Tamir Triad 03 - Die prophezeite Königin
schlug rasch jeden Widerstand nieder. Jorvai und die Reiter überließen die Fußsoldaten den Hauptleuten und ritten im Galopp voraus zu den Toren der Feste, wo unter der weißen Flagge ein Herold entsandt wurde.
Die Mauern über dem irdenen Burggraben strotzten vor Bogenschützen und schimmerten vor Licht, das von Helmen und Waffen zurückgeworfen wurde, aber bis der Herold gesprochen und sich zurückgezogen hatte, durfte von beiden Seiten kein Pfeil abgefeuert werden.
Zygas’ weißes und schwarzes Banner mit den drei Pferden wehte über dem Wachturm. Ein Mann beugte sich dort vor und rief zornig herab: »Wer tritt meine Rechte und Gastfreundschaft auf diese Weise mit Füßen? Ich erkenne nur ein Banner. Jorvai von Colath, zwischen uns hat es nie böses Blut gegeben. Warum tauchst du vor meinen Toren auf, als wäre ich ein Plenimarer?«
»Der Herold spricht für mich«, rief Jorvai zurück.
»Euer Gnaden, ich überbringe einen Brief von Tamír Ariani Ghërilain, Königin von Skala«, verkündete der Herold.
»Ich kenne keine solche Königin, aber ich ehre die weiße Flagge. Verlies deinen Brief.«
»Vor Euren Toren wehen die Banner von Fürst Jorvai von Colath und Fürst Kirothius von Eichberggut und Königinsgnaden, Gefolgsmänner von Tamír Ariani Ghërilain, Königin von Skala durch das Recht ihres Geblüts und ihrer Geburt.
Wisset, Zygas, Sohn des Morten, Herzog von Ellsfurt und Feuerfluss, dass Ihr Euch durch Euer starrsinniges und unehrenhaftes Gebaren die Missgunst der Krone zugezogen habt. Wenn Ihr nicht mit dem heutigen Tage von solcherlei Handeln abseht und unverzüglich unter sicherem Geleit nach Atyion reitet, um der rechtmäßigen Königin die Gefolgstreue zu schwören und allen anderen Treuepflichten zu entsagen, werdet Ihr zum Verräter erklärt und mit sofortiger Wirkung all Eurer Titel, Ländereien, Pachten und Habe enteignet. Wenn Ihre Eure Tore gegen die von der Königin auserkorenen Fürsten verteidigt, werden Eure Felder niedergebrannt, Euer Vieh beschlagnahmt, Eure Tore gestürmt und Euer Haus dem Erdboden gleichgemacht. Ihr und Eure Erben werden gefangen genommen und unverzüglich nach Atyion gebracht, um Euch der Gerechtigkeit der Königin zu stellen.
Königin Tamír fordert Euch in Ihrer Weisheit auf die Euch heute entgegengestreckte Hand der Gnade zu ergreifen und Euch von allen anderen irrigen Bündnissen abzuwenden. Überbracht an diesem Tage durch meine Hand.«
Eine längere Pause folgte. Ki verrenkte sich den Hals, um das Gesicht seines Gegners auszumachen, aber Zygas war von den Zinnen zurückgetreten.
»Was denkt Ihr?«, fragte er Jorvai leise, während sie wartend auf den Pferden saßen.
»Erius war oft hier zu Gast, und Zygas hat jenseits des Meeres für ihn gekämpft. Allerdings glaube ich nicht, dass er über Korin mehr weiß als über Tamír.«
Sie harrten aus, während die Sonne höher stieg und die Luft wärmer wurde. Ki, der in Rüstung und Wappenrock schwitzte, lauschte den Geräuschen kläffender Hunde und blökender Schafe, die hinter den Mauern der Feste hervordrangen. Die Zugbrücke war hochgezogen, um die Tore zu schützen. Sie bestand aus dickem Holz, beschlagen mit Messingteilen der Größe von Faustschilden. Vermutlich würden Katapulte und Feuer notwendig sein, um das Bollwerk einzunehmen, sollte es soweit kommen.
An den von den Beinen der Pferde geworfenen Schatten ließ sich das Verstreichen fast einer Stunde ablesen, bevor sie die Geräusche von Reitern vernahmen, die sich im Galopp links um die Festung herum näherten. Zygas musste irgendwo eine Nebenpforte haben, die er benutzt hatte, um herauszureiten.
Er saß auf einem hohen, rotbraunen Schlachtross, trug jedoch keine Rüstung. Stattdessen begleitete ihn ein eigener Herold unter der geheiligten Flagge. Mit erhobenem Haupt kam er auf sie zu und zügelte sein Pferd. Zunächst nickte er Jorvai zu, dann bedachte er Ki mit einem kalten, abwägenden Blick. »Euch kenne ich nicht.«
»Gestattet mir, Euch Fürst Kirothius vorzustellen. Er ist ebenso ein Gefolgsmann der Königin, wie ich es bin«, klärte ihn Jorvai auf. »Nun, was sagt Ihr? Ihr habt Euch nicht nach Norden begeben, demnach habt Ihr vielleicht Zweifel.«
»Ihr glaubt diesen Unfug von einem Jungen, der sich in ein Mädchen verwandelt hat, nicht wahr?«
»Ich habe es mit eigenen Augen gesehen, und Ihr habt mich noch nie als Lügner kennen gelernt, oder? Es geschah auf den Stufen von Schloss Atyion. Fürst Kirothius ist ihr Freund und
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