Tamir Triad 02 - Die verborgene Kriegerin
Nächten und stießen auf den Hain, in dem Eyoli versteckt lag. Iya hatte erwartet, einen Leichnam vorzufinden, denn sie hatte seit der Nacht, in der er verwundet worden war, nichts mehr von ihm gehört. Da war ihm noch ein Botschaftszauber gelungen, der sie über den Hinterhalt benachrichtigte, danach war nichts mehr von ihm gekommen.
Zu ihrem Erstaunen fand sie ihn stattdessen bewusstlos, aber am Leben vor. Tobin hatte ihn in plenimarische Mäntel eingewickelt und mit einem halben Dutzend Feldflaschen rings um ihn unter einer großen Eiche zurückgelassen. Die Krähen hatten sich an den über das offene Gelände jenseits der Bäume verstreuten Leichen zu schaffen gemacht, den jungen Geistvernebler hingegen nicht angerührt.
Es war eine kalte, klare Nacht. Sie entfachten ein kleines Feuer und lagerten unter den Bäumen. Iya half Eyoli, so gut sie konnte, und schließlich kam er zu sich.
»Ich habe geträumt – und sie gesehen!«, sagte er heiser und griff matt nach ihrer Hand.
Iya strich ihm über die Stirn. »Ja. Das haben wir alle.«
»Dann ist es also wahr? Es war von Anfang an Prinz Tobin?«
»Ja. Und du hast ihr geholfen.«
Eyoli lächelte und schloss die Augen. »Dann ist alles gut. Der Rest ist mir einerlei.«
Iya löste den verkrusteten Verband von seiner Schulter und rümpfte ob des Geruchs, der darunter hervorströmte, die Nase. Die Verletzung schwärte zwar voll Eiter, doch es gab kein Anzeichen darauf, dass sich Wundbrand ausgebreitet hatte. Erleichtert seufzte sie. Iya hatte diesen furchtlosen jungen Mann lieb gewonnen, und sie hatte sich angewöhnt, sich auf ihn zu verlassen. Sie vermochte nicht mehr zu sagen, wie viele Male er durch das Netz der Spürhunde geschlüpft war, um Mitteilungen zu befördern. Auch den Botschaftszauber, den sie immer noch nicht beherrschte, hatte er gemeistert.
»Saruel, bring her, was wir an Kräutern übrig haben«, rief sie leise. Iya wickelte sich in ihren Mantel und lehnte sich gegen den Baum zurück, während der Aurënfaie die Wunde reinigte. Sie sammelte ihre verbliebene Kraft und entsandte einen Sichtungszauber über die dunkle Landschaft zum Palatin. Dort wurde immer noch gekämpft. Überall lagen Tote verstreut, und die drei Totenbeschwörer, die sie nicht aufzuspüren und zu überwältigen vermocht hatte, hexten emsig vor den Toren.
Sie wandte sich nach Norden und erblickte Tobin, die mit ihren Reitern einen plenimarischen Vorposten angriff, und die Armee, die dicht hinter ihnen folgte. »Komm, meine Königin«, murmelte sie, als die Vision verblasste. »Fordere dein Geburtsrecht ein.«
»Sie hat es eingefordert«, flüsterte eine kalte Stimme dicht an ihrem Ohr.
Iya schlug die Augen auf und erblickte Bruder, der neben ihr kauerte, die bleichen Lippen zu einem Knurren verzogen.
»Dein Werk ist vollbracht, altes Weib.« Er streckte sich nach ihr, als wollte er ihre Hand ergreifen.
Iya sah in diesen bodenlosen, schwarzen Augen den eigenen Tod, wob jedoch gerade noch rechtzeitig einen Schutzbann. »Nein. Noch nicht. Es gibt noch mehr für mich zu tun.«
Der Bann hielt stand und ließ den Dämon auf die Fersen zurückwanken. Er bleckte die Zähne. Von Tobin befreit, wirkte er noch unmenschlicher als zuvor. Die grünliche Färbung eines Leichnams haftete ihm an. »Ich vergesse nichts«, flüsterte er und verschmolz langsam mit der Finsternis. »Niemals …«
Iya schauderte. Früher oder später würde dieser Geist Vergeltung einfordern, aber noch nicht. Noch nicht.
Ein Geräusch wie Donner weckte sie im Morgengrauen. Die Erde erbebte, und Zweige und Laub rieselten ringsum herab. Iya streckte ihren steifen Rücken und humpelte mit den anderen zum Rand der Bäume.
Der kleine Hain war im Begriff, zu einer Insel zwischen zwei mächtigen, aufeinander zubrandenden Wogen zu werden. Aus dem Norden hatte sie eine dunkle Masse von Reitern beinah erreicht, und Iya erkannte in den vordersten Rängen die Banner Atyions und Ilears. Aus dem Süden marschierte ihnen eine Heerschar plenimarischer Fußsoldaten entgegen. In wenigen Minuten würden sie sich mitten in einer Schlacht befinden.
Und wo bist du bei all dem, Arkoniel?, fragte sie sich, wusste jedoch, dass ein Sichtungszauber vergeudeter Kraft gleichkäme. Selbst wenn sie wüsste, wo er sich befand, hätte sie keine Möglichkeit, ihm zu helfen.
Der Angriff auf das Gehöft war lediglich ein Geplänkel gewesen, zudem hatten sie in der Dunkelheit Glück gehabt. Auf die Wirklichkeit einer Schlacht
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