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Tamir Triad 02 - Die verborgene Kriegerin

Tamir Triad 02 - Die verborgene Kriegerin

Titel: Tamir Triad 02 - Die verborgene Kriegerin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lynn Flewelling
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Kanzler Hylus, Fürst Niryn und mindestens ein Dutzend weiterer Würdenträger waren zugegen, ferner Priester aller vier Gottheiten.
    Aliya hatte zu brüllen aufgehört; Tobin hörte ihr abgehacktes Keuchen vom Bett. Durch eine Lücke in den Vorhängen erspähte er ein nacktes, mit Blut verschmiertes Bein. Rasch wandte er den Blick ab und fühlte sich, als hätte er etwas Ungehöriges gesehen. Lhel hatte von Magie und Macht gesprochen, doch dies mutete eher wie Folter an.
    »Ich denke, bald ist es soweit«, murmelte der König und wirkte dabei zufrieden.
    Wie zur Antwort stieß Aliya einen gellenden Schrei aus, bei dem sich Tobin die Nackenhaare aufrichteten. Gleich darauf folgten mehrere weitere, allerdings nicht mit Aliyas Stimme. Ihre Mutter stolperte totenbleich zwischen den Vorhängen hervor, und Tobin hörte Frauen weinen.
    »Nein!«, rief Korin und riss die Vorhänge beiseite. »Aliya!«
    Sie lag wie eine zerbrochene Puppe mitten auf dem blutgetränkten Bett, weiß wie das Nachthemd aus Leinen, das sich um ihre Hüfte bauschte. Eine Hebamme kniete noch zwischen ihren gespreizten Beinen und weinte über einem in Tücher gewickelten Bündel.
    »Das Kind«, verlangte Korin und streckte die Arme danach aus.
    »O mein Prinz!«, schluchzte die Frau. »Es war kein Kind!«
    »Zeig es her, Weib!«, befahl Erius.
    Mit abgewandtem Gesicht schlug die Hebamme die Tücher zurück. Das Geschöpf darin besaß keine Arme, und das Antlitz – oder das, was es stattdessen hatte – wies unter einer vorstehenden, missgebildeten Stirn lediglich Schlitze für die Augen und die Nasenlöcher auf.
    »Verflucht«, flüsterte Korin. »Ich bin verflucht!«
    »Nein«, keuchte Erius. »Sag so etwas niemals!«
    »Vater, sieh es dir an …«
    Erius wirbelte herum und schlug Korin so heftig ins Gesicht, dass er den Prinzen von den Füßen schleuderte. Tobin versuchte, ihn aufzufangen, endete jedoch stattdessen unter ihm auf dem Boden.
    Erius packte Korin am Wappenrock, schüttelte ihn und brüllte: »Sag so etwas niemals! Niemals, hörst du?« Er ließ Korin los und wandte sich den anderen zu. »Wer von diesem Vorfall ein Wort erzählt, wird bei lebendigem Leib verbrannt, ist das klar?« Damit stapfte er hinaus und brüllte den Befehl, den Raum unter Bewachung zu stellen.
    Korin wankte zum Bett. Er blutete aus der Nase; das Rinnsal ergoss sich über seinen Mund in den Bart, als er die schlaffe Hand seiner Gemahlin ergriff. »Aliya? Kannst du mich hören? Wach auf, verdammt, und sieh dir an, was wir getan haben!«
    Tobin taumelte zurück, wollte die Flucht ergreifen, doch als er sich der Tür zudrehte, erblickte er Niryn, der das tote Kind gelassen untersuchte. Der Zauberer hatte sich von den anderen abgewandt; Tobin konnte nur eine Hälfte seines Gesichts erkennen, aber seine lebenslange Erfahrung, in Mienen zu lesen, ließ ihm den Atem stocken. Niryn wirkte zufrieden – sogar erfreut. Vor Schreck blieb Tobin keine Zeit zurückzuweichen, bevor der Zauberer aufschaute und ihn dabei ertappte, dass er ihn anstarrte.
    Dann spürte es Tobin – das Übelkeit erregende Gefühl kalter Finger, die sich durch seine Eingeweide wühlten. Er konnte sich weder bewegen, noch den Blick abwenden. Einen Lidschlag lang war er überzeugt, dass sein Herz in der Brust zu schlagen aufgehört hatte.
    Dann wurde er befreit, und Niryn sprach mit Korin, als wären die letzten Augenblicke nie geschehen. Die Hebamme hielt das kleine Bündel wieder in den Armen, wenngleich Tobin nicht gesehen hatte, wie der Zauberer es ihr zurückgegeben hatte.
    »Hier liegt zweifellos Totenbeschwörerei vor«, sagte Niryn. Er stand dicht neben Korin und hatte ihm väterlich eine Hand auf die Schulter gelegt. »Seid versichert, mein Prinz, dass ich die Verräter finden und verbrennen werde.« Dabei blickte er abermals Tobin an, mit Augen so kalt und seelenlos wie die einer Schlange.
    Korin weinte, ballte dabei jedoch die Fäuste, und die Muskeln in seinem Unterkiefer spannten sich krampfhaft, als er brüllte: »Verbrennt sie. Verbrennt sie alle!«
     
    Ki, der draußen bei den anderen stand, hörte Erius brüllen und hastete aus dem Weg, als der König herausgestürmt kam.
    »Ruft meine Garde!«, donnerte der König, dann baute er sich vor den Jungen auf. »Geht, verschwindet, ihr alle! Und kein Wort zu irgendjemandem. Schwört es!«
    Sie taten es, dann zogen sie von dannen – alle außer Ki. Von einer Tür im Gang aus behielt er die Kammer im Auge und wartete, bis Tobin herauskam. Als

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