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Tamir Triad 01 - Der verwunschene Zwilling

Tamir Triad 01 - Der verwunschene Zwilling

Titel: Tamir Triad 01 - Der verwunschene Zwilling Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lynn Flewelling
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missachtet wurde?«
    Ranai zeichnete Muster in ein paar Weintropfen auf der Tischfläche. »Das habe ich mich selbst schon gefragt. Aber im Vergleich zu seiner Mutter ist Erius kein übler Herrscher, und er wird nicht ewig leben. Sogar ich konnte ihn noch überdauern. Und diese Sache mit den weiblichen Erben? Dafür gibt es Beispiele. Ghërilains eigener Sohn Pelis entriss seiner Schwester den Thron …«
    »Und das Land wurde von einer Seuche heimgesucht, die ihn und Tausende andere noch im selben Jahr umbrachte«, erinnerte Arkoniel sie.
    Ranai zog eine Augenbraue hoch, und er sah ein Aufblitzen der großen Frau, die sie einst gewesen sein musste. »Belehr du mich nicht über Geschichte, junger Mann. Ich war dabei. Pelis streckten die Götter rasch nieder. Aber König Erius herrscht seit mittlerweile über zwei Jahrzehnten. Vielleicht hat er Recht damit, dass die Prophezeiung des Orakels falsch ausgelegt wurde. Du weißt so gut wie ich, dass seine Mutter zwar eine Nachkommin Thelátimos’, aber trotzdem keine geeignete Herrscherin war.«
    »Vielleicht wurde sie geschickt, um uns auf die Probe zu stellen«, erwiderte Arkoniel und versuchte, der älteren Zauberin gegenüber einen respektvollen Tonfall zu wahren. Er hatte zehn Jahre und Tausende Meilen Zeit gehabt, um darüber nachzugrübeln. »König Pelis erlitt eine schreckliche Seuche. Seit Erius den Thron übernahm, gab es Dutzende, wenngleich in kleinerem Ausmaß. Vielleicht waren sie Warnhinweise. Vielleicht neigt sich die Geduld des Lichtträgers dem Ende zu. Was Iya in Afra sah … .«
    »Hast du von den Spürhunden gehört, junger Mann?«, herrschte Ranai ihn an. »Weißt du, dass der Zauberer des Königs ihm dient, indem er seinesgleichen jagt?«
    »Ja, Ranai«, schritt Iya ein. »Wir haben sie bei der Arbeit gesehen.«
    »Habt ihr auch gesehen, wie sie jemand umgebracht haben, den ihr kanntet? Nein? Nun, ich schon. Hilflos musste ich daneben stehen, während ein lieber Freund von mir, ein Zauberer, der vier Königinnen gedient hatte, an einem Eibengestell verbrannt wurde, weil er laut über einen Traum gesprochen hatte, der dem meinen – und zweifellos auch dem deinen – sehr ähnlich war. Er wurde verbrannt, weil er von einem Traum sprach! Stell dir vor, so du kannst, welche Macht die Spürhunde besitzen müssen, um in der Lage zu sein, derart grausam zu töten. Und sie verfolgen nicht nur uns, sondern jeden, der es wagt, gegen die männliche Thronfolge zu sprechen. Ganz besonders Anhänger Illiors. Bei den Vieren, wenn er seine eigene Schwester tötet …«
    Der Kelch glitt Arkoniel aus der Hand und verspritzte Wein über den Tisch. »Ariani ist tot?«
    Naris Briefe trafen unverändert in regelmäßigen Abständen an den vereinbarten Orten ein. Wie konnte sie dies nie erwähnt haben?
    »Ich glaube, es war letztes Jahr«, sagte Ranai. »Habt ihr sie gekannt?«
    »Ja«, antwortete Iya, die sich ruhiger anhörte, als Arkoniel es für möglich gehalten hätte.
    »Dann tut es mir leid, dass ihr es auf diese Weise erfahren musstet«, meinte Ranai.
    »Der König hat sie getötet?«, stieß Arkoniel heiser hervor und bekam kaum Luft.
    Ranai zuckte mit den Schultern. »Dessen bin ich nicht sicher, aber allen Berichten zufolge war er dort, als sie starb. Ihr seht also, sie war die Letzte, und Prinz Korin wird den Thron erben. Vielleicht wird er unsere Traurige Königin zeugen.«
    »Vielleicht«, murmelte Iya, und Arkoniel wusste, das sie dieser Frau nichts mehr von ihrer Vision erzählen würde.
    Unbehagliches Schweigen senkte sich über den Raum. Arkoniel kämpfte Tränen zurück und mied Iyas wachsamen Blick.
    »Ich habe Illior und Skala brav gedient«, meinte Ranai schließlich, wobei sie sich geschlagen und alt anhörte. Sie berührte mit einer Hand ihr verheertes Gesicht. »Alles, was ich je wollte, war ein wenig Frieden.«
    Iya nickte. »Verzeih, dass wir dich gestört haben. Was wirst du den Spürhunden sagen, sollten sie hierher kommen?«
    Die ältere Zauberin besaß den Anstand, verlegen dreinzublicken. »Ich habe ihnen nichts zu sagen. Darauf hast du mein Wort.«
    »Danke.« Iya streckte den Arm aus und bedeckte Ranais entstellte Hand mit der eigenen. »Das Leben ist lange, werte Freundin, und aus Rauch und Wasser geformt, nicht aus Stein. Lass uns beten, dass wir einander in besseren Tagen wieder sehen.«
     
    Ein schrecklicher Verdacht wurzelte in Arkoniels Herz, als sie das Häuschen der Zauberin verließen und den schlammigen Pfad entlang

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