Tamir Triad 02 - Die verborgene Kriegerin
Sternenlicht den Gesichtsausdruck seines Freundes zu deuten. Es gelang ihm nicht, was ihn nur noch mehr ängstigte.
»Ihr alle kennt die Gerüchte, die sich um den König ranken«, ergriff Arkoniel das Wort. »Dass er alle weiblichen Erben tötet, um seinen Anspruch, seine Linie zu schützen. Es sind nicht bloß Gerüchte, es ist die Wahrheit. Das Orakel in Afra hat meine Meisterin gewarnt und ihr mitgeteilt, dass wir Tobin beschützen müssen, bis sie alt genug ist, um zu herrschen. So haben wir es gemacht.«
»Nein!« Ki sog scharf die Luft ein und wich zurück. »Nein, das glaube ich nicht. Ich kenne dich! Ich habe dich gesehen. Du bist ebenso wenig ein Mädchen wie ich.«
Anfangs wusste ich es selbst nicht, wollte Tobin zu ihm sagen, doch sein Mund wollte die Worte nicht formen, weil sich Ki immer noch von ihm wegbewegte.
»Ich war in jener Nacht dabei, Ki«, warf Arkoniel ein. »Ich habe mein ganzes Leben dem Hüten des Geheimnisses gewidmet. Bis jetzt. Niemand von uns hatte eine Wahl, am wenigsten Tobin. Aber jetzt ist es an der Zeit, ihre wahre Gestalt zu offenbaren. Skala braucht eine Königin – eine Herrscherin der wahren Linie.«
»Königin?« Ki drehte sich um und rannte zur Scheune.
»Ich rede mit ihm«, sagte Tharin. »Bitte, Tobin, lass mich das machen. Um euer beider willen.«
Elend nickte Tobin, und Tharin stapfte hinter Ki her.
Luchs kam näher und blickte Tobin ins Gesicht. »Ist das wirklich wahr? Ich meine … ich habe dich auch gesehen. In den Bädern und beim Schwimmen.«
Tobin zuckte mit den Schultern.
»Bis vor wenigen Jahren wusste Tobin selbst nichts von all dem«, erklärte Arkoniel. »Was bevorsteht, wird nicht einfach. Es bedeutet, sich gegen Erius und Korin zu stellen. Tobin wird wahre Freunde brauchen.«
»Du wirst Königin?«, fragte Luchs, als hätte er den Zauberer nicht gehört.
»Irgendwie. Aber Luchs, du bist ein Gefährte. Du kennst Korin länger als ich.« Die Worte fühlten sich in Tobins Mund wie Sand an. »Wenn du das nicht tun kannst, dann … verstehe ich das.«
»Es steht dir frei, auf der Stelle nach Ero umzukehren, wenn du das möchtest«, sagte Arkoniel.
»Zurückgehen? Das hatte ich nie vor. Tharin hatte Recht mit dem, was er über mich gesagt hat, Tobin, also kann ich genauso gut bleiben.« Er stimmte ein freudloses Lachen an und streckte die Hand aus. »Das ist kein besonders ergreifender Treueeid, was?«
Tobin reichte ihm die Hand. »Mir genügt er.«
Tharin fand Ki gleich hinter dem Scheunentor, wo er mit schlaff an den Seiten herabhängenden Armen stand. »Warum hat er es mir nicht erzählt?«, fragte er, die Stimme bleiern vor Kummer.
Tharin musste an sich halten, um seinen Zorn zu zügeln. Er hatte etwas Besseres von Ki erwartet. »Als du ihn kennengelernt hast, hatte er noch keine Ahnung.«
»Seit wann weiß er es dann?«
»Seit er zur Feste weggerannt ist. Iya und diese Hexe ließen ihn schwören, es niemandem zu erzählen. Er hatte eine schwere Bürde zu tragen, Ki; eine, die weder du noch ich uns vorstellen können.«
»Du hast es gewusst!«
»Nicht bis vor wenigen Wochen. Auch mich hat Rhius nicht eingeweiht, allerdings nicht, weil er mir nicht vertraute. Er tat es um Tobins Sicherheit willen. Mit uns hatte das nichts zu tun.«
»Was wird jetzt aus mir?«
»Was meinst du damit? Soll das heißen, du würdest einem Prinzen dienen, nicht aber einer Königin?«
»Dienen?« Ki wirbelte herum und sah ihn an. »Tharin, er ist mein bester Freund. Er … er bedeutet mir alles! Wir sind zusammen aufgewachsen, zusammen ausgebildet worden, haben zusammen gekämpft. Zusammen! Aber Königinnen haben keine Knappen, oder? Sie haben Berater, Generäle, Gemahle. Ich bin nichts davon.« Verzweifelt warf er die Hände hoch. »Ich bin ein Nichts! Bloß ein Wald- und Wiesenritter, der Sohn eines Pferdediebs …«
Tharin schlug ihm so heftig mit dem Handrücken ins Gesicht, dass Ki taumelte. »Ist das alles, was du in all den Jahren gelernt hast?«, knurrte er und ragte über dem sich duckenden Jungen auf. »Glaubst du, eine Zauberin wie Iya hätte dich grundlos auserkoren? Hätte Rhius dich an seinen Sohn gebunden, wenn du nicht mehr wärst als das? Hätte ich dir das Leben dieses Kindes anvertraut? Seinen Vater kann sich ein Mann nicht aussuchen, Ki, sehr wohl aber den Weg, den er einschlägt. Ich dachte, du hättest all den Unsinn abgeschüttelt.« Es kostete Tharin Überwindung, den Jungen nicht erneut zu schlagen. »Habe ich dir das
Weitere Kostenlose Bücher