Tamir Triad 02 - Die verborgene Kriegerin
Bastarde! Wir werden niemals vor ihnen knien!«
Ki stieg ab und ging zu Tobin. »Kannst du ihm Bruder auf den Hals hetzen, Tob?«, flüsterte er.
Irgendwie hörte ihn Arkoniel und zischte: »Frag das nie wieder, Ki. Du weißt nicht, was du da sagst.«
Dann ritt er zum Rand des Grabens und streckte die rechte Faust, mit der er den Kristallstab umklammerte, gen Himmel. Das schwindende Tageslicht fing sich wie Feuer darin. »Höret, ihr alle im Schloss und ihr hier hinter uns.« Seine Stimme ertönte donnernd wie ein Schlachtruf. »Ich bin der Zauberer Arkoniel, einst Schüler von Meisterin Iya. Ihr kennt uns als Hausfreunde Herzog Rhius'. Gemäß seinem Willen sind wir zugleich die Beschützer seines einzigen Kindes und Erben, der hier wie ein Bettler vor seinem eigenen Tor steht!
Solari behauptet, die Pest auszusperren. Hat er so etwas je zuvor gemacht? Nein, erst jetzt, da er Ero verloren glaubt. Wisset, Menschen Atyions: Die Jahre der Pest und des Todes sind der Fluch Illiors, den König Erius über das Land gebracht hat. Unter Mittäterschaft des Volkes hat er den Thron von Skalas rechtmäßiger Erbin geraubt. Prinzessin Ariani, Tochter der Agnalain, Tobins Mutter – sie hätte Königin werden sollen!«
»Er sagt die Wahrheit!«, rief Kaliya und zeigte beide Handflächen, um seine Worte zu untermauern. »Ihr Kind steht vor euch, unberührt von Krankheit oder Hungersnot. Prinz Tobins Besitztümer – Atyion, Cirna, Alestun, Mittfurt, Falkenlee –, sie alle und die Menschen dort wurden verschont. Habt ihr euch nie gefragt, weshalb? Ich will es euch sagen: Weil Arianis Blut in seinen Adern fließt! Ohne es zu wissen, ist Tobin euer wahrer Beschützer gewesen, gesegnet von Illior und allen Vieren.«
Das allgemeine Raunen schwoll zu Jubel an, doch aus dem Schloss kam keine Erwiderung. Beunruhigt sah sich Tobin um. Trotz des Wohlwollens der Menge fühlte er sich äußerst wehrlos. Solaris Bogenschützen konnten in diesem Augenblick ihre Pfeile entlang auf ihn herabstarren. »Und jetzt?«, fragte er Tharin.
Kaliya trat an ihn heran und ergriff den Steigbügel seines Pferdes. »Ich habe euch vor geraumer Zeit meine Hilfe versprochen. Erinnert Ihr Euch?«
»Ja.«
»Ihr seid nie gekommen, um sie einzufordern. Nun entbiete ich sie Euch erneut. Stoßt Euren Schlachtruf aus, Spross Atyions. Laut und deutlich, jetzt gleich!«
Etwas in ihrer Stimme erfüllte ihn mit Hoffnung. Er neigte den Kopf zurück und brüllte: »Atyion! Atyion für Skala und die Vier!«
Erst stimmten Ki und die anderen in den Ruf ein, dann inbrünstig die versammelten Menschen, die dazu Tücher und Waffen jeder Art schwenkten. Das Geräusch rollte wie Donner über Tobin hinweg und hallte in seinen Ohren wider.
Kaliya hob die Hände, um Ruhe einkehren zu lassen. »Da – hört Ihr das?«
Der Ruf war innerhalb der Mauern des Schlosses aufgegriffen worden. »Atyion für Skala! Für die Vier!« Er schwoll zu Gebrüll an, das bald vom unverkennbaren Klirren von Stahl auf Stahl durchbrochen wurde.
Tharin verneigte sich mit einem verkniffenen Lächeln vor der Priesterin. »Gut gemacht, Herrin. Atyion kennt die Stimme seines Herrn. Sie kämpfen für dich, Tobin. Ruf ihnen zu.«
»Öffnet die Tore!«, schrie Tobin, doch es erfolgte keine Antwort.
Sie stiegen auf, harrten angespannt auf den Pferden aus und beobachteten die Zugbrücke. Die Sonne sank eine weitere Stunde, ehe der Kampflärm verstummte und sie hektisches Treiben über dem Tor wahrnahmen.
Ein Gerangel schien sich dort abzuspielen, allerdings nur kurz. Es endete damit, dass ein brüllender, wild mit den Armen fuchtelnder Mann mit einer Schlinge um den Hals von den Zinnen gestoßen wurde. Sein Geschrei wurde jäh abgeschnitten, als sich das Seil spannte und ihm das Genick brach. Die grünen Seidengewänder, die er trug, waren so fein wie die eines Königs; teure Stickereien widerspiegelten die Sonne, während sich der Leichnam langsam am Ende des Henkerseils drehte.
Es war Solari.
Wenig später senkte sich die Zugbrücke ratternd herab, und Soldaten strömten heraus, um Tobin zu begrüßen. Einige darunter trugen Solaris Grün, doch auch sie sangen Tobins Namen.
Unter ihnen befanden sich auch Frauen, noch in Röcken und Schürzen, aber mit Schwertern bewaffnet. Eine der Köchinnen kam zu Tobin gerannt und sank vor ihm auf die Knie. Mit beiden Händen bot sie ihm ihr Schwert dar und rief: »Für Atyion und die Vier!«
Es war Tharins Base, die ihn bei seinem ersten Besuch hier
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