Tamir Triad 02 - Die verborgene Kriegerin
seinem Kopf. Ki spürte eine kribbelnde Kälte an der Haut; es kitzelte ein wenig, doch zugleich fühlte es sich gut an.
»Ihr habt mir nie erzählt, dass ihr Heilerin seid.«
»Oh, ich weiß einiges über das Heilen«, murmelte sie.
Was immer sie tat, bald schien sie zufrieden. »Ich würde mir keine Sorgen machen. Dieser Schlag gegen den Kopf ist immer noch nicht vollends verheilt. Ich bin sicher, diese Anfälle gehen vorbei.«
»Das hoffe ich. Wenn wir zurück in Ero sind …«
»Musst du deinen Wert erneut unter Beweis stellen«, vollendete sie den Satz für ihn, weise wie immer. »Deinen Freunden ist dein Wert bekannt, und die Meinung deiner Feinde wirst du ohnehin nicht ändern, ganz gleich, was du tust.«
»Meine Freunde«, murmelte Ki und dachte an Arkoniel. Egal, was Tobin oder sonst jemand behaupten mochten, Arkoniel mied ihn. Als Ki noch krank im Bett lag, hatte er nur gelegentlich zur Tür hereingelugt, und seither hatten sie einander überhaupt kaum noch gesehen. Das schmerzte Ki. Er hatte den Zauberer immer gemocht, sogar als er ihn gezwungen hatte, Lesen und Schreiben zu lernen. Diese plötzliche, unerwartete Kälte zwischen ihnen war schwer zu ertragen.
Er hatte nicht gewagt, Tharin darauf anzusprechen, weil er sich davor gefürchtet hatte, was er zu hören bekommen könnte, nun jedoch konnte er sich nicht mehr zurückhalten. Iya kannte Arkoniel besser als irgendjemand sonst. »Ist Arkoniel wütend auf mich, weil ich Tobin davonlaufen gelassen habe?«
Iya sah ihn mit hochgezogenen Augenbrauen an. »Wütend? Wie kommst du darauf? Du weißt doch, dass er das Wagnis nicht eingehen darf, von unserem Hausgast gesehen zu werden.«
»Er hat mich schon gemieden, bevor Bisir herkam.«
»Er erkundigt sich ständig nach dir.«
Ki blinzelte. »Wirklich?«
»Wirklich.«
»Aber ich sehe ihn nie.«
Iya strich mit den Händen ihr Gewand glatt. »Er ist mit einem Zauber beschäftigt, an dem er arbeitet. Das nimmt einen Großteil seiner Zeit in Anspruch.«
Ki seufzte. Das hatte Arkoniel nicht davon abgehalten, Tobin zu sich rufen zu lassen, aber nicht ihn.
Iya musste die Zweifel in seinen Augen gelesen haben, oder vielleicht hatte sie seinen Geist berührt und sie dort gesehen, denn sie lächelte. »Mach dir deshalb keine Gedanken, mein lieber Junge. Deine Krankheit hat ihn mehr verängstigt, als er zugeben will. Er mag es auf merkwürdige Weise zeigen, aber ihm liegt sehr viel an dir. Ich werde mit ihm reden.«
Ki erhob sich und bedachte sie mit einer dankbaren Verbeugung. Um sie zu umarmen, hegte er nach wie vor zu große Ehrfurcht vor ihr. »Danke, Frau Iya. Ich wäre schrecklich traurig, würde er mich nicht mehr mögen.«
Iya überraschte ihn mit einer sanften Berührung seiner Wange. »Das darfst du nie denken, Kind.«
K APITEL 4
Es belustigte Niryn mächtig zu beobachten, wie Orun über Prinz Tobins Abwesenheit schäumte und zeterte. Der Zauberer hatte von Anfang an den Verdacht gehegt, dass der Schatzkanzler die Vormundschaft für sich eingefädelt hatte, um seine Verbindung zur königlichen Familie durch Tobin zu festigen. Wäre das Kind ein Mädchen gewesen, wäre er zweifellos selbst soweit gegangen, um eine Verlobung zu ersuchen. Orun war einflussreich, das ließ sich nicht leugnen, und seine schmierige Gefolgstreue gegenüber der Mutter des Königs hatte ihm sowohl Reichtum als auch Rang eingebracht; Erius hätte eine solche Paarung vermutlich durchaus in Erwägung gezogen.
Doch stattdessen war da dieser dürre, schreckhafte Junge, Erbe der kostbarsten Ländereien im Reich, und Orun bestimmte darüber. Niryns eigener Einfluss auf den König war hinlänglich gefestigt, dennoch ärgerte es ihn mitanzusehen, dass ein solcher Leckerbissen ausgerechnet dem widerwärtigsten Mann von Ero in den Schoß gefallen war. Und so wartete er den rechten Augenblick ab und unterhielt Spitzel im Haus, die auf etwaige Stricke achten sollten, die sich Orun vielleicht selbst drehen würde. Die Schwäche des Schatzkanzlers für junge Burschen war kein Geheimnis, allerdings beschränkte er sich klugerweise auf Bedienstete oder bezahlte Liebesdiener, bei denen er sich darauf verlassen konnte, dass sie nicht plappern würden. Aber wenn er sich bei Tobin vergessen sollte? Nun, das wäre zweifellos ein Glücksfall. Der Zauberer hatte sogar schon mit dem Gedanken gespielt, dem ein wenig Vorschub zu leisten. Allerdings war die Angelegenheit ohnehin fraglich. Erius konnte, wann immer es ihm behagte – und
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