nennen«, schlug sein Vater mit einem Funkeln in den Augen vor.
    »Warum?«
    »Weil das kein gewöhnliches Pferd ist. Er stammt aus Aurënen – wie mein Rappe. Edlere Rösser gibt es nicht. Mittlerweile reiten alle Adeligen von Skala Aurënfaie-Pferde.«
    Aurënfaie. Eine flüchtige Erinnerung regte sich. In einer stürmischen Nacht waren einst Aurënfaie-Händler an ihrem Tor aufgetaucht – wundervolle, fremdartig wirkende Leute mit langen, roten Kopftüchern und Tätowierungen auf den Wangen. Nari hatte ihn an jenem Abend zu früh nach oben geschickt, aber er hatte sich am Kopf der Treppe versteckt und beobachtet, wie sie allerlei Zauberkunststücke vorführten und Musik auf seltsamen Instrumenten spielten. Der Dämon hatte sie verscheucht, und Tobin hatte gesehen, wie seine Mutter mit ihrer Puppe in den Schatten der nicht mehr verwendeten Musikantengalerie gelacht hatte. Damals war ihm zum ersten Mal durch den Kopf gegangen, dass er sie vielleicht hassen könnte.
    Tobin verdrängte die düsteren Gedanken; das war vor langer Zeit gewesen, vor fast zwei Jahren. Aurënen stand für Magie und ein fremdes Volk, das für skalanische Adelige geziemliche Pferde züchtete. Mehr nicht.
    Er beugte sich hinab, um den Hals des Wallachs zu streicheln. »Danke, Vater! Ich nenne ihn Gosi. Darf ich eines Tages nach Aurënen reisen?«
    »Jeder sollte Aurënen besuchen. Es ist ein so friedlicher Ort.«
    »Da, nimm das für ein Namenstagsopfer im Tempel.« Nari reichte ihm mehrere kleine, in ein sauberes Tuch gewickelte Päckchen. Tobin verstaute sie stolz in seiner neuen Satteltasche.
    »Ich habe auch ein Geschenk für dich, Tobin.« Tharin zog ein längliches, in ein Tuch gehülltes Päckchen vom Gürtel und reichte es Tobin aufs Pferd.
    Darin fand Tobin ein geschnitztes Holzschwert, beinah so lang wie sein Arm. Die Klinge war dick und stumpf, aber das Heft wies hübsche Verzierungen und eine echte Bronzeparierstange auf. »Es ist wunderschön! Danke!«
    Tharin zwinkerte ihm zu. »Mal sehen, ob du mir noch dankst, nachdem wir angefangen haben, es zu verwenden. Ich werde dein Schwertlehrer. Ich denke, bis wir fertig mit deiner Ausbildung sind, werden wir eine Menge solcher Schwerter verbrauchen, aber das ist das erste.«
    Auch ohne echte Klinge empfand Tobin das Schwert als ebenso feines Geschenk wie das Pferd. Er versuchte, seine neue Waffe zu schwingen, doch sie erwies sich als schwerer, als er gedacht hatte.
    Sein Vater kicherte. »Keine Sorge, mein Junge. Tharin wird dir schon bald beibringen, wie es geht. Aber vorerst lässt du das Schwert am besten bei Mynir. Wir wollen schließlich nicht, dass du gleich auf deiner ersten Reise in Zweikämpfe verwickelt wirst.«
    Widerwillig gab Tobin die Waffe dem Verwalter, doch bald schon vergaß er sie völlig, als er hinter seinem Vater und Tharin durch das Tor hinaus und über die Brücke ritt. Zum ersten Mal in seinem Leben musste er nicht am fernen Ende innehalten und ihnen nachwinken. Als sie den Weg über die Weide fortsetzen, fühlte er sich bereits wie ein Krieger, der auszog, um die weite Welt zu erkunden.
    Kurz bevor sie zwischen die Bäume gerieten, spürte er jedoch plötzlich ein frostiges Kribbeln zwischen den Schulterblättern, als wäre ihm eine Ameise ins Gewand gefallen. Er drehte sich um, schaute zur Feste zurück und vermeinte zu sehen, wie sich die Läden des Südfensters des Wachturms bewegten. Rasch wandte er sich ab.
    Laub, gleich runden Goldmünzen, pflasterte den Waldpfad. Blätter, gleich roten oder orangen Händen, wiegten sich über ihm in der Brise, zusammen mit Eichenblättern, so glänzend und braun wie poliertes Leder.
    Tobin vertrieb sich die Zeit, indem er mit den Zügeln und den Knien übte, um Gosi nach seinen Befehlen traben zu lassen.
    »Tobin reitet bereits wie ein richtiger Soldat, Rhius«, meinte Tharin, woraufhin Tobins Brust vor Stolz anschwoll.
    »Reitest du mit deinem Pferd auch gegen die Plenimarer in die Schlacht, Vater?«, fragte der Junge.
    »Wenn wir zu Land kämpfen, aber ich habe dafür ein großes, schwarzes Schlachtross namens Sakors Feuer mit Hufeisen, die der Schmied vor jeder Schlacht schärft.«
    »Warum habe ich dieses Pferd noch nie gesehen?«, wollte Tobin wissen.
    »Er ist in Atyion eingestellt. Solche Rösser eignen sich nur für den Kampf. Er ist stark und schnell und fürchtet sich nicht vor Blut oder Feuer, aber man fühlt sich auf ihm wie

Weitere Kostenlose Bücher