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Tamir Triad 02 - Die verborgene Kriegerin

Tamir Triad 02 - Die verborgene Kriegerin

Titel: Tamir Triad 02 - Die verborgene Kriegerin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lynn Flewelling
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hierbei hatte Niryn durchaus einigen Einfluss –, gefahrlos Tobins Anwesen, Ländereien und sonstigen Besitztümer beschlagnahmen. Tobin war jung und besaß unter dem Adel praktisch keine Freunde; mit toten Eltern war ein solches Kind niemandes Gefolgstreue wert.
    Hätte statt des Bengels Arianis Tochter überlebt, sähe die Sache völlig anders aus. Da sich die Seuchen und Dürren verschlimmerten und sich die Bauern zunehmend Illior zuwandten, hatte es sich nicht besonders schwierig gestaltet, den König zu der Einsicht zu bringen, dass jede weibliche Vertreterin königlichen Geblüts eine Bedrohung für seine Linie verkörperte. Ginge es nach dem Willen der Anhänger Illiors, könnte jede Thronanwärterin Anspruch darauf erheben, eine ›Tochter des Thelátimos‹ zu sein und eine Armee gegen ihn aufstellen. Die Lösung hatte in der üblichen, althergebrachten Vorgangsweise bestanden.
    Allerdings hatte Niryn einen beinahe tödlichen Fehler begangen, als er auf Umwegen darauf hingewiesen hatte, dass die Schwester des Königs, Ariani, die größte Bedrohung von allen darstellte. Darob hätte Erius um ein Haar Niryns Hinrichtung befohlen; damals hatte Niryn zum ersten Mal Magie gegen den König eingesetzt.
    Der Zwischenfall ging vorüber, und Niryn war froh, als augenscheinlich wurde, dass sich die Nachsicht des Königs nicht auf die Kinder seiner Schwester ausdehnte. Beide hatten es als günstiges Zeichen betrachtet, als Arianis Tochter tot geboren wurde. Später hatte der Sturz der Prinzessin in den Wahnsinn Niryn die Arbeit abgenommen. Selbst die blindeifrigsten Anhänger Illiors hätten keine weitere wahnsinnige Königin auf dem Thron gewollt. Niemand hätte Ariani oder ihren von Dämonen verfluchten Sohn unterstützt.
    Trotzdem blieben immer noch andere. Ein Mädchen, jedes Mädchen, das nur im Entferntesten Anspruch darauf erheben konnte, eine ›Tochter des Thelátimos‹ zu sein, würde vielleicht feststellen, dass die Prophezeiung von Afra nicht in Vergessenheit geraten war, ganz gleich, wie viele Priester und Zauberer der König verbrannte. Es war eine Tatsache, auf die Niryn zählte.
     
    Niemand hatte es bemerkt, als Niryn mit monatlichen Ausflügen nach Ilear begonnen hatte. Er verkleidete sich stets als wohlhabender Händler und ergänzte die Aufmachung um einen Zauber, der den Geist derer verwirrte, die ihn vielleicht hätten erkennen können. Auf diese Weise kam und ging er seit Jahren nach Belieben. Und wer würde es schon wagen, den Anführer der Spürhunde zu bespitzeln?
    Als er an einem nebligen Winternachmittag in die Marktgemeinde ritt, schwelgte er wie immer in seiner Unerkanntheit. Es war der Tag der Geflügelhändler, und das Krähen, Quaken und Gackern der Vögel in ihren Käfigen hallte laut auf dem ummauerten Marktplatz wider. Niryn lächelte bei sich, als er sein Pferd durch die Menge lenkte. Wer von all den Menschen konnte schon ahnen, dass der Reiter, den sie anrempelten, dem sie zubrummten oder den sie anlächelten, die Macht besaß, ihr Leben mit einem einzigen Wort zu beenden?
    Er ließ die Märkte hinter sich und ritt den Hügel hinauf in die feinere Nachbarschaft zu dem Steinhaus, das er dort besaß. Ein junger Page öffnete die Tür, und Vena, die halb blinde, greise Amme, begrüßte ihn in der Halle.
    »Sie harrt schon seit dem Vormittag besorgt an ihrem Fenster aus, Herr«, schalt sie ihn und nahm ihm den Mantel ab. »Ist er das?«, rief ein Mädchen von oben.
    »Ja, Nalia, Liebes, ich bin es!«, erwiderte Niryn.
    Nalia eilte die Treppe herab und küsste ihn auf beide Wangen. »Du kommst einen ganzen Tag zu spät!«
    Niryn erwiderte die Küsse, dann hielt er sie auf Armeslänge vor sich, um sie zu bewundern. Sie war ein Jahr älter als Prinz Korin und besaß das schwarze Haar und die Augen ihres Verwandten, nicht jedoch sein gutes Aussehen. Nalia war ein wenig ansehnliches Mädchen, ein Eindruck, den ein fliehendes Kinn und das unebenmäßige, rosige Muttermal betonten, das wie verschütteter Wein über ihre linke Wange und Schulter hinab verlief. Sie war dadurch schüchtern und mied Gesellschaft jeder Art. Ein Umstand, der ihm zugute kam, zumal er es einfach gestaltete, sie in dieser abgeschiedenen Ortschaft versteckt zu halten.
    Ihre Mutter, eine Base zweiten Grades des Königs mütterlicherseits, war noch hässlicher gewesen, dennoch war es ihr irgendwie gelungen, einen Gemahl zu finden und zwei Mädchen zu gebären. Ihr Glück war zugleich jenes Niryns gewesen. Um die Tode

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