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Tamir Triad 02 - Die verborgene Kriegerin

Tamir Triad 02 - Die verborgene Kriegerin

Titel: Tamir Triad 02 - Die verborgene Kriegerin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lynn Flewelling
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ergeben. So treu. Strich um Euren Vater stets herum wie ein erbärmlicher, streunender Köter. Und immer taucht er auf, wo er nicht erwünscht ist …« Tobin sah, wie sich etwas Neues und Gefährliches in Oruns Züge schlich. »Was hat er dem König gesagt? Was hat er gesagt?«, zischte er und schüttelte Tobin so heftig, dass er sich an Oruns Armen festhalten musste, um auf den Beinen zu bleiben.
    Oruns Griff verstärkte sich, gestaltete es schwierig zu atmen. »Nichts!«, keuchte er.
    Orun wetterte immer noch auf ihn ein, zerrte an ihm, aber Tobin konnte die Worte über das Summen in seinen Ohren kaum noch verstehen. Schwarze Punkte tanzten vor seinen Augen, und Oruns Gesicht wirkte riesig wie der Mond. Der Raum drehte sich, wurde verschwommen. Tobins Beine wollten ihn nicht mehr tragen.
    »Was habt Ihr gesagt!«, brüllte Orun. »Heraus damit!«
    Dann fiel Tobin, und etwas tödlich Kaltes strich über ihn hinweg. Als sich seine Sicht wieder klärte, sah er, dass Orun vor ihm zurückwich, die Hände vor Grauen hochgerissen. Doch Tobin erkannte, dass Orun nicht ihn anstarrte, sondern eine sich windende, dunkle Masse, die zwischen ihnen Form annahm.
    Tobin lag noch ausgestreckt, wo er gefallen war, und beobachtete wie betäubt, wie sich die Masse zu einer vertrauten, bedrohlichen Gestalt verfestigte. Bruders Gesicht konnte er nicht sehen, aber Oruns Miene war ihm Spiegel genug.
    »Was ist das für eine Hexerei?«, flüsterte der Kanzler von Grauen erfüllt. Verständnislos blickte er von Tobin zu dem Geist, als Bruder auf ihn zuschwebte. Orun versuchte, weiter zurückzuweichen, stieß jedoch gegen den Weintisch. Dieser kippte um und versperrte ihm den Fluchtweg.
    Zu benommen, um aufzustehen, beobachtete Tobin verwirrt, wie Bruder eine Geisterhand erhob. Für gewöhnlich fegte er wie ein Wirbelwind herbei, schleuderte Einrichtungsgegenstände umher und schlug wild um sich. Dieses langsame, überlegte Vorrücken war noch schlimmer. Tobin spürte die Wut und die Bedrohung, die sein Zwilling abstrahlte; der Anblick raubte ihm die letzte Kraft. Er versuchte aufzuschreien, aber seine Zunge verweigerte ihm den Dienst.
    »Nein«, wimmerte Orun. »Wie – wie kann das sein?« Und immer noch griff Bruder nicht an. Stattdessen streckte er nur die Hand aus und berührte die Brust des völlig verängstigten Mannes. Orun stieß ein gequältes Kreischen aus und stürzte rücklings über den umgekippten Tisch, als wäre er gestoßen worden. Funken stoben auf, als eine ausgestreckte Hand im Feuer landete.
    Das Letzte, woran sich Tobin erinnerte, waren Oruns in Pantoffeln steckende, zuckende Füße im Feuerschein und der Geruch versengten Fleisches.

 
K APITEL 7
     
    Die Kunde hatte sich rasch durch den Alten Palast verbreitet. Mago und seine Spießgesellen schnitten während des Morgenlaufs Grimassen in Kis Richtung. Am Tempel rempelte Alben ihn an und flüsterte zu leise, als dass es jemand anders als Ki hörten konnte: »Leb wohl, Wald- und Wiesenritter.«
    Sobald Tharin und Tobin gegangen waren, befolgte er Tharins Rat. Er schlich durch einen Bedienstetengang hinaus und eilte zu Tobins Haus. Der Verwalter öffnete auf sein Klopfen hin die Tür und sah aus, als hätte er ihn erwartet. Er nahm Ki den nassen Mantel ab und stellte für ihn einen Stuhl an den Kamin.
    »Die Männer üben auf dem hinteren Hof, und Frau Iya ist im Gästezimmer. Soll ich sie von Eurer Ankunft in Kenntnis setzen, Herr?«
    »Nein, ich werde nur hier sitzen.«
    Der Verwalter verbeugte sich und ließ ihn allein.
    Trotz des Feuers im Kamin blieb der Raum kalt und schattig. Grauer Nebel kräuselte sich vor den Fenstern, und Regen trommelte aufs Dach. Ki fühlte sich zu elend, um still zu sitzen, lief stattdessen rastlos auf und ab und sorgte sich. Wie lange würde Tobin brauchen? Was, wenn Orun einen Grund fände, um ihn dort zu behalten? Würde Tharin zurückkehren und ihm die Neuigkeiten überbringen, oder würde er hier ewig mit verkrampftem Magen ausharren müssen?
    Als er aufschaute, fand er sich am Fuß der gewundenen Treppe wieder. Er war nur einmal dort oben gewesen, und das hatte ihm gereicht. Tobins Vater hatte diesen Teil des Hauses vor Jahren stillgelegt; die Räume waren ihrer Einrichtung entledigt und den Mäusen überlassen worden. Ki war überzeugt davon, dass er dort Geister gespürt hatte, die ihn aus dunklen Winkeln begehrlich angestarrt hatten.
    Während Aufenthalten in der Stadt hatte der Herzog nur das Erdgeschoss benutzt. Seit seinem

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