Tamir Triad 03 - Die prophezeite Königin
einmal küssen?, dachte er angewidert. Welches Recht habe ich, eifersüchtig zu sein?
Über Baukunst und Fußbodenheizungen hatte er wenig beizusteuern, trotzdem stellte er fest, dass der Gedanke, zu beobachten, wie eine neue Stadt Gestalt annahm, vor allem, wenn es unter Anleitung von Tamírs schöpferischem Verstand erfolgte, seine Vorstellungskraft anregte. Sie zerbrach sich bereits den Kopf über Gärten und Springbrunnen, aber auch über Verteidigungsanlagen. Eine Hauptstadt im Westen wäre aus militärischer Sicht durchaus sinnvoll, sofern sich das Problem der Handelsstrecken überwinden ließe.
»Es muss eine Möglichkeit geben, eine gute Straße durch die Berge zu bauen«, grübelte er laut nach, als sie am dritten Tag der Reise das Lager neben einem Fluss in den Ausläufern des Gebirges aufschlugen. »Es hängt wohl davon ab, wo genau die Stadt entstehen soll, aber es gibt bereits Straßen. Ich habe Corruth darüber reden gehört, welchen Weg sie nach Afra benutzt haben. Sie sind zwar von Gedre hergesegelt, aber den Rest der Strecke sind sie geritten.«
»Es gibt mehrere, aber sie sind nicht für den Handel geeignet«, erwiderte Saruel. »Und die Pässe sind nur wenige Monate im Jahr überquerbar. Obendrein beherrschen nach wie vor die Retha'noi einige der besseren, und ihnen sind Fremde nicht willkommen, weder Aurënfaie noch Tírfaie. Jeder mit Waren für den Kauf muss den Seeweg beschreiten. Und Seeräuber gibt es auf beiden Meeren: Zengati im Osiat-Meer und Schurken aller Art zwischen den Inseln des Inneren Meeres. Und die Klans an der Südküste müssen natürlich den Weg über die Meerenge unterhalb von Riga einschlagen, selbst bei bestem Wetter eine etwas gewagte Überfahrt. Dennoch ist sie sicherer als die Strecke über Land.«
»Für den Handel Skalas sieht es nicht besser aus«, meinte Tamír. »Ich denke, es wäre nicht machbar, eine völlig vom Rest des Landes abgeschnittene Hauptstadt zu haben.«
Doch noch während sie es aussprach, erkannte Ki an dem fernen Blick ihrer Augen, dass sie es trotzdem vor sich sah, von den feinen Abwasserkanälen bis hin zu den hohen Türmen von Arkoniels Haus der Zauberer.
»Es ginge rascher und sicherer, in den Norden zu gelangen, wenn die Landenge nicht im Weg wäre«, merkte Ki an.
»Tja, bis jemand eine Möglichkeit findet, die zu verschieben, fürchte ich, wir sind an Segel oder schlechte Straßen gebunden«, befand Tamír. Lachend wandte sie sich Arkoniel zu. »Was sagst du dazu? Können die Dritten Orëska das Problem für mich mit Magie lösen?«
Zu Kis und aller anderen Überraschung schaute Arkoniel nur einen Augenblick nachdenklich drein, ehe er zurückgab: »Es ist auf jeden Fall eine Überlegung wert.«
Tamír war bewusst, wie sehr Ki litt, doch es gab nichts, was sie tun konnte, um ihm oder sich selbst zu helfen. Während die Tage verstrichen und sie die hohen Berge hinter sich ließen, versuchte sie, die Gedanken anderen Dingen zuzuwenden, nachts aber wurde sie heimgesucht.
Wo ist deine Mutter, Tamír?
Die Frage des Orakels hatte sie in jener dunklen Höhle erschaudern lassen, und die Worte verfolgten sie, wurden durch Iyas Geständnis noch dunkler gefärbt. Das Orakel hatte Tamír nur Schweigen angeboten, dennoch hatte sie in jenem Schweigen Erwartung gespürt.
Als sie und ihr kleines Gefolge sich der Kreuzung mit der Abzweigung nach Alestun näherten, traf sie eine Entscheidung. Sie nahm allen Mut zusammen und hielt sich vor Augen, dass niemand außer Arkoniel und Ki das schändliche Geheimnis um Bruders Tod oder die zornige Erscheinung im Turm kannte.
»Ich möchte die Nacht in der Feste verbringen«, verkündete sie, als die Straße entlang des Flusses in Sicht geriet.
Tharin sah sie mit hochgezogener Augenbraue an, und Ki bedachte sie mit einem fragenden Blick, aber niemand sonst schien mehr als gelinde überrascht zu sein. »Es ist kein großer Umweg, und dort ist es angenehmer als in einer Herberge oder unter freiem Himmel«, fuhr sie fort, um es zu begründen.
»Ein oder zwei Tage mehr oder weniger sollten keine Rolle spielen«, meinte Arkoniel. »Es ist fast ein Jahr her, seit du zuletzt hier warst.«
»Ich kann es kaum erwarten, Naris Gesicht zu sehen, wenn wir über die Brücke reiten!«, rief Ki. »Und Köchin schreit bestimmt Zeter und Mordio, weil sie nicht genug Essen vorbereitet haben wird.«
Der Gedanke an etwas so Vertrautes wie eine Schelte ihrer alten Köchin wärmte Tamír das Herz und vertrieb einen Teil
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