Tamir Triad 02 - Die verborgene Kriegerin
in den Händen, ließ bitteren Tränen freien Lauf. Erst da kehrten die geheimnisvollen Worte des Dämonenkinds zurück, um sie heimzusuchen.
Du wirst nicht eindringen.
Arkoniel starrte ungläubig hinter Iya her, dann wandte er sich der verheerten Gestalt im Bett zu. Die Abscheu, die er bei ihrem ersten Anblick empfunden hatte, kehrte schlagartig zurück.
»Bitte setz dich«, flüsterte Ranai. »Was ich dir jetzt anvertraue, ist das, was mit Agazhars Tod verloren ging. Iya hat unwissen d gehandelt. Es war nicht ihre Schuld, aber es muss berichtigt werden. Schwöre mir, Arkoniel, wie alle Hüter vor dir geschworen haben, bei deinen Händen, deinem Herzen und deinen Augen, beim Licht Illiors und beim Blut Auras, das durch deine Adern fließt, dass du die volle Verantwortung der Hüterschaft übernehmen und als Hüter alles, was ich dir sage, in deinem Herzen verschließen wirst, bis du die Bürde an deinen Nachfolger weitergibst. Schütze diese Geheimnisse mit deinem Leben und gestatte niemandem, der sie entdeckt, weiterzuleben. Niemandem, hast du mich verstanden? Ob Freund oder Feind, ob Zauberer oder Schlichtgeborener, ob Mann, Frau oder Kind. Reich mir die Hände und schwör es. Ich werde es spüren, wenn du lügst.«
»Geheimhaltung und Tod. Ist das alles, was der Lichtträger je von mir verlangt?«
»Vieles wird von dir verlangt werden, Arkoniel, aber nichts wird heiliger als dies sein. Iya wird dein Schweigen verstehen.«
Arkoniel hatte den Kummer in Iyas Zügen gesehen und wusste, dass Ranai die Wahrheit sagte. »Na schön.« Er ergriff Ranais Hände und neigte das Haupt. »Ich schwöre bei meinen Händen, bei meinem Herzen und meinen Augen, beim Licht Illiors und beim Blut Auras in meinen Adern, dass ich jedwede Pflicht erfüllen werde, die mir als Hüter abverlangt wird, und dass ich die Geheimnisse, die Ihr mir anvertraut, niemandem außer meinem Nachfolger preisgeben werde.«
Ein Stoß reiner Kraft schoss durch ihre ineinander geschlungenen Hände in ihn und umfing ihn. Es fühlte sich an, als wäre er von einem Blitz getroffen worden. Ranais ausgemergelter Leib schien unmöglich noch solche Macht beherbergen zu können. Als der Augenblick verstrich, schnappten sie beide nach Luft.
Ranai musterte ihn mit ernster Miene. »Jetzt bist du wahrhaftig der Hüter, mehr als es deine Meisterin oder sogar ihr Meister waren. Du bist der Letzte der sechs, der das zu tragen hat, was versteckt werden muss. Alle anderen haben versagt oder ihre Bürde abgelegt.«
»Und Ihr?«
Sie hob die Hand an ihre zernarbte Wange und verzog das Gesicht. »Das ist der Preis, den ich für mein Versagen bezahlt habe. Aber lass mich sprechen, denn meine Kraft schwindet.
Der größte Zauberer der Zweiten Orëska war Meister Reynes von Wyvernus. Er war es, der die Zauberer von Skala um sich scharte, um unter Königin Ghërilains Banner zu kämpfen, und er war es auch, der jene anführte, die schließlich den Vatharna besiegten. Verstehst du das Wort?«
Arkoniel nickte. »Das ist Plenimarisch und bedeutet ›der Auserwählte‹.«
»Der Auserwählte, genau.« Mittlerweile hatte die alte Frau die Augen geschlossen, und Arkoniel musste sich näher zu ihr beugen, um sie zu hören. »Der Vatharna war ein großer General, von den Totenbeschwörern auserwählt, um die Gestalt des Seriamaius anzunehmen.«
Ranai hielt immer noch seine rechte Hand fest, aber mit der linken zeichnete er ein Schutzzeichen. Selbst Priester zögerten, den Namen des Gottes der Totenbeschwörer laut auszusprechen. »Wie konnte so etwas bewerkstelligt werden?«
»Sie schmiedeten einen Helm, und derjenige, der ihn trug, der Vatharna, wurde ein irdisches Gefäß für den Gott. Es geschah nicht schlagartig, den Vieren sei Dank, sondern allmählich, wenngleich selbst die anfängliche Erscheinungsform schrecklich genug war.
Der Helm wurde fertiggestellt, und ihr General setzte ihn auf. Reynes fand ihn gerade noch rechtzeitig. Hunderte Zauberer und Krieger wurden in jener Schlacht getötet, aber der Helm wurde erbeutet. Reynes und die mächtigsten Zauberer, die damals noch lebten, haben ihn irgendwie zerlegt. Bevor sie jedoch mehr als das tun konnten, griffen die Plenimarer erneut an. Allein Reynes konnte fliehen, und mit nur sechs Teilen des Helms. Er hat nie preisgegeben, wie viele es insgesamt waren. Diejenigen, die er hatte, versah er mit einem Trugbann, wickelte sie wie deine Schale ein und legte sie in ein dunkles Zelt. Dann wählte er sechs von uns aus –
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